Frauen als Belohnung?

In Prediger 2,8 steht: »Ich hielt mir Sänger und Sängerinnen und nahm mir so viele Frauen, wie ein Mann nur wünschen kann. Durfte sich Salomon einfach so Frauen nehmen?«

Ich denke, dass der Prediger durch seine Gottestreue und die ungeheure Einsicht von Gott derart beschenkt wurde, damit er sich am irdischen Leben freuen konnte.

Salomo wurde als Nachfolger seines Vaters David König. Kurz nach seiner Thronbesteigung erschien ihm der lebendige Gott in einem Traum und sagte: »Bitte, was ich dir geben soll.« Und nun wünscht sich dieser junge König ein gehorsames Herz und Klugheit und Wissen, damit er sein Volk richtig leiten und führen kann.

Das gefiel dem Herrn wohl, dass Salomo um solches bat. Und Gott sprach zu ihm: Weil du um solches bittest, und bittest nicht um Reichtum und bittest nicht um das Leben deiner Feinde, sondern bittest um Verstand zur Rechtspflege, siehe, so habe ich nach deinen Worten getan. Siehe, ich habe dir ein weises und verständiges Herz gegeben, dass deinesgleichen vor dir nicht gewesen ist und auch nach dir nicht aufkommen wird; dazu habe ich dir auch gegeben, was du nicht gebeten hast: Reichtum und Ehre, dass deinesgleichen nicht sein soll unter den Königen dein ganzes Leben lang. Und so du in meinen Wegen wandeln wirst, dass du meine Satzungen und Gebote beobachtest, wie dein Vater David gewandelt ist, so will ich dir ein langes Leben geben! (1. Kön. 3,10-13)

Das Buch des Predigers ist zu einem Teil eine Selbstbiographie Salomos. Er schildert seine Erfahrungen und das Denken des Menschen aus der Sicht dieser Welt. Deshalb heißt das Schlüsselwort »unter der Sonne« - also aus menschlicher Sicht.

1. Versuch: Weisheit

Im ersten Kapitel des Predigers (V. 16-18) gibt uns Salomo Einblick in sein Bestreben, aus seinem Leben einen bleibenden Gewinn zu ziehen. Wissen und Erkenntnis schien ihm offenbar das höchste und edelste Gut, das ein Mensch auf dieser Erde erwerben kann. Dabei ging es dem König sicher nicht um die Anhäufung toten Wissens, sondern um Lebensweisheit. Je mehr ein Mensch davon erwirbt oder geschenkt bekommt - und König Salomo übertraf in dieser Hinsicht alle Menschen - desto klarer durchschaut er die Vergänglichkeit alles Irdischen. Salomo erkannte, dass ihm auch Klugheit keinen wirklichen Sinn und keinen bleibenden Wert geben konnte. Ja, Salomo stellt sich die konkrete Frage, ob es sich überhaupt lohnt, ein solches Leben unter der Sonne gelebt zu haben. Sein Urteil ist ernüchternd: »Ich erkannte - auch das ist ein Haschen nach Wind!« (V. 17).

2. Versuch: Griff nach dem Glück und der Freude

Im 2. Kapitel des Predigers (daraus haben Sie ja Ihre Frage gestellt) schildert Salomo seinen zweiten Versuch, sein Leben lohnend zu gestalten. Statt mit Weisheit versucht er es jetzt mit Torheit (V. 3). Deshalb macht er sich auch das Prinzip der Toren zu eigen: größtmöglicher Lustgewinn in der kurzen Zeit des Lebens. Er will selbst ausprobieren, was es mit dem vielgerühmten »Glück« auf sich hat, ob ein Leben der Lust wirklich glücklich macht; ob es ein echter, bleibender Wert sei, um dessentwillen es sich lohnt, ein Mensch zu sein. Lesen Sie bitte dieses 2. Kapitel im Buch des Predigers sorgfältig durch. Salomo schuf sich einen großartigen Lebensraum: Paläste, Weinberge, herrliche Parkanlagen, Knechte und Mägde, Rinder und Schafe, Silber und Gold, Sängerinnen und Sänger, und auch Frauen. Salomo gab sich aber nicht etwa dem hemmungslosen Genuß hin, sondern behielt auch hier ein weises Maß. Fand nun König Salomo bei dieser Anhäufung von Augenlust und Pracht das, was er eigentlich suchte? Den Schlüssel zum Sinn seines Lebens, zur Zufriedenheit und Geborgenheit, hat er auch auf diesem Weg nicht gefunden. Er durchschaut die ganze Sinnlosigkeit seiner Bemühungen und kommt zu diesem niederschmetternden Ergebnis: »Siehe, es war alles eitel und Haschen nach Wind« (V. 11). Das deckt sich genau mit seinem ersten Versuch bei seinem Streben nach Weisheit und Erkenntnis.

Deutlicher kann Gott uns wohl nicht zeigen, dass alle Versuche des Menschen, dem Leben selbst einen Sinn zu geben, mißlingen müssen.

Damit komme ich zu Ihrer Frage. Ihre Annahme, dass Salomo von Gott mit vielen Frauen beschenkt wurde, damit er sich am irdischen Leben freuen konnte, ist ein Trugschluß. In Salomo blieb dieser große Wunsch, diese Sehnsucht nach mehr, obschon er alles besaß, was wir Menschen uns für ein glückliches Leben wünschen: Schönheit, Intelligenz, Reichtum, Macht, Liebe.


Beantwortet von: Bruno Schwengeler
Quelle: Aus dem Buch 3 x 100 Fragen zur Bibel (Schwengeler Verlag, 2003)