Erläuterung von Hebräer 9,4

Hebr. 9,4. Ich bitte um Erläuterung dieser Stelle im Blick auf 1. Kön. 8,9.

Antwort

Wir sind überzeugt, dass es im Worte Gottes keine Widersprüche gibt. Sowohl der Schreiber von 1. Kön. 8,9 wie derjenige von Hebr. 9,4 haben geschrieben, getrieben vom Heiligen Geiste. Darin sind wir wohl mit dem Fragesteller einig.

Hebr. 9,4 sagt, dass in der Bundeslade der Krug mit dem Manna und der Stab Aarons und die Tafeln des Bundes gewesen seien.
1. Kön. 8,9 und 2. Chr. 5,10 betonen: „Nichts war in der Lade, als nur die beiden steinernen Tafeln, welche Mose am Horeb hineinlegte, als Jehova einen Bund machte mit den Kindern Israel, als sie aus dem Lande Ägypten zogen.

Nach letzteren Stellen ist es klar, dass zur Zeit, da Salomo die Bundeslade in den Tempel Gottes brachte, der goldene Krug, welcher das Manna enthielt, und der Stab Aarons, der gesproßt hatte, nicht mehr in der Lade waren. Die Regierung Salomos gibt uns ein Bild von den Segnungen des 1000jährigen Reiches. Der Bund wird aufrechterhalten (da Gott der einzige vertragschließende Teil ist - wie ein Ausleger bemerkt), während das Manna und der Stab Aarons unter der Herrschaft des wahren Salomo - vgl. Mt. 12,42 - nicht mehr nötig sind.

Das Manna redete ja einerseits von der Treue Gottes für Sein Volk in der Wüste und andererseits von Christo, dem Brot aus dem Himmel, dem vollkommenen Menschen - siehe Joh. 6,31-33 und „Handr.” Bd. 5, Fr. 6.
Das Manna erinnert uns an Seinen für uns in den Tod gegebenen Leib.
Der Stab Aarons, der gesproßt hatte, an Seine Auferstehung.
Die Herrlichkeit des vollkommenen Menschen Christus Jesus wird ja im zukünftigen Reich nicht mehr im Heiligtum verborgen sein, sondern vor aller Augen offenbar.
Lassen wir nun die weiteren Stellen der Schrift reden:

2. Mo. 25,16.21: „Und lege in die Lade das Zeugnis, das Ich dir geben werde.” Ab 2. Mo. 25,22 heißt dann die Lade, nachdem „das Zeugnis” hineingelegt worden war, „Lade des Zeugnisses”: V. 22b; 26,33.34; 39,35; 40,3.21. 5. Mo. 10,2b: „und du sollst sie in die Lade legen”, und V. 5: „Und ich legte die Tafeln in die Lade, die ich gemacht halte; und sie sind daselbst, wie Jehova mir geboten hatte.
Die Stellen betr. den Krug mit Manna:

2. Mo. 16,32-34: „Nimm einen Krug und tue Man darein, einen Ghomer voll, und lege es vor Jehova nieder zur Aufbewahrung für eure Geschlechter.” V. 34: „So wie Jehova Mose geboten hatte, legte Aaron es vor das Zeugnis nieder zur Aufbewahrung.
Die Stelle betr. den Stab Aarons:

4. Mo. 17,7.10: „Und Mose legte die Stäbe vor Jehova nieder in das Zelt des Zeugnisses.” Lies, bitte, auch V. 8! also nicht in die Lade! - „Und Jehova sprach zu Mose: Bringe den Stab Aarons vor das Zeugnis zurück, um ihn als ein Zeichen für die Widerspenstigen aufzubewahren, so dass du ihrem Murren vor Mir ein Ende machest und sie nicht sterben. Und Mose tat es; so wie Jehova ihm geboten hatte, also tat er.

Manna-Krug und Stab Aarons waren also neben der Lade, nur die Tafeln des Gesetzes in der Lade.
Die Ausgabe der Lutherbibel - Leipzig 17,33, Verlag der Weidmannischen Buchhandlung - schreibt die Stelle Hebr. 9,4 wie folgt: „... welcher - an der Seite - war die güldene Gelte (Krug), die das Himmelsbrot hatte, und die Rute Aarons, die gegrünet hatte, und - inwendig lagen allein - die Tafeln des Testaments.
Albrecht bemerkt zu Hebr. 9,4: „Krug und Stab sollten jedoch nicht ‚in‘, sondern ‚vor‘der Lade aufbewahrt werden. Nach der rabbinischen Überlieferung, der der Verfasser folgt, waren sie aber in der Bundeslade.

Das biblische Handwörterbuch (Calver Bibellexikon) bemerkt dazu: „Nach 1. Kön. 8,9 und 2. Chr. 5,10 befanden sich in der Lade nur die beiden Gesetzestafeln. Nach Hebr. 9,4 dagegen hatte man außerdem das Mangefäß - 2. Mo. 16,33 - und den blühenden Stecken Aarons - 4. Mo. 17,10 - darin aufbewahrt. Ungenau hat nämlich die spätere Übersetzung die Bestimmungen ‚vor‘den HERRN, 2. Mo. 16,33, und ‚vor‘das Zeugnis, 4. Mo. 17,10, so aufgefaßt.
Dächsel fügt zu Hebr. 9,4 die Anmerkung, dass die Tafeln des Testamentes in der Lade selber, die Urne mit Manna und die Rute Aarons neben derselben oder ihr zur Seite waren. Dasselbe Bibelwerk fügt bei 1. Kön. 8,9 hinzu: „Diese Bemerkung will zeigen, dass man dem Gesetze treulich nachkam, welches die Lade nur zur Aufbewahrung der beiden Gesetzestafeln bestimmte. (2. Mo. 25,16)” Das mit Händen gemachte Heiligtum war ein Gegenbild des wahrhaftigen droben - Hebr. 9,24. Alle Einrichtungen waren Vorbilder. Das Gesetz ein Schatten der zukünftigen Güter - Hebr. 10,1.

Ein Ausleger bemerkt unter anderem: „Als der erste Mensch fiel, gab Gott kein Gesetz, sondern eine Verheißung. (1. Mo. 3,15) Er wußte, dass der Mensch nicht durch Halten des Gesetzes gerettet werden konnte. (Röm. 3,19.20) Die Lade des Zeugnisses oder des Bundes enthielt das Gesetz, das an sich heilig und gut war. Der Gnadenstuhl oder Versöhnungsdeckel bedeckte das Gesetz und verbarg es im Herzen der Lade. Christus konnte sagen: ‚Dein Gesetz ist im Innern Meines Herzens. Deinen Willen zu tun, o Gott, ist Meine Lust.‘ (Ps. 40 mit Hebr. 10,6-10) Das heilige, von den Menschen verworfene Gesetz wurde in Ihm verschlossen. Der Gesetzgeber ist auch des Gesetzes Erfüllung. Das Gesetz - ‚die uns entgegenstehende Handschrift in Satzungen‘wurde von Ihm, dem Richter der ganzen Erde, mit hinaufgenommen an das Kreuz, Kol. 2,14. So fand es einen Ruheplatz in Ihm. Gott Selbst bewahrte das Gesetz und ist völlig befriedigt in Christo, der es bedeckt. Jetzt herrscht die Gnade durch Gerechtigkeit ...”.
Zusammenfassend sei wiederholt:

Bei der Tempeleinweihung durch Salomo waren nur die Tafeln des Gesetzes in der Lade - 1. Kön. 8,9. Nach der uns vorliegenden Übersetzung von Hebr. 9,4 wären früher - zur Zeit Josuas und der Richter? - der Krug mit dem Manna und der Stab Aarons auch in der Lade aufbewahrt worden.
Für weitere Belehrung und Ergänzung der Antwort von anderer Seite wäre ich dankbar.
Frhr. v. Wedekind.

Anhang zu obiger Antwort

Dem Wunsche des Verfassers obiger Antwort entsprechend fügen wir noch einige Gedanken an.
1. Kön. 8,9 und 2. Chr. 5,10 wird gesagt, dass nichts in der Lade war als die beiden steinernen Tafeln. Warum wird das festgestellt? Wäre Anlass zu dieser Feststellung, wenn schon immer nur die beiden Tafeln darin waren? Nein. Darum drängt diese Feststellung geradezu zu der Annahme, dass vor dem noch etwas außer den beiden Tafeln in der Lade gewesen ist. Und wenn Hebr. 9,4 uns sagt, dass in der Lade der goldene Krug war, der das Manna enthielt, und der Stab Aarons, der gesproßt hatte, dann sprechen die oben angegebenen beiden Schriftstellen nicht gegen diese Angabe, sondern für sie im Blick auf eine Zeit vor der Einweihung des von Salomo erbauten Tempels. (Und diese Zeit vor dem hat der Schreiber des Briefes an die Hebräer ja im Auge, denn er spricht nicht von der Lade im Tempel, sondern in der „Hütte”, d. i. die Stiftshütte.) Wann der Krug mit dem Manna und der Stab Aarons hineingetan worden sind und wann sie herausgenommen worden sind und was mit ihnen geworden ist usw., darüber sagt uns das Wort Gottes nichts und wissen wir infolgedessen nicht. Aber die Tatsachen liegen vor uns und haben etwas für uns zu bedeuten.

Wie unser Bruder in seiner Antwort schon sagt, redet das Manna von der Treue Gottes für Sein Volk in der Wüste (2. Mo. 16), so dass wir in dem goldenen Krug mit dem Manna ein Bild von dem verherrlichten Christus sehen dürfen als den, welcher einst hier war als „das wahrhaftige Brot aus dein Himmel” (Joh. 6,32), durch dessen Anschauen wir beständig an die treue Fürsorge Gottes erinnert werden, die Er uns während unserer Wüstenreise erwiesen hat und bis ans Ende hin erweisen wird.
Die Andeutung unseres Bruders bezüglich des Stabes Aarons, der gesproßt hatte, möchten wir noch dahin erweitern, dass dieser Stab - der für das Volk Israel ein Zeichen dafür war, dass Jehova Aaron und seine Söhne erwählt hatte, Ihm zu nahen und des Priestertums vor Ihm zu warten (4. Mo. 16,5; 17,5a; 18,7a) - ein schönes Bild ist von dem Priestertum Christi als des Auferstandenen und Verherrlichten (Hebr. 5,4-10; 7,16.23.24) und der Seinen in der Kraft Seines Auferstehungslebens. (1. Petr. 2,5.9; Off. 1,6; vgl. Hebr. 10,19-24)

Beides - der Krug mit dem Manna und der Stab Aarons, der gesproßt hatte - hatte seine Bedeutung für das Volk Israel nur für die Zeit bis zum Eintritt in die verheißene vollkommene Ruhe in dem Lande der Verheißung. Dieser Zustand trat für das Volk Israel sinnbildlich mit dem Beginn der Herrschaft des Königs Salomo ein und wird im Tausendjährigen Reiche Wirklichkeit sein (s. obige Antwort, 4. Abs.). Es bedarf dann jener beiden Dinge nicht mehr zur Erinnerung und als Zeichen. Dies ist ein schönes Bild auf die Gemeinde hin. Dazu gehört noch, dass das Nichtmehrvorhandensein der genannten beiden Dinge bei der Einweihung des von Salomo erbauten Tempels in Erscheinung tritt. Dieser herrliche Bau ist ein Bild von der Gemeinde Christi in ihrer Vollendung, in welcher sie geschaut werden wird während des Tausendjährigen Reiches und zu diesem in Beziehung stehen wird. Sie wird dann dessen, was nach dem oben Gesagten in dem goldenen Klug mit dem Manna und dem Stabe Aarons, der gesproßt hatte, für uns vorgebildet ist, nicht mehr bedürfen. Daher die Feststellung 1. Kön. 8,9 und 2. Chr. 5,10, und zwar nicht im Widerspruch zu Hebr. 9,4, sondern im Einklang damit.
Theod. Küttner.


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 23 (1938)