Erläuterung der Stellen Joh. 12,47 und Joh. 3,18

Wie ist der erste Teil des Verses Johannes 12,47 zu verstehen im Vergleiche zu Johannes 3,18?

Antwort A

Zum besseren Verständnis gehört meines Erachtens Joh. 3,17-19 und 12,46-48 dazu. Nach Joh. 3,17 hat Gott Seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt, nicht, dass Er die Welt richte, sondern dass die Welt durch Ihn errettet werde. Mit der Sendung des Sohnes Gottes fing das Jahr der Annehmung und der Tag des Heils an (Lk. 4,19), und dieser Tag des Heils währt heute noch. Der Herr Jesus kam somit noch nicht zum Gericht in die Welt, sondern zum Heil und zur Rettung derselben. Wer an Ihn glaubte, Ihn aufnahm als den von Gott Gesandten, wurde errettet, wer Jhn nicht aufnahm, nicht an Ihn glaubte, blieb in der Finsternis und war (dem Grundsatz nach) schon gerichtet - er war durch seinen Unglauben dem Vollzug des künftigen Gerichts verfallen. Dies gilt auch heute noch!

Joh. 12,46-48 besagt dasselbe, jedoch mit einem Zusatz oder einer Erweiterung: In der Welt ist Finsternis (Joh. 1,4.5), Jesus kam als das Licht in diese Welt (Joh. 12,46), auf dass jeder, der an Ihn glaubt, nicht in der Finsternis bleibe! Nun folgt aber noch weiter 12,47: „Wenn jemand Meine Worte hört und nicht bewahrt, so richte Ich ihn nicht.” Das Gericht ist dem Herrn Jesus ein fremdes Werk, denn Er war doch gekommen zum Heil und Leben; Vers 48: „Wer Mich verwirft und Meine Worte nicht annimmt, der hat den, der ihn richtet: das Wort, das Ich geredet habe, das wird ihn richten am letzten Tage.” (Off. 20,11-13!) Jesus war das lebendige Wort Gottes, Joh. 1,1 (vergl. Off. 19,11-13: „Sein Name heißt das Wort Gottes”)! Wie ernst ist dieses doch für die Welt im ganzen und für jeden einzelnen Menschen in der Welt hinsichtlich seiner Stellung zum Herrn Jesu und Seinem geoffenbarten Willen und zu dem der Welt und jedem einzelnen noch angebotenen Wort!
Off. 1,3: Glückselig, der da liest und die da hören die Worte der Weissagung (gilt auch für das ganze Wort Gottes) und bewahren, was in ihr geschrieben ist (vergl. noch Off. 3,8-10)!
F. B.

Antwort B

Joh. 12,47 lautet: „Wer Meine Worte hört und glaubt nicht, den werde Ich nicht richten; denn Ich bin nicht gekommen, dass Ich die Welt richte, sondern dass Ich die Welt selig mache.” Wozu Jesus in die Welt gekommen ist, ist ja den meisten Gläubigen klar. Er kam, um zu suchen und zu retten das Verlorene (Lk. 19,10), die Sünder zu erretten (1. Tim. 1,15), die Sünder zur Buße zu rufen (Lk. 5,32), zu dienen und Sein Leben hinzugeben (Mk. 10,45), die Welt zu retten (Joh. 3,17), die Sünde hinwegzunehmen (Hebr. 9,28; 1. Joh. 3,5; 1. Petr. 2,24). Um nun durch den Herrn Jesus gerettet zu werden, muss man Sein Wort, das Evangelium, hören und diesem glauben (Joh. 5,24; Röm. 10,9-17). Wer nun hört und glaubt, der wird bestimmt durch die Gnade gerettet. Er wird nicht in das Gericht kommen, von dem der HERR in Joh. 5,22.27-29 redet, da Er aus dem Tode in das Leben hinübergegangen ist (Joh. 5,24; Eph.2,1.5; Lk. 15,32). Wer nun aber das Wort hört und ihm nicht glaubt, den will der Herr Jesus nicht richten, weil er schon dadurch gerichtet ist, dass er dem Worte Jesu oder an den Namen Jesus nicht glaubt (Joh. 3,18). Wer an Ihn glaubt, der wird nicht gerichtet, wer aber an Ihn nicht glaubt, nachdem er von Ihm gehört hat, der ist schon gerichtet. Das Wort, welches der Herr Jesus geredet hat, das wird ihn richten am Jüngsten Tage (Joh. 12,48). Um also die erste Hälfte des Verses Joh. 12,47 zu verstehen, ist es gut, gleich im Anschluß daran den zweiten Teil von Vers 48 zu lesen. Die Verachtung des Wortes Jesu, die in dem bewußten Nichtglaubenwollen liegt, reicht voll und ganz hin, den betreffenden Menschen reif zu machen fürs Gericht, ohne dass dabei erst seine Worte und Werke in Frage zu kommen brauchen. Diese Wahrheit berechtigt uns jedoch auf keinen Fall dazu, vorschnell über Menschen zu urteilen, die vielleicht noch nicht an den Herrn Jesus glauben, weil sie Sein Wort noch nicht richtig hörten. Gott gebe uns noch viele treue Zeugen, die das Wort von dem Herrn Jesus unter der Wirksamkeit des Heiligen Geistes zu den Menschen reden, damit noch viele hören, glauben und gerettet werden.
A. C.

Antwort C

Wenn wir das dritte Kapitel im Joh.-Evangelium im Zusammenhang lesen, sehen wir, wie der Herr Jesus in umfassender, klarer Weise das Werk der Erlösung zeigt. Er lässt den Nikodemus zurückblicken auf jene wunderbare Errettung im Alten Bunde und zeigt ihm das Vorbild jener ehernen Schlange (4. Mose 21,8.9), um ihm Verständnis dafür zu wecken, wie Er auf dem Kreuz die Schuldfrage des Menschen ordnen musste und so den großen Plan Seines Gottes und Vaters hinausführte, der in dem Grundsatz gipfelt: „Welcher will, dass alle Menschen errettet werden” (1. Tim. 2,4). Wir sehen hier die große Seite des Werkes Christi für uns und die Liebe Gottes einer verlorenen Welt gegenüber (Joh. 3,16) ebenso, wie diese Liebe jedem Rettung bringen will und wie diese Errettung von dem einfachen Glauben an den von Gott Gesandten, Seinen Sohn Jesus Christus, abhängig gemacht wird. Hierzu waren zwei Voraussetzungen nötig: 1. der Mensch musste erkennen, dass er Rettung bedurfte, und 2. er musste glauben, dass diese Errettung in Christus erschienen war (vergl. Joh. 1,29; 1. Joh. 2,2; 4,10; 2. Kor. 5,19). Diese Errettung muss geglaubt werden, und wer sie im Glauben annimmt, ist ihrer gewiß, denn hier hört der Mensch auf zu wirken, und Gottes Wirken tritt in Tätigkeit. Er gab, und der Mensch nahm und glaubte (Joh. 3,16). Wir sehen also, dass jedem diese wunderbare Errettung in die Hand gelegt ist, er kann sie im Glauben annehmen oder im Unglauben ablehnen. Gnade und Gericht, beides hat der Mensch in seiner Hand. Wer im Unglauben verharrt, richtet und schließt sich selbst aus, und wer an den Sohn Gottes glaubt, hat seinen Beruf und Erwählung fest gemacht. Wenn wir nun in Joh. 3,18 sehen, wie die rettende Gnade dem Menschen begegne, und verfolgen den Weg des HERRN, wie Er Sich Schritt für Schritt den Juden offenbarte und wie Er bei der Auferweckung des Lazarus als das Leben unverkennbar vor ihnen stand, und wenn wir dann weiter beachten, wie man gerade um dieser Wahrheit willen, weil sie überführte, sich gegen Ihn entschied (Joh. 11,53), so sehen wir hier ein Ablehnen des HERRN und der von Ihm angebotenen Errettung mit Bewußtsein. Die andere Schriftstelle verweist uns auf die gleiche Linie. In beiden Fällen ist der Mensch in freier Wahl tätig. So ist das von Gott ausgegangene Wort (Joh. 1,14) entweder dem einen „ein Geruch vom Tode zum Tode” oder dem anderen „ein Geruch vom Leben zum Leben” (2. Kor. 2,15.16). In allen Fällen ist aber zunächst nicht der Sohn Gottes, sondern das Wort die richtende Seite, und dies wird sich immer im Leben des einzelnen als ein zweischneidiges Schwert erweisen (Hebr. 4,12). Und genau so wie die, welche das Wort angenommen und auch bewahrt haben, ihrer ewigen Errettung gewiß sind durch die Macht des Wortes, genau so wird für die, welche im Unglauben verharren, das Wort eine Anklageschrift bilden, denn „Sein Name heißt: das Wort Gottes” (Off. 19,13). Aus diesem ersehen wir, dass mit Seinem Kommen das vom Vater gesandte Wort in die Welt kam (Joh. 1,1-3) und dass es ausging, um zu erretten, und nicht, um zu richten, aber gerade aus diesem Grunde wird dieses Wort, das Er geredet hat, diejenigen richten, die es gehört haben, denn es war das Wort des Vaters und des ewigen Lebens.
Ph. W.

Anmerkung des Herausgebers

Antwort B kam aus dem Felde!
Beide Stellen unserer Frage ergänzen einander. Für uns Gläubige, die wir den Herrn Jesus als „das Wort Gottes” kennen, ist es eine ernste Tatsache im Blick auf die uns umgebende Welt, dass Sein Wort verwerfen - Ihn verwerfen heißt, wie denn Sein Name, Seine Person überhaupt der Prüfstein für die Welt ist (auch für uns! vergl. z. B. Mt. 26,6-12!). An Ihm scheiden sich die Geister (vergl. dazu auch Joh. 9,39, wo im Urtext ein wenn auch stammverwandtes, so doch anderes Wort steht als in obigen Stellen; es könnte demnach auch besser heißen: „zur Scheidung”, was ja das ernste Ergebnis eines Gerichtes ist), an Ihm werden sie offenbar, Sein Wort und dessen Verkündigung erweist, wer sie sind.

So wunderbar groß auch Seine Liebe sich zeigte, in der Er immer wieder lockte und zu erretten suchte, so wichtig ist es doch zu beachten, dass der HERR dennoch das Gericht nicht fortlässt aus Seinen Reden, wenngleich Er nach Seinen eigenen Worten damals noch nicht gekommen war, es auszuüben - das erfolgt später! Auch wir, die wir das Evangelium verkünden, die Liebe des Heilands und die Liebe Gottes anpreisen und somit die köstliche Seite der frohen Botschaft stets in den Vordergrund rücken dürfen, auch wir haben nicht zu vergessen, hinzuweisen auf den Ernst des Gerichtes, ja, nicht zum wenigsten des Gerichtes, das schon gegenwärtig ist für den, der nicht glaubt, der die Finsternis mehr liebt als das Licht. Das ist nach unseren Stellen das Gericht, unter dem ein jeder steht, der sich bewußt dem Licht verschließt - ob wir es im einzelnen Falle auch nicht so leicht beurteilen können, manchmal aber doch! -, dass das Wort ihn verdammt. Und da „das Wort lebendig ist” (Hebr. 4,12), ja, Er Selber ist, so wirkt es weiter verdammend oder Leben gebend bis in Ewigkeit, je nachdem, wie der Mensch sich Ihm gegenüber verhält und verhielt hienieden, solange Gnadenzeit ist (vergl. 1. Petr. 1,23-25 [Hebr. 13,8] und Lk. 8,11-15.18 u. a.!). - Möchten wir Gläubigen treue, unbestechliche Zeugen der ganzen Wahrheit sein, die wir die kostbare, aber auch verantwortungsvolle Lebensaufgabe haben, Sein Wort, „das Wort des Lebens
zu verkünden sowie darzustellen in Wort und Wandel! (Vergl. Phil. 2,14-16a; 1. Thess. 1; 2,3-6a.13; 2. Kor. 3,3 usw.)


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 4 (1916)