Erklärung von Epheser 1,4 u. 5.

Ich bitte um eine Erklärung von Eph. 1,4 u. 5.

Antwort

Epheser Kapitel 1 zeigt uns die Gemeinde als das Gefäß Seiner Herrlichkeit - vgl. dort das dreimalige „zum Preise Seiner Herrlichkeit”. Was bedeuten nun in Vers 4 und 5 die Worte „auserwählt in Ihm” und „zuvorbestimmt zur Sohnschaft”? Die Menschheit ist in Adam geschaffen, aber durch den Ungehorsam des einen Menschen „in die Stellung von Sündern gesetzt worden” - Röm. 5,19. Das Volk Israel ist in den Erzvätern ausgesondert worden - Jes. 45,4. Die Gemeinde ist in Christo auserwählt - Eph. 1,4.

Diese Erwählung der Gemeinde als Körperschaft geschah noch vor der Schöpfung, vor Grundlegung der Welt, oder genauer nach Dächsel ausgedrückt: „Noch vor Beginn der Ausführung des wohlangelegten Schöpfungsplanes.” Vgl. 2. Tim. 1,9. Der Erlösungsratschluß Gottes wurde also nicht etwa erst bei eingetretenem Sündenfall gefaßt. In dem schon Adam und Eva geoffenbarten „Weibessamen” hat Gott Sich eine Gemeinde erkoren, die da heilig und tadellos-unsträflich sei vor Ihm. Vgl. Eph. 5,27 und Kol. 1,22! Die Auserwählung des einzelnen Christen - 1. Petr. 1,2; Tit. 1,1; Kol. 3,12 - gemäß der Vorkenntnis Gottes ist ein ausschließlicher Gnadenakt, getrennt von jeglichem menschlichen Verdienst - Röm. 9,11; 11,5.6.

Auserwählt nach Seinem Willen - Joh. 15,16 - für Ihn - Joh. 15,19 - eine souveräne Tat Gottes. Bitte dazu lesen: 1. Kor. 1,26-31!
Bezüglich der Auserwählung einzelner für bestimmte Dienste: siehe z. B. Paulus, Apg. 9,15 mit Gal. 1,15. Beachten wir den bedeutungsvollen Ausdruck: „Gefäß”. Zu dem biblischen Begriff „zuvorbestimmt” oder „Vorsatz” Gottes lasse ich einen Satz aus dem Bibl. Handwörterbuch folgen: „Der Vorsatz Gottes ist der von Ewigkeit her in Gottes Willen ruhende und tatkräftige Gnadenratschluß Gottes, gemäß welchem Er Seinen Heilshaushalt zum Besten der Menschen in der Ewigkeit beschlossen hat und in der Zeit in Christo-Jesu ausrichtet und zum Ziele führt.” - Röm. 8,28ff.; Eph. 1,11; 3,11. Menschliche Verantwortung ist damit nicht aufgehoben!
Sohnschaft” in Eph. 1; Röm. 8; Gal. 4 bedeutet „Annahme an Sohnesstatt” („Adoption”), Einsetzung des Gläubigen in die Stellung als Sohn und Erbe, losgekauft vom Gesetz.

Die verwandtschaftliche Beziehung des Gläubigen als Kind und Hausgenosse Gottes ergibt sich aus der Geburt „aus Gott” - Joh. 1,12.13.
Der innewohnende Geist der Sohnschaft gibt uns indessen auch Gewißheit über unsere hohe und heilige Würde als Söhne und Erben - Röm. 8,16.
Die volle Offenbarung der Sohnschaft bringt uns erst die Auferstehung bzw. Entrückung der Gemeinde, die Erlösung unseres Leibes - Röm. 8,23; 1. Thess. 4,14-17; Eph. 1,14; 1. Joh. 3,2.

Nach der luth. und der Elberf. Übersetzung scheinen die Worte „Liebe” sich auf „heilig und tadellos” zu beziehen. Indessen übersetzten Albrecht, Wiese, Menge, Schlachter, Rösch, die französische Bibel von Second, die Jub.-Bibel (Stuttgart) in ihrer Anmerkung: „In Seiner Liebe hat Er uns durch Jesum Christum vorherbestimmt zur Sohnschaft” - beziehen also die Worte „in Liebe” auf V. 5. Mithin wären die Worte „vor Ihm” der Schlußgedanke von V. 4, wie bereits oben erklärt. Das ergäbe dann für beide Verse die Erklärung, die auch die Parallelstellen Eph. 5,27 und Kol. 1,22, angeben - nämlich:

V. 4: Zweck und Ziel der Auserwählung: Der HERR Selbst, das Haupt, wird Seine Gemeinde - Seine Glieder, Sich Selbst verherrlicht darstellen, ohne Flecken und Runzel, heilig und tadellos.

V. 5: Zweck und Ziel des Vorsatzes Gottes, der Vorherbestimmung, auch unserer Ewigkeitsbestimmung: die Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes, die Sohnschaft. Röm. 8,21-23.

Will man jedoch das Wort Liebe nach den beiden erstgenannten Übersetzungen auf heilig und tadellos beziehen, so gibt das auch einen klaren, biblischen Gedanken wieder, der sich an anderen Stellen wiederholt:

Die Liebe Gottes ist in unsere Herzen ausgegossen. Der Beweggrund allen Handelns eines Christen soll sein: „Die Liebe Christi dränget uns also!” Die Liebe bestimmt unseren Wandel im Alltag - d. h. heilig und tadellos unter Seinen Augen, vor Ihm in Liebe. Wachstümliche Umgestaltung in Sein Bild: 2. Kor. 3,17.18.
Bitte dazu vergleichen die entsprechende Zusammenstellung der Worte in 2. Petr. 3,14: „ohne Flecken und tadellos von Ihm erfunden zu werden in Frieden”! Jud. 24: „bewahren und darstellen vor Seiner Herrlichkeit mit Frohlocken”. 1. Petr. 1,22 mit 2. Kor. 6,6: „zu ungeheuchelter Liebe”.
Beide Übersetzungen geben also einen klaren Sinn; doch gebe ich der ersterwähnten Auslegung, besser Übersetzung, den Vorzug im Lichte der im Epheserbrief niedergelegten Gemeinde-Gedanken.
In jedem Falke sind wir:

V. 5: als zuvorbestimmt zur Sohnschaft zum Preise Seiner Herrlichkeit!
V. 11: als zuvorbestimmt zu Erben zum Preise Seiner Herrlichkeit!
V. 14: als zuvorbestimmt zu einem Königtum von Priestern und Anbetern, haben wir das Unterpfand unserer Erlösung - zum Preise Seiner Herrlichkeit!
Welches Licht fällt auf diese dreifache, unser Denken so weit übersteigende Ewigkeitsbestimmung in Eph. 1,18-23! Doch gehört das nicht zur Frage.
A. v. Wedekind.


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 22 (1937)