Antwort
Zu a). Es ist an einen Familienvater und an das Verhältnis zu denken, in dem alle die zu ihm stehen, die ihr Dasein von ihm ableiten. Hier ist Gott als Familienvater gedacht in dem Sinne, dass alle vernünftigen, geistgezeugten und geistbegabten Wesen im Himmel und auf Erden Ihm ihr Dasein verdanken; die Engelwesen nach ihren Rangordnungen und die Menschen nach den verschiedenen Haushaltungen, in die sie sich seit dem Fall im Paradies im Fortschreiten der Zeit gesetzt finden. Ja sogar, was überhaupt Geschöpf ist, kommt in Frage: „Denn wenn es anders solche gibt, die Götter genannt werden, sei es im Himmel oder auf Erden (wie es ja viele Götter und viele Herren gibt), so ist doch für uns ein Gott, der (Familien-) Vater, aus welchem alle Dinge sind ...” (1. Kor. 8,5.6); eigentlich, was im Deutschen nicht gebräuchlich ist zu sagen: „die alle Dinge”, d. i. die Gesamtheit alles Geschöpflichen. Auch statt „aus” sagen wir „von” welchem alle Dinge sind. Im Griechischen ist die Schwierigkeit nicht vorhanden, weil das Wort Familie von dem Wort Vater gebildet wird. Vater = pater; Familie = patria. Lk. 2,4 z. B.: „Joseph ... ging ... in Davids Stadt”, weil er aus dem Hause und der patria (Familie, Geschlecht, Nachkommenschaft) Davids war. Oder Apg. 3,25: „Und in deinem Samen werden gesegnet werden alle patriai (Vaterschaften, Familien, Geschlechter, Nachkommenschaften) der Erde.” Für Dinge und Tiere ein Beispiel aus dem Alten Testament: Jer. 15,3: „Denn Ich bestelle über sie vier Familien ... das Schwert ... die Hunde ... das Gevögel ... das Vieh ...” „Familien” übersetzt mit „Arten” (von Übeln). Für Menschen Amos 3,1.2: „... ihr Kinder Israel, über die ganze Familie (oder Geschlecht), die Ich aus dem Lande Ägypten heraufgeführt habe! indem Er spricht: Nur euch habe Ich von allen Familien (Geschlechtern) der Erde erkannt.”
Die Ausführungen des Apostels in den Versen 2-11 über „das Geheimnis” und der Hinweis in Vers 10, dass die Engel jetzt auf der Erde einen Vorgang und eine Sache in Ausführung begriffen sehen, die sie in Staunen setzt, weil sie bis jetzt keine Ahnung davon gehabt hatten, führen ihn dazu, von dem Geheimnis wie von einer der Familien zu reden, die dem Willen und den Gedanken Gottes ihr Sein zuzuschreiben haben. Warum sonst verbindet er „die Verwaltung des Geheimnisses” mit „dem die alle Dinge geschaffenhabenden Gott”, Vers 9? So war auch dieses Neue etwas, was zu dem hinzutrat, das die Engel in der Geschichte der Menschheit schon gesehen und zum Teil selber ausgeführt hatten. So hatten sie z. B. gesehen, wie die Nachkommen Abrahams von Ägypten an, und am Sinai als Volk Israel, zu einer der Familien wurden, die Paulus ins Auge faßt; die Gesetzgebung geschah ja durch ihre Vermittlung. (Apg. 7,53 und Hebr. 2,2) Also selber auch hingerissen von anbetender Bewunderung über das Neue, dies ihm geoffenbarte Geheimnis, wie er in Vers 6 davon spricht, beugte der Apostel seine Knie vor Dem, in dessen Herz der Ursprung des Geheimnisses liegt, vor dem „pater”, von dessen „pater” = Name jede „patria” so heißt oder „benamt”, d. i. benannt wird, nämlich eben „patria”, Familie. „Vater” wird also hier und in 1. Kor. 8,6 nur gebraucht, um den ins Dasein rufenden Gott zu bezeichnen. „Jehova ..., ist Er nicht dein Vater, der dich erkauft hat? Er hat dich gemacht und dich bereitet” (5. Mo. 32,6), diene als Beispiel dafür.
Zu b). Warum „völlig erfassen”? Weil anderenfalls, etwa durch nur spielerisches Umgehen mit diesen hehren Wahrheiten, der in Vers 19 genannte Zweck nicht erreicht wird, welcher ist: erfüllt werden zu der ganzen Fülle Gottes.
Zu c). Dieweil der Apostel nicht sagt, an was er denkt, wenn er von dessen Breite, Länge, Tiefe, Höhe spricht, setzt er voraus, dass seine Leser es von selbst begreifen; oder er kann meinen, dass sie verstehen: Wir sollen erfassen, dass es Begrenzungsmöglichkeiten darin überhaupt nicht gibt. Denn Breite, Länge, Tiefe, Höhe können sich auch grenzenlos ausdehnen, und mein forschender Geist kann dessen innewerden, so dass die aus der Welt der Materie auf das geistliche Gebiet herübergenommenen Begriffe nur die Unmeßbarkeit zum Ausdruck bringen sollen. Steht nicht in Vers 8: „... den unausforschlichen Reichtum des Christus zu verkündigen ...”? Und der Vater, von dem jede patria in den Himmeln und auf Erden patria heißt (wir als die Ekklesia, als der Leib des Christus also auch eine patria, dürfen wir dazudenken), möge uns geben, ist das Gebet des Apostels, dass der so gekennzeichnete Christus in unseren Herzen wohne. Hand in Hand damit geht: In Liebe sind wir gewurzelt wie der Baum im Erdreich, und gegründet wie ein Gebäude auf sein Fundament; hier auch „Liebe”, denn wir wissen, dass Gott uns mit Seiner vielen Liebe geliebt hat, als wir in den Vergehungen tot waren. (Kap. 2,4.5) Und in Vers 9 unseres dritten Kapitels hat der Apostel von Gottes „Vorsatz der Zeitalter” gesprochen, den Er in Christo Jesu, unserem HERRN, gefaßt habe, was zurückweist auf das, was er in Kap. 1,3-11-14 gesagt hat. Kann uns nun ein Licht aufgehen? Auserwählt in Christus zur Sohnschaft und um heilig und tadellos in Liebe vor dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus zu sein; mit letzterem Erben des gesamten durch Ihn erworbenen Besitzes, des Alls, zu sein; was unausforschlicher Reichtum des Christus ist, unser Teil; in Liebe eingesenkt und gegründet; Christus Selbst, der Mittelpunkt und das Ziel aller Wege Gottes, durch den Glauben in unseren Herzen wohnend: Mit anbetender Beund Verwunderung sucht unser Geist, Ausschau haltend, im Verein mit dem Apostel, wie er das alles benennen soll, ob und wo er eine Begrenzung dazu feststellen kann: Er findet keine Antwort! - Dies die Antwort auf Frage c.
Zu d). Das Bindewort „und” zeigt an, dass die Liebe des Christus etwas Gesondertes ist von dem, was sich auf Breite, Länge, Tiefe, Höhe bezieht. Mit dieser „Liebe des Christus” meint der Apostel wohl nichts anderes als das, was er in Kap. 5 des näheren ausführt: die Selbsthingabe des Christus für die Ekklesia, die Gemeinde. Es ist ein Widerspruch in sich selbst, etwas erkennen zu können, was die Erkenntnis übersteigt. Also will er eben auf die unvorstellbare Größe dieser speziellen Liebe hinweisen, wie er in Vers 17 die Liebe, Gottes natürlich, allgemein genannt hat.
Zu e). „Erfüllt sein zu der ganzen Fülle Gottes” scheint wie die Punkte der Fragen c und d eine Ungereimtheit zu sein, weil wir als endlich geschaffene Wesen die Fülle Gottes nicht in uns haben können. Das ist aber auch nicht gemeint. Das Wörtchen „zu”, das Richtung und Absicht ausdrückt, gibt Aufschluß. Wenn ich einen Korb ins Meer tauche, so ist zwar nicht das Meer im Korb, aber Ziel und Absicht sind erreicht, nämlich dass der Korb mit dem, was das Meer, das Meerwasser ist, angefüllt sei: Jeder Bestandteil des Meerwassers nach seiner chemischen Zusammensetzung ist ebensogut in dem winzigen Inhalt des Korbes enthalten wie in dem unmeßbar großen Becken des Ozeans. Indem wir die uns geoffenbarten Gedanken und Ratschlüsse Gottes in uns aufnehmen, werden wir zu der ganzen Fülle Gottes erfüllt, wie der Korb zu (nicht „mit”!) der ganzen Fülle des Ozeans erfüllt ist.
Das Erfülltsein mit den also geoffenbarten Gedanken und Ratschlägen Gottes führt zwangsläufig zu der Doxologie (dem Ehre- und Herrlichkeitgeben) der Verse 20 und 21.
F. Kpp.