Antwort
Die Worte: „Denn dazu ist auch den Toten gute Botschaft verkündigt worden” werden von vielen so aufgefaßt, dass den Menschen, die schon abgeschieden waren, als die Verkündigung der „guten Botschaft” - des „Evangeliums” - ihren Anfang nahm, diese „gute Botschaft” noch nachträglich am Orte der Abgeschiedenen - im Totenreiche - verkündigt worden sei, damit auch ihnen Gelegenheit gegeben werde, sich zu entscheiden und errettet zu werden, da sie ja diese Gelegenheit nicht gehabt hätten, als sie auf der Erde lebten. Diese Auffassung stützt sich offenbar mit auf die Stelle 1. Petri 3,19, die man so versteht, dass der HERR während der Zeit zwischen Seinem Abscheiden am Kreuze und Seiner Auferstehung in das Totenreich hinabgestiegen sei und den Geistern der Abgeschiedenen gepredigt habe. Diese Auffassung hatte Luther, denn er schreibt in seinem „Kleinen Katechismus” im „zweiten Hauptstück” im „zweiten Artikel” in bezug auf den Herrn Jesus: „... gestorben und begraben, niedergefahren zur Hölle, am dritten Tage auferstanden von den Toten ...”; auch Wiese teilt sie, denn er vermerkt in seiner Ubersetzung des Neuen Testaments am Rande zu 1. Petr. 3,19: „Christus im Totenreich” und zu 4,6: „Heilsbotschaft im Totenreich”; und fast jeder, den man fragt, meint diese Schriftstellen so verstehen zu müssen. Und daran schließt sich oft noch die Vorstellung, dass auch weiterhin den Menschen, die das Evangelium nicht gehört haben - z. B. die dort lebten und leben, wohin es noch nicht gekommen ist -, nach ihrem Abscheiden, im Totenreich, noch das Evangelium verkündigt worden sei und verkündigt werde durch heimgegangene Diener des HERRN. Wir lehnen aber diese Auffassung ab, weil die betreffenden Stellen in Wirklichkeit so etwas nicht sagen und die bezeichnete Auffassung der Lehre des übrigen Wortes Gottes über diesen Gegenstand völlig widerspricht.
Die genannten Stellen sagen nicht, dass Christus nach Seinem Tode an den Ort der Abgeschiedenen gegangen sei und dort den Abgeschiedenen gepredigt habe (3,19) und dass „den Toten” nach ihrem Abscheiden gute Botschaft verkündigt worden sei (4,6), sondern sie sagen nur, dass der Geist, nach welchem der HERR „lebendig gemacht” worden ist, derselbe Geist ist, in welchem Er auch hinging und jenen Geistern predigte, und dass „auch den Toten gute Botschaft verkündigt worden” ist. Wann das Hingehen und Predigen und das Verkündigen guter Botschaft an die „Toten” geschah, sagen die betreffenden Stellen nicht, und sie brauchen dieses auch gar nicht zu sagen, weil nach dem übrigen Worte Gottes es nur eine Zeit gibt, während welcher der Mensch sich entscheiden und die Errettung durch Glauben ergreifen kann: die Zeit seines Lebens auf der Erde, also nur vor seinem Abscheiden aus diesem Leben. Das Wort redet immer nur in diesem Sinne von der Errettung des Menschen. Hierzu sei nur hingewiesen auf das Wort des Herrn Jesus Mk. 16,15.16: „Gehet hin in die ganze Welt und prediget das Evangelium der ganzen Schöpfung. Wer da glaubt und getauft wird, wird errettet werden; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden”, auf die gleichnisartige Darstellung vom reichen Mann und armen Lazarus (Lk. 16,19-31), wo deutlich gezeigt ist, dass es keine Abänderung des Zustandes nach dem Tode gibt, auf Johannes 1,12.13; 3,14-16.18 und besonders V. 36 („... der Zorn Gottes bleibt auf ihm!”); 5,24-29 (besonders V. 29 - wo bleibt da Raum für die Bekehrung nach dem Tode?!); 6,40 usw., auf Apg. 2,38.39; 20,21; 26,18 (Buße und Bekenntnis zum Herrn Jesus durch die Taufe - „Buße zu Gott” und „Glauben an unseren Herrn Jesus Christus” - Bekehrung von der Finsternis zum Licht, usw.: alles nur in diesem Leben!) und auf Hebr. 9,27, wo uns gesagt wird, dass es den Menschen gesetzt ist, einmal zu sterben, danach aber das Gericht! ( - nicht, dass sie noch einmal Gelegenheit hätten, sich zu bekehren, Buße zu tun, zu glauben - nein, „das Gericht”!) Diese und noch viele andere Stellen, ja das ganze Wort Gottes, zeigen, dass die Errettung nur in diesem Leben, nur vor dem Tode, möglich ist. Und das kann auch gar nicht anders sein, denn Buße und Glauben, ohne welche beiden Dinge es keine Errettung gibt (s. Lk. 13,3.5; Joh. 3,36), sind nur in diesem Leben möglich! Wir können uns vorstellen und als gewiß annehmen - besonders auf Grund der ernsten Stelle vom reichen Mann und dem armen Lazarus -, dass ein Mensch, wenn er unerrettet aus diesem Leben geschieden ist, alles erkennt, seinen Irrtum, seine Sünden, seine Schuld, die Wahrheit dessen, was ihm gesagt worden war über Gott, den Herrn Jesus, usw.; aber dieses Erkennen ist weder „Buße zum Leben” (Apg. 11,18) noch Glaube, der mit Gott verbindet und errettet, und zwar Buße darum nicht, weil solche nur in Verbindung mit wahrem, errettendem Glauben zustande kommen kann, solcher Glaube aber nicht vorhanden ist, und rettender Glaube nicht, weil dieser nicht allein aus Fürwahrhalten besteht, sondern auch aus Vertrauen zu dem, der der Gegenstand des Glaubens ist, solches Vertrauen aber einen Zustand voraussetzt, den der Mensch nur in diesem Leben, aber nicht mehr nach dem Tode besitzt. Auch die Dämonen glauben „und zittern” (Jak. 2,19) - sie wissen auch alles, aber das nützt ihnen nichts, sondern hat nur die Furcht vor dem kommenden Gericht zur Folge; und zu einem besseren Glauben sind die Abgeschiedenen auch nicht mehr fähig. Das sehen wir an dem „reichen Manne” sehr deutlich.
Weil es nun so ist, dass der Mensch nur in diesem Erdenleben die Möglichkeit hat, durch Buße und Glauben errettet zu werden, sind wir fest überzeugt, dass Gott auch jedem Menschen ohne irgendeine AusnahmeD. Verf.> in diesem Leben die Gelegenheit hierzu gegeben hat und gibt. Denn Gott ist gegen jeden Menschen gerecht, und an Mitteln und Wegen fehlt es Ihm auch nicht. Das „Wie” weiß Er allein. Natürlich wird Gott Seiner Gerechtigkeit entsprechend jeden Menschen nach der Offenbarung verantwortlich machen, die für ihn vorhanden war: Die Menschen, welche die Aussprüche Gottes hatten, von Adam an (s. 1. Mose 3,15) bis auf uns, die wir das ganze, vollendete Wort haben; einen jeden nach der jeweiligen Offenbarung Gottes in diesem Worte; dem armen Heiden hingegen, der nie etwas von dem Wort Gottes wußte und hörte, nach der ihm gegebenen Offenbarung: in der Schöpfung und dem Gewissen (vgl. Röm,1,19.20; 2,12-16); und dann noch all die Abstufungen, die es zwischen diesen beiden äußersten Punkten noch gegeben hat und gibt. Zu welcher Zeit und unter welchen Umständen ein Mensch auch gelebt haben mag - jeder, der Gottes Offenbarung ihm gegenüber annahm und sich dieser entsprechend vor Ihm beugte und glaubte, ist errettet; jeder, der sie verachtete und nicht glaubte, wird gerichtet werden „nach seinen Werken” (Offb. 20,11-15) in göttlicher, vollkommener Gerechtigkeit, und er wird völlig ohne Entschuldigung sein Gott gegenüber, weil dieser bei keinem Menschen irgendetwas unterlassen haben wird, was zu seiner Errettung dienen konnte. Selbstverständlich werden andererseits auch die Segnungen derer, die errettet sind, verschieden sein, ebenfalls darum, weil Gott gerecht ist; es werden verschiedene Segenskreise sein: Der erste Segenskreis ist offenbar die Versammlung (oder Gemeinde). Sie wird außer Segnungen, deren auch andere Segenskreise sich erfreuen, infolge ihrer einzigartigen, nur ihr gegebenen Beziehung zum HERRN Segnungen genießen, die andere nicht mit ihr teilen. Dann sind die alttestamentlichen Heiligen; die Heiligen aus der Zeit nach der Entrückung, die in Offb. 20,4 genannt sind; die Heiligen aus dem Tausendjährigen Reich (Offb. 20,9); die Heiligen, die nicht die Offenbarung Gottes hatten wie die Vorgenannten - z. T. nur die Schöpfung und das Gewissen -; und schließlich die als nicht verantwortliche Menschen aus dem Leben Geschiedenen - z. B. Kinder, die noch nicht verantwortlich waren, oder von Geburt an Geistesschwache. Wir bilden uns nicht ein, eine Einteilung der verschiedenen Segenskreise aufstellen und ihre Segnungen angeben zu können, sondern wollten nur auf die Unterschiede hinweisen und die annehmbaren Abstufungen andeuten. Gewiß ist, dass alle Erlösten, welchem Segenskreise sie auch angehören mögen und welche Segnungen auch ihr Teil sein mögen, vollkommen glücklich sein werden. Was wir zeigen wollten, ist dieses: dass der Mensch nur in diesem Leben, nie aber nach seinem Tode, Buße tun und zur Errettung glauben kann und dass darum Gott auch jedem Menschen (soweit er verantwortlich war bzw. ist - s. hierzu: diesbezügliche frühere Fußnote) - welche Offenbarung von Gott er auch hatte bzw. für ihn da war - während seines Lebens auf der Erde Gelegenheit gegeben hat bzw. gibt, durch Buße und Glauben errettet zu werden, und dass infolgedessen für den Gedanken der Verkündigung des Evangeliums an Abgeschiedene überhaupt kein Raum übrigbleibt, weil dazu einerseits in keiner Weise ein Grund vorhanden ist, und andererseits eine solche Verkündigung auch wegen der Unmöglichkeit von Buße und Glauben nach dem Tode völlig vergeblich und nutzlos sein würde.
Das ist es, was das Wort Gottes uns über diesen Gegenstand lehrt, und da das Wort Gottes sich nie widerspricht, kann in den genannten zwei Stellen des ersten Petrusbriefes nicht gesagt sein, was im Gegensatz hierzu steht. Wenn wir dieses festhalten -und wir haben kein Recht, im geringsten davon abzuweichen! -, so werden wir zu folgendem Verständnis dieser Schriftstellen geführt:
Zur ersten Stelle, 3,19: Der erste Brief des Petrus zeigt uns, dass wir in Christus, dem Auferstandenen, „welcher, in den Himmel gegangen, zur Rechten Gottes ist, indem Engel und Gewalten und Mächte Ihm unterworfen sind” - mit Ihm gestorben und begraben, wie wir durch die Taufe bekannt haben -, dass wir in diesem herrlichen, über alle Mächte herrschenden Heiland vor allen Nöten, Gefahren, Schwierigkeiten und Leiden, die durch die Sünde in dieser Welt sind und sich am Ende zum Gericht über die ungläubige Menschheit verdichten werden (s. 4,17.18), geborgen sind und durch alles dieses hindurchgerettet werden, genau so, wie einst Noah in der Arche vor der todbringenden Flut geborgen war und durch sie hindurchgerettet wurde. Deshalb verweist der Geist Gottes in V. 19 und 20 auf jenes Vorbild - Noah mit den Seinen in der Arche und seine Hindurchrettung - und in Verbindung damit auch auf die Menschen jener Zeit, auf deren Zustand des Unglaubens und ihr Schicksal, weil die Menschen heute sich gerade so verhalten wie jene damals, und ihrer gleicherweise das Gericht wartet (s. Mt. 24,37-39). „Die Geister, die im Gefängnis sind” (V. 19), sind jene Menschen, die zur Zeit Noahs lebten und dann in der Flut umkamen, weil sie „ungehorsam” waren, d. h. nicht glaubten, „als die Langmut Gottes harrte in den Tagen Noahs, während die Arche zugerichtet wurde.” Noah, „der Prediger der Gerechtigkeit” (2. Petr. 2,5), hatte sie gewarnt und zur Umkehr gerufen, wie wir aus eben angeführten Worten des V. 20 und aus eben erwähnter Bezeichnung Noahs als „Prediger der Gerechtigkeit” ersehen, aber sie glaubten nicht; darum raffte die Flut sie hinweg und sind ihre „Geister” nun „im Gefängnis” - am Ort der ungläubig Abgeschiedenen, auf den Tag des Gerichts wartend. Das sind ganz offensichtliche Tatsachen, aus welchen sich vollkommen klar diese Tatsache ergibt: Den „Geistern, die im Gefängnis sind”, ist gepredigt worden, während sie auf der Erde lebten, vor ihrem Hinweggerafftwerden durch die Flut. Und dass in Noah, durch welchen dieses Predigen geschehen ist, der Geist Christi war und dieser durch Noah diesen Menschen predigte, wird auch kein Mensch leugnen können und wollen, zumal in Kap. 1,10.11 ausdrücklich gesagt ist, dass in den alttestamentlichen Propheten der Geist Christi war. So haben wir die klare Tatsache vor uns, dass der Geist Christi - und damit Christus! - den in V. 19 genannten „Geistern, die im Gefängnis sind”, bereits durch Noah zur Zeit ihres Lebens auf der Erde gepredigt hat. Und das ist es, worauf in V. 19 hingewiesen wird, und nichts anderes! Er ist damals, zur Zeit des Erdenlebens dieser „Geister, die im Gefängnis sind”, hingegangen und hat ihnen gepredigt. Ein nochmaliges Hingehen zu diesen Geistern, also ein Hingehen in das Totenreich, kommt in keiner Weise in Betracht! -
Dieses über den Sinn des in V. 19 Gesagten. Aber was uns der Heilige Geist an dieser Stelle vorstellen will, ist - wie schon weiter oben erwähnt - die Tatsache, dass der Geist, nach welchem Christus, „getötet nach dem Fleische”, „lebendig gemacht” worden ist, derselbe Geist ist, in welchem Er einstmals - wie wir oben gesehen haben, vor der Flut durch Noah - hingegangen ist und jenen „Geistern” gepredigt hat, so dass wir wissen: Der, welcher heute durch Seine Diener zu den Menschen redet, den wir kennen, der in uns ist und in dem wir geborgen sind und der uns hindurchrettet, bis wir am herrlichen Ziel angelangt sein werden, ist Derselbe, welcher auch damals vor der Flut tätig war, um die Menschen vor dem Verderben zu erretten. Deswegen heißt es: „... lebendig gemacht nach dem Geiste, in welchem Er auch hinging ...” usw. Das ist kostbar für unsere Herzen!
Zur zweiten Stelle, 4,6: Über den ersten Teil des Verses brauchen wir infolge des vorher Ausgeführten nicht viel zu sagen, da diese Ausführungen schon ergeben, wann diesen „Toten” „gute Botschaft” verkündigt worden ist: nicht im Totenreiche, sondern als sie noch auf der Erde lebten. Die Feststellung, dass „auch den Toten gute Botschaft verkündigt worden” ist, macht der Geist Gottes darum, weil vorher (V. 5) von dem Gericht der Lebendigen und der Toten geredet ist und die Empfänger des Briefes durch die alttestamentlichen Schriften wohl mit dem Gedanken an das Gericht der Lebendigen vertraut waren, nicht aber mit dem an das Gericht der Toten. Deshalb zeigt der Geist Gottes in V. 6, dass dieses Gericht auf vollkommen gerechter Grundlage geschieht, indem auch den Toten - das bezieht sich nun auf die Toten im allgemeinen, nicht nur auf die, welche einst werden gerichtet werden - „gute Botschaft” verkündigt worden ist und sie dadurch entweder als schuldig hingestellt worden sind, um - weil sie nicht geglaubt haben - dereinst „gerichtet zu werden dem Menschen gemäß nach dem Fleische”, also nach dem, was sie als Menschen im Fleische getan haben, „nach ihren Werken” (vor dem „großen weißen Throne” Offb. 20,11-15), oder - durch Glauben - vom Gericht errettet worden sind, um zu „leben Gott gemäß nach dem Geiste”. Das war das Ziel dieser Verkündigung: „Denn dazu ist auch den Toten gute Botschaft verkündigt worden ...” - das eine oder das andere musste das Ergebnis sein. -
Wir hoffen, dass vorstehende Ausführungen dem entsprechen, was der Fragesteller bei dieser Frage im Auge hatte. Möchte uns der HERR immer das rechte Verständnis geben und der Heilige Geist uns immer mehr in die herrliche Wahrheit leiten.
Th. K.