Antwort A
Es bedeutet einen Unterkunftsort, der nur gerade zur Not errichtet worden ist und zur Not benützt wird (Hiob 27,18); der weder auf Festigkeit noch auf Dauerhaftigkeit, noch auf Bequemlichkeit, auch nicht auf Schönheit Anspruch machen kann. Der Eindruck, den das Lesen der vorhergehenden Verse hervorbringt, lässt das leicht begreifen. Verse 7 und 8 lassen vor dem Geistesauge des Lesers, der vorher nur 2. Chr. 28 zu lesen braucht, ein Gemälde entstehen, das für sich selber spricht. Das Land war so wie beschrieben, und inmitten desselben das so herrliche Zion herabgesunken zu einem Nichts. Wie war es doch schon Jahrhunderte vorher gemalt worden! Ps. 48,2: „Schön ragt empor, eine Freude der ganzen Erde, der Berg Zion”; V. 12.13: „Zählet seine Türme, betrachtet genau seine Wälle, mustert seine Paläste”; Ps. 87,2: „Jehova liebt die Tore Zions mehr als alle Wohnungen Jakobs”; V. 3: „Herrliches ist von dir geredet, du Stadt Gottes”; V. 5: „Der Höchste, Er wird es befestigen”; V. 7: „Alle meine Quellen sind in dir” (Zion); Ps. 122,2.7: „Wohlfahrt sei in deinen Festungswerken, sichere Ruhe in deinen Palästen”; Ps. 132,13: „Jehova hat Zion erwählt, hat es begehrt zu Seiner Wohnstätte: dies ist Meine Ruhe immerdar; hier will Ich wohnen, denn Ich habe es (Zion) begehrt”. -
Wenn diese Schilderungen auch prophetische sind und auf die Zeit des kommenden Reiches hin gehen, so geben sie nichtsdestoweniger den Maßstab ab für die Einschätzung Zions; ebenso wie die Schilderungen in späteren Kapiteln Jesajas (52, 54, 60, 62). Wenn der Einsender der Frage sich neben einer mit Türmen und Festungswerken umgebenen, Paläste in sich fassenden, schön gebauten Stadt eine Wächterhütte in einem Weinberg denkt oder eine Nachthütte im Gurkenfeld (Wächterhütte, weil zum Hüten der Erträge Wächter bestellt wurden: Hohel.1,6; 8,11.12), so entsteht ihm die Antwort auf die Frage von selbst.
F. Kpp.
Anmerkung des Herausgebers
Vorliegende Frage ist einfach; um so merkwürdiger ist es, dass trotz häufiger Veröffentlichung derselben nur eine Antwort eingegangen ist. Vielleicht haben andere, die sich mit der Frage beschäftigten, geglaubt, in diesen bildlichen Ausdrücken einen Sinn finden zu sollen, der etwa von prophetischer Bedeutung sein könnte. Aber es liegt doch nicht eigentlich ein Grund vor, in den Worten „Hütte im Weinberge”, „Nachthütte im Gurkenfelde” mehr zu sehen als einen Vergleich (beachte das Wörtchen „wie”!), der uns den unendlichen Niedergang der geliebten Stadt Zion zeigen soll, in den sie hineingeraten war, und zwar um ihrer Sünde willen (V. 2-4; vergl. u. a. Ps. 106!). Wichtiger als nach einem tieferen Sinn in diesen Ausdrücken zu suchen - auch wenn sich ein solcher finden läßt, so muss er in Übereinstimmung mit der Schrift sein, sonst hat er keinen Wert! - scheint es uns, zu betonen und uns daran zu freuen, wenn auch mit Wehmut (vergl. Röm. 9,1-5), dass Zion gegenwärtig, d. h. in der Zeit seiner (verdienten) Verwerfung seitens Jehovas, dennoch in Seinen Augen vorhanden ist, und wenn auch nur gleich einer „Nachthütte”. wenn auch nur wie ein unscheinbarer Zufluchtsort zur Nachtzeit, ja, in dem Nachtdunkel und den Leiden dieses Zeitlaufs! Der HERR hat ein Auge für Seine Stadt; Er wacht über sie, Er vergißt ihrer nicht, wie Er auch nie Seines alten Volkes vergißt. Auch dieses wird - in seiner Zerstreuung! - gesehen von Dem, der es Sich erwählt hat und dessen Name ist: „Ich bin, der Ich bin” (2. Mose 3,14), der also Sich gleich bleibt, Sein Wesen nicht ändert (vergl. Frage 13!) und der darum auch jetzt auf Sein Volk sieht (vergl. z. B. 2. Mose 3,7 mit 4. Mose 23 und 24!). An einem späteren Tage wird Zion wiederhergestellt, aus seinem verachteten Zustand hervorgeholt und zu neuen herrlicheren Ehren gebracht denn je zuvor, und zwar als die Stadt, in der Er „regieren wird von Geschlecht zu Geschlecht” (Ps. 146,10 u. a.).
Wieviel Grund ist auch für uns, Sein neutestamentliches „Volk zum Besitztum” (1. Petr. 2,9), im Blick auf diese Zukunft, schon jetzt zu tun nach den letzten Worten von Ps. 146 u. a. Psalmen: „Lobet Jehova!”