Antwort
Die der Frage zugrunde liegende Schriftstelle gehört mit zu der sogenannten „Bergpredigt”. In dieser wendet der Herr Jesus Sich an Seine Jünger als die Vertreter derer, die in das von Ihm verkündete Reich eingehen sollen, und belehrt sie über das, was sie als solche kennzeichnen sollte, dem sittlichen Charakter des Reiches entsprechend, das ja in Seiner Person gegenwärtig war und daher in Seiner Person auch sittlich vollkommen zum Ausdruck kam. Was wir hier finden, ist die Bejahung Gottes und somit die Verneinung des alten Menschen. Alles, was der HERR den Seinen sagt, zu tun, ist der alten Natur völlig entgegengesetzt. Das zeigt uns auch die Stelle, die uns beschäftigt. Im Menschen ist durch die Sünde die Sucht, bei jeder Gelegenheit sich groß zu machen und Ehre zu haben bei den Menschen. Deshalb will er immer, dass die anderen sein Können, seine Fähigkeit, seine Tüchtigkeit und auch seine Güte und seine Frömmigkeit sehen, damit sie ihn bewundern. Wenn die anderen Menschen sagen: „Dieser ist aber tüchtig - brav - gut”, dann schmeichelt dieses seiner Eitelkeit, ist sein selbstsüchtiges Herz befriedigt. So ist es auch bei dem Almofengeben (6,1-4), ja sogar bei dem Beten (V. 5-15) und bei dem Fasten (V. 16-18) - immer will der alte Mensch durch das, was er tut, in den Augen der anderen groß sein und geehrt und bewundert werden. Das ist das, was er dabei im Auge hat, was er erstrebt; er tut es also für sich, was er tut, nicht für Gott. Wie könnte Gott ihn dann dafür belohnen? Nein, das kann Er nicht. Der Lohn besteht daher in dem, wonach der Mensch strebte: von den Menschen geehrt zu werden (V. 2), von den Menschen gesehen zu werden (V. 5), den Menschen als Fastender zu erscheinen (V. 16). Darum sagt der Herr Jesus: „Wahrlich, Ich sage euch, sie haben ihren Lohn dahin” (6,2.5.16). Wenn aber der alte Mensch beiseitegesetzt ist und der Geist Christi in dem Herzen herrscht, sucht das Herz nichts für sich, sondern hat nur Gott dabei im Auge. Ein solcher sucht keinerlei Anerkennung von Menschen und mag sie nicht; er tut daher das, was er tut, nicht vor Menschen, sondern „im Verborgenen”, so wie der Herr Jesus es den Seinen in V. 3.4, V. 6 und V. 17.18 sagt, ohne dass er dabei überhaupt Lohn sucht. Aber wenn es auch im Verborgenen geschah, so dass vielleicht kein Mensch davon weiß, und kein Gedanke an Lohn dabei war, bleibt es doch nicht verborgen und bleibt es nicht unbelohnt, denn Gott „sieht im Verborgenen” und Gott ist ein Belohner (Mt. 10,41.42; Hebr. 11,6.26 Schluß). Die „Heuchler” sind darauf bedacht, dass Menschen es sehen, was sie tun, und ernten dafür den eitlen, vergänglichen Lohn der Anerkennung - Ehre - von Menschen, aber Gott nimmt keine Kenntnis davon (in diesem Sinne), und von Ihm empfangen sie einst keinen Lohn; der Glaubende aber tut das, was er tut, für Gott, und darum im Verborgenen, so dass die Menschen nichts davon sehen und nichts davon wissen, doch Gott weiß es, und es kommt der Tag, an welchem alles offenbar und einem jeden hierbei auch vor aller Schöpfung - „öffentlich” - sein Lohn werden wird (Mt. 25,31-46; 1. Kor. 4,5; Off. 22,12).
Das Wort „öffentlich” ist in manchen Übersetzungen weggelassen (z. B. in der Elberfelder und der von Dr. Wiese), was aber an dem Sinne des Wortes von dem Vergelten nichts ändert. Die Vergeltung ist „öffentlich” im Gegensatz zu dem Tun „im Verborgenen”. Sie muss öffentlich sein der Gerechtigkeit Gottes gemäß. Dass das Gute „im Verborgenen” geschah, war Gott wohlgefällig, weil es die Demut, die Selbstlosigkeit dessen zeigt, der es tat; dann aber, an jenem Tage der Offenbarung und Vergeltung, an dem Gott alles Verborgene ans Licht bringen wird, wird Er auch dieses im verborgenen geschehene Gute bekanntmachen und den, der es getan hat, dafür ehren vor allen sittlichen Wesen - „öffentlich”!
Darum sind die Worte des Herrn Jesus, auf die obige Frage sich bezieht, eine Ermunterung für die Gläubigen aller Zeiten gewesen und sind es noch - auch für uns - und werden es bleiben, solange noch Gläubige hier die Gelegenheit haben, etwas Gottwohlgefälliges „im verborgenen” zu tun.
Th. K.