Wir sollten bei diesem Thema als Erstes berücksichtigen, dass Israel und die Gemeinde zwei verschiedene Dinge sind. Wenn man deutliche Unterschiede im Wort Gottes nicht beachtet, sondern alles miteinander vermischt, entstehen Probleme. Wenn wir aber darauf achten, lösen sich alle scheinbaren Widersprüche und Konflikte auf. Der Herr geht mit Israel einen anderen Weg als mit der Gemeinde. Die Berufung Israels ist irdisch, die der Gemeinde Jesu himmlisch. So wird Israel im Worte Gottes als das «Weib Jahwes» bezeichnet, die Gemeinde hingegen als «Braut Christi».
Das Weib Jahwes
In Hesekiel 16 wird mit ergreifenden Worten geschildert, wie Gott mit Israel einen Ehebund einging: «Als ich nun an dir vorüberging und dich sah, siehe, da war deine Zeit da, die Zeit der Liebe. Da breitete ich meine Decke über dich und bedeckte deine Blöße. Ich schwor dir auch und machte einen Bund mit dir, spricht Gott, der Herr; und du wurdest mein» (V 8). An vielen weiteren Stellen wird Israel das «Weib Jahwes» genannt, die Frau, die das Eigentum Gottes ist, später aber Hurerei betreibt und mit anderen Völkern in Ehebruch fällt. Es kommt sogar zur Scheidung (Jer 3,6-8). Durch Bestrafung, Gericht und Trübsal kommt es schließlich zu einer «Wiederheirat», zu einem Neuen Bund (Hes 16,60-63; Jes 54,4-8).
Die Braut Christi
Der Apostel Paulus schreibt eindeutig, dass die Gemeinde dem Herrn Jesus verlobt ist. Und wenn eine Frau verlobt ist, ist sie auch Braut. «Denn ich eifere um euch mit göttlichem Eifer; denn ich habe euch einem Mann verlobt, um euch als eine keusche Jungfrau Christus zuzuführen» (2. Kor 11,2). Im Alten Testament war eine Verlobung bereits ein bindender Heiratsvertrag. Darum sagte der Engel zu Joseph, der mit Maria verlobt war: «Scheue dich nicht, Maria, deine Frau, zu dir zu nehmen …» (Mt 1,20).
Im Epheserbrief wird erklärt, dass das Einswerden zwischen Mann und Frau in der Ehe ein Geheimnis ist, das auf Christus und die Gemeinde hindeutet: «‹Deshalb wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhängen, und die zwei werden ein Fleisch sein›. Dieses Geheimnis ist groß; ich aber deute es auf Christus und auf die Gemeinde» (Eph 5,31-32). In der Ehe werden Mann und Frau ein Leib, wobei der Ehemann das Haupt ist. Er wird dazu aufgefordert, seine Frau zu lieben wie seinen eigenen Leib (Eph 5,22.28-30). Genauso verhält es sich mit Christus und Seiner Gemeinde. In Epheser 1,23 und 3,6 wird die Gemeinde als Leib Christi dargestellt. Und in Epheser 5,23 wird erklärt, dass Christus das Haupt der Gemeinde ist. In Römer 7 spricht Paulus über das Gesetz des Ehebundes und deutet damit an, dass die Gemeinde Jesus zu Eigen geworden ist wie eine Frau ihrem Mann: «So wird sie nun bei Lebzeiten des Mannes eine Ehebrecherin genannt, wenn sie einem anderen Mann zu Eigen wird; stirbt aber der Mann, so ist sie vom Gesetz frei, so dass sie keine Ehebrecherin ist, wenn sie einem anderen Mann zu Eigen wird. Also seid auch ihr, meine Brüder, dem Gesetz getötet worden durch den Leib des Christus, damit ihr einem anderen zu Eigen seid, nämlich dem, der aus den Toten auferweckt worden ist, damit wir Gott Frucht bringen» (Röm 7,3-4).
In Offenbarung 22,17 ist vom Geist und der Braut die Rede: «Der Geist und die Braut sprechen: Komm! Und wer es hört, der spreche: Komm! Und wen da dürstet, der komme; und wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst!» Es handelt sich hierbei um den Geist Christi. Und wer ist die Braut? Eindeutig die Gemeinde! Sie ist es nämlich, in der der Heilige Geist wohnt. Und der Heilige Geist ist es, der durch die Gemeinde die Welt evangelisiert und zu Jesus ruft. Im vorhergehenden Vers (Offb 22,16) wird wortwörtlich von der Gemeinde gesprochen.
Die Offenbarung Jesu Christi ist ein Buch an die Gemeinde (Offb 1,19-20; 2,7; 22,16). In Offenbarung 19,6-9 wird die Hochzeit des Lammes beschrieben: «Lasst uns fröhlich sein und jubeln und ihm die Ehre geben! Denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen, und seine Frau hat sich bereit gemacht» (V 7). Die Frau des Lammes ist also die teuererkaufte Gemeinde (1.Petr 1,18-19). Sie ist zuvor vom Bräutigam ins Vaterhaus heimgeholt worden (Joh 14,1-3), was der Entrückung entspricht. Und nun findet die Hochzeitszeremonie im Himmel statt.
Nach der Hochzeit des Lammes kommt der Herr Jesus mit Seiner Braut aus dem Himmel zurück, um das Hochzeitsmahl zu feiern. Vergleichen Sie dazu Offenbarung 19,9. Darum sagt Jesus den Juden Seiner Zeit vorausschauend: «Seid Menschen gleich, die ihren Herrn erwarten, wenn er von der Hochzeit aufbrechen wird, damit, wenn er kommt und anklopft, sie ihm sogleich auftun» (Lk 12,36). Hier kommt der Bräutigam von Seiner bereits vollendeten Hochzeit nach Israel zurück.
Auch Matthäus 9,15 tönt an, dass nicht Israel im jetzigen Zeitalter die Braut ist, sondern die Gemeinde: «Jesus sprach zu ihnen: Können die Hochzeitsgäste trauern, solange der Bräutigam bei ihnen ist? Es werden aber Tage kommen, da der Bräutigam von ihnen genommen sein wird, und dann werden sie fasten.» Jesus spricht hier zu den Jüngern des Johannes, die eindeutig als zu Israel gehörend betrachtet werden müssen, da es die Gemeinde Jesu zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gab. Jesus spricht sie als Hochzeitsgäste und nicht als Braut an.
Zusammenfassend: Im Alten Bund ist Israel das Weib Jahwes, im Neuen Bund ist die Gemeinde die Braut des Lammes. Gott ist in Seiner Person als Jahwe der Ehemann Israels, aber als Gott in der Person Jesu ist Er der Bräutigam der Gemeinde. Es handelt sich dabei nicht um einen Widerspruch, sondern um eine Erweiterung.
Quelle: Zeitschrift Mitternachtsruf, September 2006, Seite 18