Antwort A
Beide Gleichnisse, das von den zehn Jungfrauen und das von den anvertrauten Talenten, stehen im engsten Zusammenhang. Im ersteren handelt es sich um den Seelenzustand und im nächsten um den Dienst. Nach Seiner Verwerfung und nach vollbrachter Erlösung ging der Herr Jesus außer Landes. Bei diesem Weggang hinterließ Er Seine Habe den Knechten. Es sind dies Menschen, welche den Herrn Jesus als ihren HERRN anerkennen, „bekennende Christen”. Der HERR rechnet damit, dass Seine Knechte die Talente, d. h. die Gaben, die der Gnade und der Erkenntnis, welche von Ihm geschenkt sind, in Treue verwalten. Es handelt sich nun darum, ob wir uns leichtfertig über den HERRN und Sein Wort hinwegsetzen und menschliches Handeln an dessen Stelle setzen, oder ob wir als Wartende handeln, bis Er kommt. Es ist hier also die persönliche Treue im Dienst gemeint, und es tritt dann in Erscheinung für den einzelnen, was der HERR in Lk. 12,47 sagt. Die harte Strafe ergibt sich daraus, weil wir für jede neue Erkenntnis und für jede neu anvertraute Gabe, was mit „Talenten” gleichbedeutend ist, verantwortlich sind, und weil ein Nicht-Wuchern gleichbedeutend mit Untreue, ja mit Unglauben ist. Wir sehen, dass der ungetreue Knecht gar nicht an die Güte und Liebe seines HERRN glaubt, deshalb kann für ihn, was Joh. 3,36 in der ersten Hälfte gesagt wird, nicht gelten. Sein Handeln ist ein Verharren im Unglauben und eine Verunehrung seines HERRN, und ihm geschieht demgemäß. So sehen wir, wie Gaben Aufgaben in sich schließen und wie uns Erkenntnis verantwortlich macht.
Natürlich ist nicht alles, was unter der Flagge Reichsgottesarbeit segelt, unter das Werk des HERRN zu rechnen, vielmehr gibt es auch hier eine scharfe Scheidung und ein Ausgehen aus dem sogenannten religiösen System. Hier ist das Wuchern gleichbedeutend mit dem Aufrechterhalten des Zeugnisses, das uns von dem HERRN überliefert ist, und dieses Zeugnis wurde von den ersten Christen Apg. 2,42 zum Ausdruck gebracht. Dort haben wir die Grundpfeiler der Wahrheit. - Wir sehen also: der unnütze Knecht hatte Erkenntnis, handelte aber in Untreue und bekam Strafe für seine Untreue. Möge für uns alle einst gelten, was der HERR Mt. 25,23 sagt! Darum lasst uns treu sein, bis Er kommt!
Ph. W.
Antwort B
Der HERR spricht vom Reiche der Himmel und hat eben vorher an den zehn Jungfrauen gezeigt, dass es im Reiche der Himmel auch solche geben werde, die nicht den Geist Gottes - und somit auch nicht Leben aus Gott -, sondern nur das äußere Bekenntnis haben. Nun zeigt Er in dem Gleichnis von den Knechten, dass alle, die das Bekenntnis haben (auch wenn dieses nur ein äußerliches ist), infolge desselben in ein Verhältnis der Verantwortlichkeit Ihm gegenüber getreten sind: sie sollen Ihm dienen, für Ihn wirken, und haben darüber einst Rechenschaft zu geben. In dem Gleichnis haben wir Knechte, die für ihren HERRN tätig sind, und zwar zwei, um die Verschiedenheit in dem Anvertrauten und den Fähigkeiten zu zeigen, und einen Knecht, der nichts für seinen HERRN tut. Die, welche tätig waren, bewiesen durch ihre Tätigkeit, dass sie ihren HERRN kannten: sie wußten, dass dies Seinem Willen entsprach, und wußten auch, dass Er ein gütiger HERR war, der die Treue schätzte und belohnte. Sie stellen die Gläubigen dar. Anders ist es mit dem unnützen Knechte. Er kannte seinen HERRN nicht, wie die V. 24 und 25 deutlich zeigen - er wußte weder Seinen Willen, noch kannte er Seine Güte - und war nicht tätig für Ihn, obgleich auch Ihm etwas anvertraut war. Das ist der bloße Bekenner, der den HERRN nicht kennt, also nicht „an den Sohn glaubt” und daher auch nicht „ewiges Leben hat” (Joh. 3,36). Daraus erklärt sich auch die Strafe in V. 30.
Das Verbergen des Talentes in der Erde ist das Beiseitestellen des Wirkens für den HERRN um des Irdischen willen. Das „Wuchern” (Handeln mit den Talenten) ist das Wirken für den HERRN mit den Gaben und Fähigkeiten, die Er einem jeden anvertraut hat.
Th. K.
Anmerkung des Herausgebers
Der Satz des Fragenden „da doch auch für ihn Joh. 3,36 gilt” lässt darauf schließen, dass derselbe gemeint habe, weil von „Knechten” die Rede ist, so seien nur Gläubige, wahrhaft Bekehrte gemeint, etwa weil z. B. Paulus oft von sich als Knecht rede. Aber es kommt stets auf den Zusammenhang an, in dem solch Wort gebraucht ist. Das Wort „Knecht” besagt im Grunde nichts weiter, als dass der, der diese Bezeichnung trägt, sich in einem Abhängigkeits- und Verantwortlichkeitsverhältnis befindet, und der jeweilige Zusammenhang zeigt, ob Gläubige oder Ungläubige gemeint sind. In diesem Gleichnis Mt. 25 sowie in dem verwandten Gleichnis in Lk. 19 sind zweierlei Klassen von Knechten beschrieben: treue und untreue. Die treuen kennzeichnen sich durch ihr Verhalten ohne weiteres als Gläubige, der untreue wird bei der Arbeitsberichterstattung der Knechte und der Abrechnung offenbar als ein leerer Bekenner ohne Leben und ohne Kraft. Sein Wort: „ich kannte dich, Herr, dass du ein harter Mann bist,” zeigt zur Genüge, wes Geistes Kind er ist! Kann ein wahrhaft Bekehrter von seinem HERRN als von einem harten Mann sprechen?! Aber er wird offenbar! Wohl ist ihm etwas anvertraut, wie den heutigen Namenschristen allen, aber diese Menschen gehen nicht damit um, als wären sie dafür verantwortlich, sondern verschleudern das Anvertraute oder mißachten es und stützen sich dabei auf ihr menschliches Wissen über Gott. Schrecklich wird einst das Gericht über die selbstgefällige, Gott und Sein Wort verachtende Christenheit sein, der so viel anvertraut ist, z. B. in Deutschland schon seit so langer Zeit die Bibel in der Muttersprache. Mußte es erst zu der Heimsuchung eines Krieges kommen, um wenigstens bei etlichen Deutschen die Sehnsucht nach dem Worte Gottes wieder zu erwecken? -Herrlich aber auch wird der Lohn der scheinbar geringfügigsten wirklich für den HERRN getanen Arbeit sein, das schwächste Wuchern mit den anvertrauten Talenten der Erkenntnis und der geistigen und leiblichen Arbeitskräfte. Dass wir nur wirklich arbeiten für Ihn, wir Gläubigen! Im Dienst für Ihn verwerten, was Er uns gab! Treu im Kleinen, hingebend im Großen!
Was alles zum Wuchern gehört? Bruder, Schwester, alles in unserem Leben, was hervorgerufen durch Seinen Geist und Seine Gnade (vergl. Gal. 5,25 und 2. Kor. 9,8) uns befähigt, Ihm und Seinem Werke in uneigennütziger Liebe - ein rechter Knecht arbeitet nicht für sich, sondern für seinen Herrn! - zu dienen um Seiner Ehre willen. Und nicht auf das äußerliche „Wieviel” kommt es an, sondern auf das innere „Wie” der Tätigkeit für Ihn. Und das Urteil über unsere Arbeit und die anderer gebührt nicht uns, sondern Ihm an Seinem Tage (1. Kor. 4,1-5).
Längst nicht alle sogen. Reichsgottesarbeit ist Wuchern im Sinne der Schrift! Vieles geschieht leider aus Menschengefälligkeit, nach menschlichen Plänen, in mehr oder weniger bewußtem Widerspruch gegen das Wort der Wahrheit und aus anderen unklaren oder schriftwidrigen Beweggründen heraus. Es ist aber nicht unsere, der Knechte, Sache, andere, deren Erkenntnis hierin mangelhaft ist, richtend zu verurteilen, doch sollte jeder Gläubige „beurteilen”, „prüfen, was der gute, wohlgefällige und volkommene Wille Gottes” (Röm. 12,2) mit ihm ist, damit er mit den ihm anvertrauen Talenten - und jedem sind solche anvertraut! - so wuchert, dass es zu des HERRN Freude ist! Und Er verleugnet nie Seine Grundsätze, die Grundsätze Seines Wortes (vergl. Off. 3,8). Andererseits weiß auch nur Er, welches Wuchern rein für Ihn gewesen ist nach der Maßgabe der Erkenntnis des Handelnden, und da „Seine Augen auf die Treue gerichtet sind” (Jer. 5,3a), so wird Er keinen wirklich für Ihn gewirkten Dienst je vergessen. Gelobt sei Er dafür! „Handelt, bis Ich kommen (Lk. 19,13.)