Der ungerechte Haushalter und die ewigen Hütten

Wie konnte der Herr den ungerechten Haushalter loben, und wie kann man in die ewigen Hütten aufgenommen werden durch den Mammon? (Luk. 16,1-12.)

Antwort A

Die einfache Lehre des Gleichnisses von dem ungerechten Haushalter bietet durchaus keine Schwierigkeit. Sie ermahnt uns, die Gegenwart zu benutzen im Blick auf die Zukunft; jetzt zu handeln im Lichte der Ewigkeit. Aber die wirkliche Schwierigkeit liegt darin, zu erkennen, wie das Verhalten des Haushalters bei seiner Entlassung das Lob seines Herrn hat bekommen können. Der Plan, den er verfolgte, scheint bei oberflächlicher Betrachtung richtiger Betrug gewesen zu sein, gegen den die Pächter seines Herrn hätten Einspruch erheben sollen, wenn sie ehrliche Leute gewesen wären. Wie konnte also dieser unehrliche Plan die Billigung jenes Herrn erhalten? Unsere Verlegenheit entsteht wahrscheinlich daraus, dass wir die genauen Beziehungen nicht verstehen, die zwischen dem Besitzer des Guts und seinem Haushalter sowie den Schuldnern bestanden, deren gesetzliche Verpflichtungen er so großmütig, aber ungerecht verminderte. Ich sage „ungerecht”, denn so scheint es uns. Aber man sollte sich daran erinnern, dass es für den Eigentümer einer großen Besitzung, der nicht geneigt war, sich mit deren Verwaltung selbst zu belasten, eine gewöhnliche Sache war, diese Verwaltung den Händen eines Agenten oder Verwalters zu überlassen, der sie nach seinem eigenen Ermessen betrieb. Alles, was dieser zu tun hatte, war, dass er dem Eigentümer alljährlich eine festgesetzte runde Summe ablieferte, und solange er dies tat, pflegte der Herr sich nicht um Einzelheiten zu kümmern. Der Haushalter bekam kein Gehalt, sondern es wurde angenommen, dass er das Grundstück so verwaltete, dass es mehr als das veranschlagte Einkommen einbrachte; und was über das von dem Eigentümer für sich Festgesetzte hinaus einkam, gehörte dem Verwalter. Derselbe Grundsatz galt für die Zolleintreibung. War nun der Verwalter ein Erpresser, so ist leicht einzusehen, dass er den Pächtern harte Bedingungen aufzwang, die zur übermäßigen Ausnutzung und schließlichen Schädigung des Gutes führten, obwohl es vorläufig noch dem Eigentümer das gleiche Einkommen abwarf. Aber die Kunde von dem bedrückenden Verhalten des Haushalters kam seinem Herrn zu Ohren, und es ward ihm gekündigt. „Was soll ich tun?” sagt er zu sich selbst. Er geht zu den Pächtern, von denen er zu seiner eigenen Bereicherung übermäßige Pacht verlangt hatte und vermindert diese auf ihr gerechtes Maß. Darunter litt das Einkommen seines Herrn nicht im mindesten, im Gegenteil: das Grundstück wurde wiederum im Werte gehoben. Durch solche Mittel durfte der Haushalter hoffen, die Gunst seines Herrn wiederzugewinnen und sich bei den Pächtern beliebt zu machen für den Fall, dass er seine Verwalterschaft niederlegen mußte. Dieses kluge und gerechte Verfahren lobte sein Herr.

Wenn es richtig ist, das Gleichnis in diesem Lichte zu betrachten, so verursacht die Billigung des Verfahrens seines Haushalters seitens des Besitzers keine Überraschung; sie war recht und natürlich.
A. „S. T.”, übersetzt von Prof. H.

Antwort B

a) „Der Herr” hier ist gar nicht Jesus (kyrios), sondern der Herr des ungerechten Haushalters, wie die französische Übersetzung „le maître” und nicht „le Seigneur” hat, und wie auch klar aus V. 9 zu sehen ist: „Und auch Ich sage euch!” - Hier haben wir also zwei Kinder dieser Welt, von denen der eine dem anderen lobend zuruft: Du bist aber schlau! - und erst V. 9 spricht Jesus Seine Ansicht aus.

b) Ungerecht ist ja der Mammon. Es gibt nicht ein Stück Geld, an dem nicht Unreines klebt, und wenn auch noch so verdeckte Ungerechtigkeit; weshalb Jesus nie Geld in die Hand genommen zu haben scheint (vgl. Seinen Auftrag an Petrus, Mt. 17,27, und „weiset Mir die Zinsmünze!”). Der macht sich Freunde für den Himmel mit dem ungerechten Mammon, der mit seinem Geld Kinder Gottes, Missionare, Prediger usw. unterstützt. Er ist derjenige, der nur ein Pfund empfangen hat und es den Wechslern hätte geben sollen, statt es zu vergraben. Die Wechsler sind diejenigen, die es verstehen, mit diesem Geld Gottes Werk zu treiben.

c) Die richtige Übersetzung des Folgenden ist (siehe Elberf. Übersetzung): „Auf daß, wenn er (der Mammon) zu Ende geht (d. h. euch im Tode verläßt), ihr aufgenommen werdet in die ewigen Hütten.
Prof. B....x.

Antwort C

Der Herr lobte den ungerechten Haushalter, weil er klug gehandelt hatte. Der Zusatz: „Denn die Söhne dieser Welt sind klüger als die Söhne des Lichts gegen ihr Geschlecht” ist besonders zu beachten. Der HERR sagt dies Gleichnis zu Seinen Jüngern, den Söhnen des Lichts. Der Verwalter und sein Herr stellen wohl die Kinder der Welt dar. Der Verwalter machte sich die Kinder der Welt zu Freunden; er tat es im Blick auf die Zukunft.

So soll auch der Jünger Jesu sich mit den ihm für jetzt gelassenen Weltgütern Freunde machen, er soll den gegenwärtigen Vorteil dem zukünftigen opfern. Das nachfolgende Gleichnis vom reichen Mann und armen Lazarus öffnet uns das Verständnis hierfür. Der reiche Mann hatte nichts für den ewigen Zustand, wo die Güter dieser Welt völlig wertlos sind. In dieser Zeit hatte er das Gute genossen, hatte aber den Armen verachtet (vgl. Jak. 2,6; 5,1-6). In den ewigen Hütten ist der Mammon ausgeschlossen; er kommt hier in der Zeit zu Ende. Es ist auch nicht gesagt, dass man durch den Mammon aufgenommen wird, sondern man soll aufgenommen werden, wenn er zu Ende geht. Möge der HERR den Seinen Gnade schenken, die ihnen noch gelassenen Reichtümer dieser Welt im Interesse der Besitzlosen unter den Kindern Gottes zu verwenden, denn es wird vergolten werden in der Auferstehung! (Lk. 14,13.14.)
A. B.

Antwort D

Um verstehen zu können, wie der Herr des ungerechten Verwalters diesen loben konnte, ist es notwendig, zu erkennen erstens, was unser HERR in dem Tun des ungerechten Verwalters uns lehren will, und zweitens, wen der Herr des ungerechten Verwalters darstellt.

Das Tun des ungerechten Verwalters in V. 6 u. 7 erscheint uns ungerecht und daher nicht lobenswert. Aber es kommt hier nicht auf die Rechtsfrage an, sondern darauf, dass der ungerechte Verwalter für die Zeit nach seiner früher oder später bestimmt eintretenden Enthebung von der Verwaltung für sein Wohl besorgt war, und dass er während der bis dahin noch übrigen Zeit den Schuldnern seines Herrn - also Armen, Hilfsbedürftigen - mit dem seiner Verwaltung anvertrauten Gut seines Herrn wohltat. Das ist der Mensch, der erst mit dem ihm anvertrauten Irdischen untreu war und sich selbst lebte (V. 1), dann aber, nachdem er durch Gnade zur Erkenntnis der Vergänglichkeit dieses Lebens und seiner Verantwortlichkeit Gott gegenüber gekommen ist (V. 2 und 3) und „ein weises Herz erlangt” hat (Psalm 90,12), für sein ewiges Wohl besorgt ist (V. 3 und 4) und, nicht mehr sich selbst lebend, das ihm anvertraute irdische Gut dazu verwendet, armen, hilfsbedürftigen Mitmenschen wohlzutun (V. 5-7). So handelt er „klug” (V. 8).

Der Herr des Verwalters aber ist Gott, dem der Mensch einmal „Rechnung von seiner Verwaltung ablegen” muss (V. 2) und dem es wohlgefällt, wenn der Mensch „klug handelt”, indem er für sein ewiges Wohl Sorge trägt und das Irdische zum Wohltun verwendet. Das entspricht Seinen Gedanken und Seinem liebenden Herzen. „Des Wohltuns aber und Mitteilens vergesset nicht, denn an solchen Opfern hat Gott Wohlgefallen (Hebr. 13,16)”.

Hieraus sehen wir, wieso das, was der ungerechte Verwalter tat, seinem Herrn wohlgefiel und dieser ihn loben konnte. Zugleich aber beantwortet sich aus Vorstehendem in Verbindung mit den Versen 9-13 auch die weitere Frage, wie man in die ewigen Hütten aufgenommen werden kann durch den Mammon. Das Aufnehmen geschieht zwar nicht darum, weil wir den Mammon aufgeben und mit demselben Gutes tun - also, wie wir wissen, nicht auf Grund unserer Werke. Jedoch durch das Aufgeben des Mammons und Gutestun mit demselben beweisen wir, dass wir das besitzen, auf Grund dessen wir aufgenommen wenden: den Glauben in Übereinstimmung mit Jakobus 2,14-26, wo gesagt ist, dass der Glaube ohne die Werke tot ist und daher die Werke als Beweis des lebendigen Glaubens vorhanden sein müssen. Möchten wir durch Gnade persönlich auch „im Geringsten treu” sein zur Verherrlichung unseres HERRN!
Th. K.

Antwort E

Der HERR richtet dies Gleichnis an Seine Jünger, nicht an die Welt. Er will zeigen, dass wir die uns anvertrauten Güter im Lichte der Ewigkeit gebrauchen sollen, damit, wenn wir unserer Verwaltung enthoben werden, uns Freunde und Schätze dort erwarten.

Der Herr, der den Verwalter lobt, ist der „gewisse reiche Mann” (V. 1.3 und 5, nicht der Herr Jesus). Im Unterschied zu diesem sagt der HERR V. 9: „Und Ich sage euch.
Wie der Verwalter dort, so sind auch wir Verwalter der Güter unseres HERRN, und auch unsere Verwaltungszeit geht zu Ende. Das Leben, der Leib, die Gesundheit, Besitz, Gaben und Fähigkeiten sind Güter, die der HERR in unsere Hand gelegt hat. Wie gebrauche ich sie für die Ewigkeit? Sie sind nicht unser Besitz, aber Gott erlaubt uns, sie zu benutzen, uns Freunde damit zu machen, die uns dort einmal begrüßen werden.

Sicherlich können wir uns damit keine Aufnahme in den Himmel verdienen. Da gilt nur Gnade. Aber benutzen wir das uns Anvertraute, uns Freunde und unvergängliche Schätze in den Himmeln zu sammeln? (Lk. 12,33.) Paulus erwartete, Freunde dort zu finden. „Ihr seid unser Ruhm an dem Tage des Herrn Jesu” (2. Kor. 1,14 und 1. Thess. 2,19.20). Wir kennen uns dort wieder, und der Apostel freute sich im voraus auf das Wiedersehen derer, die durch die treue Verwaltung des ihm anvertrauten Gutes gesegnet waren. lasst uns mit den Gütern unseres HERRN, sei es Besitz oder Gaben und Fähigkeiten, nicht treulos handeln oder gar sie zur eigenen Verherrlichung benutzen!

Noch ein mir bekannter Fall aus dem Leben, der auch auf dies Gleichnis Bezug haben dürfte: Da ist ein Kind Gottes in sehr bescheidenen Verhältnissen. In Treue verwaltet es den anvertrauten Besitz für die Arbeit im Werke des HERRN. Da es alleinsteht in der Welt, sind ungläubige entfernte Verwandte die Erben. Es weiß, mit dem Tage des Abscheidens legt es das Anvertraute, worüber Gott ihm Verfügungsrechte gegeben, in die Hände der Welt zum Dienst der Eitelkeit und Sünde. Darum beschließt es, den Verwandten zu geben, was den Verwandten geziemt, und Gott, was Gottes ist.

Gehören solche Entscheidungen nicht auch zur treuen Verwaltung? Unser Leben hier unten ist mit dem Tode nicht ausgelöscht, wir finden es vor dem Richterstuhl Christi wieder. Was wirdann wünschen werden, getan zu haben, das lasst uns jetzt tun!
v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Die Schwierigkeiten, die die meisten Schriftforscher in diesem Gleichnis sehen, haben ihren Grund nur darin, dass einige springende Punkte des Gleichnisses nicht beachtet werden, und zwar folgende zum Teil schon berührte: a) dass nur der Herr jenes „Haushalters der Ungerechtigkeit” ihn lobt; b) dass Jesus nur jenes Verwalters Verhalten zum Vergleich heranzieht, nicht etwa es lobt; und vor allem c) dass Jesus in uns „Kinder des Lichts” sieht; das sind begnadigte Menschen! (Man beachte, dass Kap. 15, das Kapitel der freien Gnade Gottes, vorangeht, so dass Kap. 16 zeigt, wie ein Begnadigter wandeln soll hinsichtlich der vergänglichen Welt.) Wenn wir das Letztere in Betracht ziehen, so wird es von vornherein unmöglich, in 'V. 9 ein Seligwerden auf Grund guter Werke zu vermuten. Jesus vergleicht das Verfahren des Haushalters der Ungerechtigkeit mit dem der Kinder des Lichts (Kinder Gottes) und zieht aus jenem Folgerungen für dieses. Der Verwalter sorgte mit großer Umsicht für seine Zukunft, indem er mit vorzüglicher Menschenkenntnis sich die Schuldner seines Herrn zu Freunden machte. So sollten die Kinder des Lichts bezüglich ihres eigenen Geschlechts (der Kinder des Lichts) auch einsichtig, verständig verfahren mit der Verwaltung des Mammons im Blick auf die Zukunft. Selbstverständlich spricht der HERR nicht davon, dass die Freunde, die wir uns durch die rechte Verwaltung des „Fremden” zugunsten unseres Geschlechts machen, imstande wären, uns in den Himmel aufzunehmen, wenn Gott uns nicht hineinlassen wolle. Nein, wir sind ja schon begnadigt, und die Frage unserer ewigen Seligkeit ist längst bejaht. Aber es ist nicht einerlei, wie wir in den ewigen Hütten aufgenommen werden, ob als solche, die nicht treu (das erst ist in Wahrheit verständig!) umgegangen sind mit dem „Fremden”, die statt dessen völlig entblößt daheim ankommen, ohne dass „Freunde” sich auf ihr Kommen freuen, oder ob die uns aufnehmen, die wir uns zu Freunden gemacht haben, als es sich darum handelte, den irdischen Besitz nicht für uns allein zu verwalten, sondern zum Nutzen „unseres Geschlechts”.

Zu dieser Auffassung bitten wir Stellen wie 1. Tim. 6,17-19; Lk. 12,33; Tit. 3,14; 1. Kor. 7,31; Phil. 4,17 u. a. m. zu beachten! Erst dadurch, dass wir in Christo „zu Kindern des Lichts” geworden sind (Eph. 5,8), können wir den irdischen Besitz so auskaufen, dass dann, wenn Gott uns in die ewigen Hütten heimholt, „Freunde” da sind, die uns annehmen, statt dass wir ohne Freunde sind, wie der Haushalter der Ungerechtigkeit gewesen wäre, wenn er nicht verstanden hätte, sich Freunde zu machen.

Dass dies Gleichnis sicherlich zunächst Beziehungen hat auf Israel, das untreu mit den ihm anvertrauten Gütern umgegangen ist und seiner Verwaltung entsetzt ist, sei hier nur noch nebenbei bemerkt. Die Anwendung auf uns Christen („Kinder des Lichts”) ist uns hier wichtiger und zweckdienlicher, nämlich als eine praktische Ermahnung für unser gegenwärtiges Leben inmitten der Dinge der Ungerechtigkeit. „Übrigens sucht man hier an den Haushaltern, daß
einer treu erfunden werde
” (1. Kor. 4,2). Möchte jeder von uns allezeit und in allem als ein treuer Haushalter erfunden werden!


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 1 (1913)