Denn Gott gibt den Geist nicht nach Maß

Worauf bezieht sich in dem Zusammenhang von Joh. 3,25-36 der Endsatz von Vers 34: „denn Gott gibt den Geist nicht nach Maß“?

Antwort A

Der Schluß dieses dritten Kapitels des Ev. Joh. von V. 22-36 zeigt uns den Gegensatz zwischen der Stellung des Johannes und derjenigen Christi. Der eine ist der Freund des Bräutigams, der andere der Bräutigam selbst, der eine war, wie groß auch die ihm verliehene Gabe war, als „Stimme eines Rufenden” in der Wüste, um als Wegbereiter des HERRN zu dienen, doch nur ein Mensch von der Erde, er redete von irdischen Dingen (V. 31). Der andere, obwohl Mensch, war vom Himmel und redete, was Er gesehen und gehört hatte.

Wenn Jesus als Mensch auf der Erde redete, so redete Er die Worte Gottes. Jesus war der Sohn Gottes, vom Vater geliebt und in die Welt gesandt, und wer dem Sohn glaubte, empfing ewiges Leben. Johannes war von Mutterleibe an mit Heiligem Geist erfüllt, er hatte also ein Maß Heiligen Geistes empfangen, um den ihm von Gott zugewiesenen Auftrag zu erfüllen, er ging einher im Geist und der Kraft des Elias (Lk. 1,17). Jesus aber war voll Heiligen Geistes (Lk. 4,1), auf Ihm ruhte der Geist des HERRN (Jes. 11,2; Lk. 4,18) „nicht nach Maß”.
Meines Erachtens bezieht sich somit der Endsatz von Vers 34 auf den Herrn Jesum.
F. B.

Antwort B

Die Worte, mit denen die Jünger Johannes' infolge der Streitfrage über die Reinigung (V. 25) sich an Johannes wandten (V. 26), lassen erkennen, dass diese Jünger sich über die Person des Herrn Jesu und über das, was vor sich ging, trotz des von ihnen selbst erwähnten Zeugnisses des Johannes ganz im unklaren und in Zweifeln waren. Es klingt so etwas hindurch wie die Frage: Hat dieser denn das Recht, zu tun, was du tust - zu taufen? und zugleich etwas wie Neid darüber, dass nun alle zu diesem hingingen. Diese Worte geben Johannes Anlaß, die Rechte und die Herrlichkeit dieser wunderbaren Person zu verkünden und ein Zeugnis von dem Herrn Jesus abzulegen, das den Blick von ihm weg hin auf Ihn lenkt, um Seine Autorität, Seine Ansprüche, Seine Herkunft, Sein Zeugnis, Seine Beziehung als Sohn zum Vater und die entscheidende Folge der Stellungnahme zu diesem Sohne und Seinem Zeugnis vor Augen zu stellen. Der Endsatz des V. 34 steht in besonderer Weise in Beziehung zum Zeugnis des HERRN (s. V. 31b-34). Johannes sagt in V. 33, dass dieses Zeugnis Gottes eigenes Zeugnis ist, und in V. 34a, dass die Worte des Herrn Jesu Gottes eigene Worte sind. Er sagt damit, dass durch den Herrn Jesus Gott Selbst redet, also in der Person des Herrn Jesu Gott Selbst gegenwärtig ist. Aus dieser Tatsache geht das „denn” in V. 34b hervor. Johannes hatte ja gesehen „den Geist wie eine Taube aus dem Himmel herniederfahren und auf Ihm bleiben” (Kap. 1,32.33); er wußte, dass dieser Geist im Herrn Jesu wohnte und aus Ihm redete, und dass dieser Geist nicht eine Sache war, die zugemessen wird in größerer oder geringerer Menge, sondern eine Person ist, die dort, wo sie ist, ganz ist. „Gott gibt den Geist nicht nach Maß” - es handelt sich nicht um viel oder wenig Geist (niemals, auch nicht, wenn es heißt „voll Geistes”, sondern letzteres bedeutet, dass der Geist allein und völlig Raum hat, die Person völlig unter der Leitung und Wirkung des Geistes steht), sondern um eine Person, die entweder ganz da ist oder gar nicht da ist. So war der Geist in Seiner ganzen Fülle in dem Herrn Jesu - „nicht nach Maß” -, wie es in Kol. 1,19 heißt: „Denn es war das Wohlgefallen der ganzen Fülle, in Ihm zu wohnen.” Sein Leib war der rechte Tempel Gottes, und was Er redete, waren die wahrhaftigen Worte Gottes! Darum ist unserem Herzen so kostbar und wichtig, was Er gesagt hat! - Aber auch uns gibt Gott den Geist „nicht nach Maß”, auch in uns wohnt der Heilige Geist in Seiner ganzen Person. Wie kostbar und zugleich auch ernst für uns!
Th. K.

Anmerkung des Herausgebers

Sicherlich ist letzteres durchaus richtig: in uns wohnt diese heilige Person, wie unter vielen anderen Stellen 1. Kor. 6,19 bezeugt, woraus folgt, wie ernst es ist, wenn wir Ihn betrüben (Eph. 4,30). Aber dass Er in uns wohnen kann, ist erst die Folge der Verherrlichung Jesu, vorher war es nicht möglich (Joh. 7,37-39). - In unserem Verse 3,34b nun sehen wir den gewaltigen Unterschied, der zwischen dem noch auf alttestamentlichem Grunde stehenden Wegbereiter des HERRN und diesem Selbst bestand, und zwar in ihrer (beiderseitigen) Menschheit. Nie im A. T. wohnte der Heilige Geist als Person dauernd im Menschen; den Propheten und anderen heiligen Männern wurde Er als Kraft und Leitung für Zeit und Auftrag gegeben (vergl. z. B. 2. Mose 31,1ff.; Richt. 3,10; 2. Sam. 23,2; Hesek. 11,5 und viele andere Stellen). Johannes war der letzte und größte von den alttestamentlichen Propheten (Mt. 11,11, vgl. Band 11, 1914, Fr. 20!), er leitete über in die neue Zeit, und ihm wurde dazu auch der Geist schon im Mutterleibe gegeben – dennoch, welch ein Unterschied zwischen ihm und dem (aus dem Geist gezeugten) Menschen Jesus Christus! Nicht zugemessen, d. h. für einen bestimmten Zweck und für eine Zeit dargereicht ward diesem der Geist, sondern ohne Maß wurde Ihm, dem Sohne vom Vater, dauernd („gibt”) alles in die Hand gegeben, so dass Er es weitergeben konnte! (vergl. V. 35.36 z. B. mit 10,28; 14,27 und 20,22.) Weil also der Geist als Person in Ihm wohnte in Seiner ganzen Fülle, deshalb war alles, was Er redete, tat und gab von ewiger, göttlicher Bedeutung - es war vollkommen! Herrliche Tatsache! - Möchten wir von Johannes, dem „Freund des Bräutigams”, lernen, „hocherfreut zu sein über die Stimme des Bräutigams”, wir, die wir zu der Braut gehören (vergl. Band III, 1915, Fr. 21!) und unserem himmlischen Bräutigam ewig zu eigen sind!


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 4 (1916)