Das Auge des Leibes Lampe

Wie ist Matth. 6,22.23 zu erklären, dass das Auge des Leibes Lampe ist, und was meint der Herr mit dem Ausruf „wie groß die Finsternis!“?

Antwort A

Der Herr braucht dieses Bild, um zu zeigen, wie gefährlich es ist, sein Herz an die vergänglichen Güter zu hängen und Schätze auf der Erde zu sammeln. Wem die Güter dieser Welt ein Schatz, also wertvoll sind, der hängt sein Herz daran, schenkt ihnen seine Liebe, sein Vertrauen und seine Hoffnung. Das Herz aber ist dasselbe für Seele und Geist des Menschen, was das Auge für den Leib. Wie das Auge das Sonnenlicht aufnimmt, und, wenn es gesund ist, für unsern Leib eine Lampe ist, welche alles um uns her ins Licht stellt, so ist unser Herz fähig, das Sonnenlicht der göttlichen Wahrheit aufzunehmen. Geschieht dies, so erkennen wir alles, Welt, Zeit und Ewigkeit im Lichte der göttlichen Wahrheit und sind imstande, die rechte Entscheidung zu treffen. Ist nun unser Auge krank, so nützt das Sonnenlicht ihm nichts, es ist doch alles finster um uns her. Ebenso geht's in unserm innern Leben. Wenn unser inneres Auge, unser Herz, einfältig, d. h. für Gott allein geöffnet ist, dann gibt uns Gott
die rechte Klarheit über alles: Über das Ewige und seinen Wert und über das Zeitliche und seine Nichtigkeit; wir sehen dann, wie herrlich Christus ist und unser Erbe in Ihm (Eph. 3,14-19). Wenn wir aber ein geteiltes Herz haben, wenn es böse, von Gott abgewandt ist, dann gewinnt das Böse, die Welt, die Finsternis Macht über uns; wir werden blind für die göttlichen Dinge; wir fallen der Finsternis des Unglaubens anheim (vgl. Joh. 3,19-21).
Chr. K.

Antwort B

Das Auge ist die Lampe, nicht das Licht. Das Auge ist nicht in sich selbst Licht. Das Wort, Christus, ist das Licht. Auge und Herz (Vers 21) sind nahe verbunden. Paulus bittet, dass die Augen des Herzens (Eph. 1,18) erleuchtet seien. Das Auge nimmt das Licht des Wortes auf, und der Leib wird Licht. Das Wort wird in unserm Leibe dargestellt (Phil. 2,16), wenn das Auge einfältig ist. Ein einfältiges Auge hat nicht zwei Dinge im Blick, sondern sieht einfach, ungeteilt. Es ist das ungeteilte Herz, dass Christus vor sich hat. Ein einfältiges Auge bewirkt, dass der ganze Leib Licht ist. Wenn Christus nicht in unserm ganzen Leibe zum Ausdruck kommt, so ist unser Auge nicht einfältig. Es ist eine scharfe, aber heilsame Prüfung.
Das böse Auge ist, im Gegensatz zum einfältigen Auge, doppelsichtig. Es ist das Herz, das zwei Herren lieben, das Gott und dem Mammon dienen will (Vers 24 und 25); der Leib ist finster. Ein moralischer Mensch mag gesehen werden, aber nicht Christus. Dann zeigt der Herr noch eine Stufe abwärts in Verbindung mit dem bösen Auge. Wenn das Doppelherz die zwei Herren vereinigen will, dann wird das Licht in uns zur Finsternis. lasst uns menschliche Weisheit mit der göttlichen Weisheit paaren: Philosophie und Christus, Evangelium und Gesetz zusammenfügen, und das uns gewordene Licht wird zur Finsternis werden. Das Licht an sich bleibt Licht, aber in uns wird das göttliche Licht zu einem Irrlicht verwandelt, es wird zur finstern Nacht. Wie furchtbar ist die Finsternis, wenn das Licht in uns, durch das böse Auge zersetzt, zur wirksamen Kraft des Irrtums, zur Lüge wird. Denken wir an die Irrlehren der katholischen Kirche und an gar manche Leiber und Körperschaften unserer Zeit, deren Licht Finsternis ist. „O Timotheus, bewahre das anvertraute Gut, indem du dich von den ungöttlichen eitlen Reden und Widersprüchen des fälschlich so genannten Wissens wegwendest, zu welcher etliche sich bekennend vom Glauben abgeirrt sind. Die Gnade sei mit dir!” (1. Tim. 6,20.)
v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Wir haben in diesen Worten Jesu ein Gleichnis mit Anwendung. Das Gleichnis umfaßt Vers 22-23a, die Anwendung Vers 23b. Das Gleichnis besagt folgendes: Durch das leibliche Auge wird dem ganzen Leib die Lampe, das notwendige Licht, gegeben, sowohl dazu, dass er sich bewegen kann, ohne zu fallen, als dazu, die Dinge um sich herum richtig zu erkennen und sich demgemäß zu verhalten. Mit einfältigen - in der Schrift ist dies Wort nur im guten Sinne gemeint! - Augen sieht man die Dinge auch einfältig und der Leib ist im doppelten Sinne licht: er selbst verhält sich richtig zu den Dingen, und auf andere macht er einen guten, normalen Eindruck. Wenn das Auge schlecht ist, so ist die Folge ein unsicheres, wie durch Dunkelheit hervorgerufenes Verhalten des Körpers, und der Eindruck ist der, und zwar je länger je mehr, dass der Leib selbst sich in Finsternis befindet. Das ist m. E. die Bedeutung des Gleichnisses, das auch wohl aufs geistliche Leben bezogen werden kann. Davon ausgehend macht der Herr eine tiefere Anwendung, und zwar nur nach ihrer negativen (verneinenden) Seite hin, wozu Er sich veranla ßt sieht durch Seine Worte (Vers 19-20). Das Licht in uns ist das Herz - als der Sitz der Erkenntnis Christi sowie der Liebe zu Ihm, woraus das praktische Leben folgt. Wenn das Herz verfinstert ist, d. h. die Erkenntnis Christi verdunkelt ist und die Liebe zu Ihm fehlt (statt dessen die Welt das Herz ausfüllt), dann wird das ganze Leben verfehlt sein. Wenn die Beweggründe zum Leben unrein sind, so ist das Leben unrein, gemein. Wenn die Lebenstriebe aus einer andern Quelle fließen als aus dem Worte Christi, des wahren Lichtes, dann wird das Leben Sünde und Schande, Widerspruch gegen Gottes Willen, Heuchelei, Selbstsucht, Unglaube usw. sein. Wie nötig ist es für uns, Christus und Sein Wort in unserm Herzen regieren zu lassen. Wie wichtig ist es, Sein Wort recht unser Herz durchleuchten zu lassen, damit nicht fremde Einflüsse unser Herz trüben und unser Leben schädigen! Das Licht in uns muss rein erhalten werden. Wird das, was eigentlich das Licht sein sollte für das Leben, Finsternis -, wie groß wird dann die Finsternis sein! Wenn das Herz finster ist und das Leben finster ist und der Sünde dient, so ist der Gesamteindruck, den ein solcher Mensch auf Christus macht, der einer einzigen großen Finsternis! Prüfen wir uns, ob wir im Lichte wandeln, wie Er im Lichte ist! (1. Joh. 1.)


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 1 (1913)