Antwort A
Man könnte diese Frage kurz und bündig mit „nein” beantworten, doch wäre damit dem Fragesteller wie auch den lieben Lesern dieser Schrift nicht recht geholfen, wenn nicht auch eine schriftgemäße Begründung mit dieser Verneinung verbunden würde. Sehen wir uns die Schriftstelle erst ein wenig näher an! Markus berichtet über die Berufung und Aussendung der Zwölfe und führt einige Worte Jesu dabei an, zu denen auch Vers 8 und 9 gehören. Denselben Vorgang finden wir irl Mt. 10,1-15 und Lk. 9,1-6 berichtet. Jesus sendet die zwölf Apostel, unter denen auch Judas der Verräter war, aus, das Reich Gottes (Lk. 9,2) oder das Himmelreich (Mt. 10,7) zu verkündigen. Zur Bestätigung ihrer Botschaft sollten sie Kranke gesund machen, Aussätzige reinigen, Tote aufwecken und Dämonen austreiben. Sie sollten das umsonst tun und dabei nach Mk. 6,8.9 nichts weiter bei sich tragen als einen Stab, keine Tasche, kein Brot, kein Geld im Gürtel, nicht zwei Röcke mitnehmen. Diesen Auftrag führen die Zwölfe dann auch aus und gehen nicht zu den Nationen oder Samaritern, sondern einzig und allein in die Städte Israels, zu den verlorenen Schafen aus dem Hause Israels. Nach Lk. 9,10 kamen die Zwölfe nach Erfüllung dieses Auftrages wieder zum HERRN zurück und berichten Ihm, wie große Dinge sie getan hätten. Jesus nimmt dann die Apostel zu Sich und geht mit ihnen allein in eine Einöde, die bei der Stadt Bethsaida lag. Es handelt sich also hier um einen besonderen Auftrag Christi an die Zwölfe, den wir nicht ohne weiteres auf alle Jünger Jesu und vor allem nicht auf alle Zeiten übertragen dürfen. Augenscheinlich sollten die Zwölfe, wie auch später die Siebenzig nach Lk. 10,1-20, dem HERRN Jesus als Wegbereiter dienen, sie sollten die Ankunft des Messias, des Königs vom Reiche Gottes, vom Himmelreiche, wie Herolde den verlorenen Schafen aus Israel verkündigen. Nun ist es eigenartig, dass die Apostel und besonders Paulus nach der Auferstehung Christi und nach der Ausgießung des Heiligen Geistes sich gar nicht an diese Einzelheiten des Befehles Christi hielten. Paulus trug nach 2. Tim. 4,13 auf seinen Missionsreisen nicht nur außer seiner sonstigen Reisekleidung einen Mantel, sondern er hatte auch Bücher und Pergamentrollen mit, die er im Dienste des HERRN benötigte. Das hätte Paulus nicht getan, wenn er sich strikte an diesen Auftrag des HERRN gehalten hätte. Es handelt sich also in jenen Stellen, zu denen Mk. 6,8.9 gehört, um einen besonderen Auftrag des HERRN an die Zwölf, der vorübergehende Geltung hatte und auch damals seine Ausführung fand. Würde heute ein Knecht Gottes z. B. kein Geld mit auf seine Reisen nehmen, dann käme er gar nicht durch, oft genug muss er gar sein Brot noch selber mitnehmen. Ohne Reisetasche geht es wohl zur Not, aber besser ist es, wenn man eine bei sich trägt. Auch ein zweiter Rock für den Dienst am Wort ist nicht zu verachten, wenn der Reiseanzug nicht mehr tadellos ist. Auch Apg. 11,27-30 zeigt, dass man sich imUrchristentum nicht an diesen Befehl Christi hielt.
A. C.
Antwort B
In Mt. 10 und Lk. 9 gibt der Herr Jesus Seinen Jüngern ähnliche Weisungen. Jeden, den Er, der HERR, bevollmächtigt, Seine Botschaft zu verkündigen, dem gibt Er auch eine gewisse Macht, und wie Er dort die einzelnen beruft und ihnen Macht gibt, Teufel auszutreiben und Kranke zu heilen, so gilt auch hier für alle die, welche Jesu Jünger geworden sind und in Seinem Namen und Auftrag die Botschaft des Heils verkündigen, dass sie als Gesandte ihres HERRN von Ihm mit Geistesmacht und Kraft ausgestattet sind, die ihnen gleichsam als Legitimation mit auf den Weg gegeben sind. Die mitfolgenden Zeichen bilden einen besonderen Gegenstand der Wege Gottes mit Israel und werden einst im Tausendjährigen Reiche auch wieder in Erscheinung treten, wenn einmal der Satan gebunden und der Mensch durch die Macht Christi befreit ist. (Vgl. Hebr. 6.) Ebenso sollten die Jünger in bezug auf ihre Bedürfnisse gänzlich von Dem abhängig sein, der sie sandte, das gegebene Gebot stand in Verbindung mit Dem, der ihnen die Zusage gegeben hatte, bei ihnen zu sein alle Tage, und fürdieses Zeitalter oder diese Haushaltung wollte Er auch allen ihren Bedürfnissen gerecht werden (Mt. 6,8). So stehen wohl alle diese Anordnungen, die hier der Herr Jesus gibt, mit Seiner Gegenwart als Messias, als Jehova auf Erden im Zusammenhang, was aber bei dem Weggang des Meisters aus dieser Welt eine gewisse Korrektur erfuhr (s. Lk. 22,35.36).
Deshalb gehen alle Boten Jesu heute in Abhängigkeit von ihrem Meister den Weg durch die ganze Welt als Zeugen von Seiner Gnade und Wahrheit. Sie handeln dabei gemäß Mt. 10,8: „Umsonst habt ihr empfangen, umsonst gebet!” und wie Paulus 1. Kor. 9,18: Äußerlich in der Welt, aber niemals von der Welt. Je abhängiger wir auch in dieser gegenwärtigen Zeit von unserem HERRN und Meister sind, desto gesegneter wird unser Zeugnis sein, und desto weniger werden wir in der Gefahr sein, der Menschen Knechte zu werden.
Dabei wird der HERR keinen Seiner Knechte Mangel leiden lassen, sondern auch da geben nach den verschiedenen Bedürfnissen.
Ph. W.
Antwort C
Außer in Mk. 6,8.9 finden sich ähnliche Anordnungen in den Stellen Mt. 10,9.10 und Lk. 10,4. Gelten nun diese Befehle auch heute noch wörtlich für des HERRN Jünger, wenn sie in Seinem Auftrage das Evangelium verkündigen?
Die Antwort auf die Frage steht in Lk. 22,35ff. und lautet: „Und Er sprach zu ihnen: Als Ich euch ohne Börse und Tasche und Sandalen sandte, mangelte euch wohl etwas? Sie aber sagten: Nichts. Er sprach nun zu ihnen: Aber jetzt, wer eine Börse hat, der nehme sie und gleicherweise auch die Tasche ...”, diese Worte sprach der HERR vor Seiner Leidenszeit. Hier ist aber eine Änderung betreffend der Ausrüstung für den Missionsdienst. Diese war nötig, denn der HERR war im Begriffe, diese Erde sichtbarlich zu verlassen. Das Reich der Himmel unter der Person des Königs war mitten unter dem Volke Israel (Lk. 17,21; Elb. Üb.) sichtbarlich. Mit dem Anbruch des Tausendjährigen Reiches tritt diese Zeit wieder in Erscheinung, wo das Volk Israel das Missionsvolk sein wird. (Sach. 14,8.9.) Da werden die Befehle in Mk. 6,8.9 usw. wieder gelten.
Für unsere Zeit aber gilt der Inhalt von Lk. 22,35ff.
C. L.
Anmerkung des Schriftleiters F. K.
Es zeugt nicht von tiefem Verständnis der Schrift, wenn man diese Schriftstellen auf den heutigen Dienst am Wort, die Verkündigung des Wortes vom Kreuz anwenden will, d. h. also, wenn man auf die Zeitperiode seit Pfingsten, seit wannen die Gemeinde Gottes gebildet wird, solche und ähnliche Worte, die nur auf Israel gehen, beziehen will. In dem mittelalterlichen, jedoch bis in die neueste Zeit hineinragenden Mönchstum haben wir solche buchstäbliche Anwendung, die in Wahrheit nur eine Karikatur der Schrift darstellt, selbst wenn die Absichten noch so gute gewesen sein mögen. Leider gibt es aber unter den wahren Gläubigen auch Richtungen, die derartige Vorschriften in gesetzlicher Weise anderen auf den Hals legen wollen. Solche kennen nicht die praktische Belehrung von Joh. 1,17 und haben nie gelernt, „das Wort recht zu teilen” (2. Tim. 2,15).
Wenn man freilich jene Stelle auf unsere Zeit anwenden zu sollen glaubt, dann geht es nicht an, Abschwächungen zu gestatten. Wenn es des HERRN Wille ist, dass Seine Boten diese Anweisungen beobachten, dann soll das ohne Einschränkung geschehen und dann kann es auch so sein, denn Er fordert nie etwas Unmögliches von den Seinen! (Phil. 4,13.)
Aber wie auch obige Antworten deutlich nachweisen, beziehen sich diese Anweisungen nicht auf die Zeitperiode der Gemeinde des HERRN, sondern auf Israel und dessen Eintritt in das Reich, d. h. das Königreich Jesu Christi, des Messias-Königs. Diesem Königreich und seiner Zeitperiode gehört sehr vieles in den Evangelien an (vgl. z. B. Frage 7 des Jahrbuchs!), auch die vor einiger Zeit gestellt Frage nach Mt. 10,5 im Vergleich zu 28,19 gehört in diesen Rahmen. Israel - das Reich und Nationen - die Gemeinde sind unbedingt zu unterscheiden (vgl. Eph. 2 u. 3!).
Die Predigt vom Reich, das nahe herbeigekommen war,erforderte eine solche Ausschließlichkeit in dem Angewiesenen auf den schon anwesenden König bezüglich aller äußeren Bedürfnisse, weil die Dringlichkeit der Predigt kein unnützes Sichbeschäftigen mit äußerlicher Versorgung zuließ. Der König war da - das genügte für Seine Boten, Er sorgte für sie! Auch war eine einmalige Ausrüstung ausreichend für den Dienst bis zur vollendeten Aufrichtung des Königreichs. (Dass es nicht dazu kam, war Israels, nicht des Königs und Seiner Boten Schuld: Jerusalem hatte „nicht gewollt”.)
Heute ist ein anderer unendlich viel anstrengenderer, langsamer wirkender, liefergrabender, auch in seiner völkischen Ausdehnung ungleich umfangreicherer Seelendienst zu tun, um Sünde und Gnade, Tod und Leben, Knechtschaft und Befreiung usw., kurz, das Evangelium der Herrlichkeit (2. Kor. 3) den Menschen vor Augen zu stellen und die, so Jesum Christum als ihren Retter und HERRN annehmen, als durch den Heiligen Geist der Gemeinde hinzugetan darzustellen, bis der HERR wiederkommt. Da sind auch andere Arbeitsanweisungen und Möglichkeiten unser Teil, wie ja schon in obigen Antworten gezeigt ist. (Lk. 22,35; Apg. 20,33-35; vgl. Apg. 24,26!)
Dass dennoch allgemeine geistliche Grundsätze und Unterweisungen aus obigen Stellen (wie aus allem, was die Evangelien enthalten) auch uns heute gelten, wie Abhängigkeit vom HERRN, Seine Sorge für uns, Genügsamkeit usw., das hat wie keiner Paulus selber bewiesen und gepredigt (z. B. 2. Kor. 6; 1. Tim. 6,6ff.; 2. Tim. 2,4 u. a.!). -Der HERR gebe uns allezeit Gnade, Seine Stimme zu verstehen, um einen Dienst, Ihm wohlgefällig, zu tun!