Antwort A
Brief Judas Vers 9 gibt keinen Anlass zu einer Annahme der Auferstehung des Mose; die Schrift schweigt, und wo die Schrift schweigt, müssen wir uns begnügen mit dem, was geschrieben steht.
Wir entnehmen dort nur, dass der Teufel mit dem Erzengel Michael stritt um den Leib Moses. Zu welchem Zweck er den Leib Moses haben wollte, steht nicht da. Wir wissen aber aus einer Stelle im Propheten Daniel, dass Michael, der Erzengel, für Israel eintrat, also gewissermaßen sein Schirm- und Schutzherr war: Dan. 10,13. Das 5. Buch Mose 34,5-8 gibt ebensowenig Anlass zur Annahme der leiblichen Auferstehung des Mose. Dort lesen wir: „Und Mose, der Knecht Jehovas, starb daselbst im Lande Moab nach dem Mund Jehovas. Er begrub ihn im Tale, im Land Moab, Beth-Peor gegenüber, und niemand weiß sein Grab bis auf den heutigen Tag.” Erst Judas sagt uns, dass Michael, der Erzengel, dabei war. 1. Kor. 15,20 steht geschrieben: „Nun aber ist Christus aus den Toten auferweckt und der Erstling der Entschlafenen”, ebenso Vers 23: „der Erstling Christus”. Sollte Mose vorher leiblich auferstanden sein, so ist 1. Kor. 15,20 hinfällig, und Christus war nicht der Erstling der Entschlafenen. Die Wahrheit des Wortes Gottes aber bleibt bestehen, also, dass Christus der Erstling ist, folglich kann Mose zum Zweck der Erscheinung auf dem Berge (mit Jesu in vorbildlicher Herrlichkeit des Tausendjährigen Reiches) nicht leiblich auferstanden sein.
Die Schrift schweigt vollständig darüber und gibt keine Berechtigung zur Annahme der Auferstehung des Mose, und menschliche Mutmaßungen dienen zu nichts.
F. B.
Antwort B
Jeder unbefangene Leser des Wortes Gottes wird zugeben müssen, dass die in der Frage liegende Annahme keineswegs der Schrift entnommen werden kann aus dem einfachen Grunde, weil sie mit keinem Worte die Auferstehung Moses erwähnt noch andeutet. Wir finden im Gegenteil, dass Christus ausdrücklich der „Erst ling” der Entschlafenen sowohl wie der „Erst geborene” aus den Toten genannt wird (1. Kor. 15,20.23; Kol. 1,18). Aus diesen nicht mißzuverstehenden Schriftworten geht klar hervor, dass vor Ihm kein Mensch zur Herrlichkeit auferweckt worden ist; obwohl wir im A. T. sowie auch im N. T. vor Christi Auferstehung einige Auferstehungen haben (vgl. „G. H.” Jahrgang 1914, Frage 2), beschränken sich dieselben ausnahmslos auf das Weiterleben im Fleische. Wir verstehen darunter, dass sie nicht den „geistigen”, sondern den „natürlichen” Leib hatten, d. h., dass ihr Leib noch dem Tode unterworfen war, was keineswegs der Fall sein wird mit dem Leibe der Herrlichkeit.
Es möchte hier zu unserer Belehrung nicht unerwähnt bleiben, dass wir stets klare und leicht verständliche Schriftstellen zur Erklärung von für uns dunklen und schwer verständlichen Schriftworten als Grundlage nehmen müssen, um großem Irrtum vorzubeugen. In scheinbar lehrreichen und tief mystischen Abhandlungen versucht der Mensch seine Meinungen zu verbreiten. Aber ein einziges Schriftwort zertrümmert sein auf Menschenmeinung gebautes Gebäude. Wie ernst ist dies alles! Leider habe ich die Entdeckung gemacht, dass die Vertreter der Irrlehre vom Seelenschlaf diese schriftwidrige Auffassung ganz besonders festhalten. Da sie nicht gewillt sind, ihre Meinung aufzugeben, sind sie ja gezwungen, diese irrige Auffassung als Stütze zu bewahren, selbst im Lichte der obigen Schriftstellen, dass Christus der „Erstling” der Entschlafenen ist. Auch im Evangelium Mt. 27,51-53 wird uns klar bezeugt, dass die Auferweckten erst nach der Auferweckung des HERRN aus den Grüften (mit der Gruft oder dem Grab ist immer nur der Leib verbunden) hervorgingen. Hier sehen wir, dass der Geist Gottes dies besonders hervorhebt, weil Christus der Erstling ist. „Der Erstgeborene aus den Toten, auf dass Er in allen Dingen den Vorrang habe” (Kol. 1,18). Bedarf es für den einfältigen Gläubigen noch mehr? Kann, ja will Ihm jemand den Vorrang in diesem streitig machen? Wenn in allen Dingen Er den Vorrang hat, warum nicht in der Auferstehung?
Ich bin überzeugt, dass kein wahres Kind Gottes die Herrlichkeit des HERRN verdunkeln möchte; und doch ist jeder große oder kleine Irrtum - wenn wir überhaupt so sagen dürfen - nichts anderes als ein offener oder verkappter Angriff des Feindes auf die Würde und Herrlichkeit der anbetungswürdigen Person unseres hochgelobten HERRN und Heilandes, welchem die Herrlichkeit ist in die Zeitalter der Zeitalter!
Im Lichte genannter Stellen bietet nach meinem Dafürhalten Mt. 17 keine Schwierigkeiten mehr. Gott brachte Mose - welcher abgeschieden im bewußten Zustand lebte, so wie jeder Abgeschiedene (s. Lk. 16,19-31; Hebr. 12,23; Off. 6,9-11 usw.) - in Erscheinung.
Was die Stelle in Judas betrifft, gibt das 5. Buch Mose 34,4-6 Aufschluß. Gott Selbst hatte Mose begraben. Es scheint, dass der Ort nach dem Willen Gottes verborgen bleiben sollte. Es ist vielleicht mit Recht gesagt worden, dass Satan versuchte, den Schleier zu lichten, den Gott über den Ort des Begräbnisses gebreitet hatte; darum der Wortwechsel zwischen dem Erzengel und Satan. Da Israel, was durch seine Geschichte bewiesen ist, dem Götzendienst zugeneigt war, wäre es aller Wahrscheinlichkeit nach durch Satan zum Götzendienst verführt worden, indem es den Ort sowie Mose selbst zu einem Gegenstand der Anbetung gemacht oder erhoben hätten. Wie gut ist Gott, wenn Er uns manches vorenthält, um uns zu bewahren, Ihn zu verunehren und uns zu beflecken.
Mögen die schwachen Ausführungen dazu dienen, dass wir nicht in der Gefolgschaft dessen gefunden werden, der zu lichten sucht, was Gott verborgen hat, und zu verdunkeln sucht, was Gott uns geoffenbart hat! Amen.
K. O. St.
Antwort C
Die menschliche Neugier beschäftigt sich gern damit, geheimnisvolle Dinge aufzuklären und in Dinge einzudringen, die Gott unserem Auge nicht erschlossen hat. Gott warnt uns vor der Philosophie in geistlichen Dingen, Kol. 2, 8 und 18. Lassen wir uns warnen! Weil Mose mit Elias auf dem Berge der Verklärung gesehen wurde, folgern einige, er müsse auferstanden sein, andere, er könne die Verwesung nicht gesehen haben usw. Solche Meinungen haben keinen Grund im Worte, sondern stehen vielmehr im Widerspruch mit der Schrift.
Mose starb und wurde zu seinen Völkern versammelt (5. Mose 32,50). Und die Schrift zeigt uns die entschlafenen Heiligen als die „Geister der vollendeten Gerechten” (Hebr. 12,23). Wenn sein Leib und Grab auch nicht gefunden werden und er auch sichtbar den Jüngeraugen erscheint - wie haltlos aber, daraus zu folgern, deshalb müsse er nun notwendig einen Auferstehungsleib gehabt haben und somit schon in dem Vollendungszustande nach Leib, Seele und Geist gewesen sein. Als ob Gott die Heiligen, welche noch von dem Leibe des Staubes getrennt sind, nicht vermöchte, sichtbar erscheinen zu lassen! Ist das etwas Großes für Gott?
Mose und Elias, obwohl noch nicht mit dem Herrlichkeitsleibe angetan, werden doch als lebende Männer auf dem Berge gesehen. Ebenso spricht der HERR von Abraham, Isaak und Jakob als von „Lebendigen” (Mt. 22,32; als Gott Sich ihr Gott nannte, hatten sie durch den Tod längst diese Welt verlassen). In ihrer Persönlichkeit werden Mose und Elias redend mit dem HERRN gesehen. Redend mit dem HERRN, der Selbst noch nicht durch den Tod gegangen war und noch nicht „Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht” hatte. Konnte das Verwesliche an Mose Unverweslichkeit anziehen, ehe Er Unverweslichkeit ans Licht gebracht hatte? Mußte Er (Christus) nicht der Erst geborene aus den Toten (Kol. 1,18; Off. 1,5), der Erst ling der Entschlafenen zuerst werden, ehe auch nur ein Leib der Niedrigkeit konnte umgestaltet werden zur Gleichförmigkeit des Leibes Seiner Herrlichkeit? (Phil. 3,21.) Konnte jemand den Herrlichkeitsleib in Auferstehung haben, ehe Er ihn hatte? Er muss in allen Dingen den Vorrang haben! (Kol. 1,18.) Sind solche Ausdrücke wie „Geistleiblichkeit usw.” für die noch nicht Auferstandenen besser als die Worte, die Gott wählt?
Wir lernen aus dieser und anderen Stellen der Schrift, dass mit dem Tode weder unsere Persönlichkeit noch unser bewußtes Leben aufhört. Will es der HERR, dass wir sollen dieser Welt entschlafen, so hören wir doch nicht auf zu leben. Wir betreten in unserer Persönlichkeit eine andere Welt. In dem reichen Mann in Lk. 16,23 zeigt uns der HERR, daß, wenn ein Mensch in dieser Welt sein Auge schließt, er es in jener Welt aufschlägt. Wir sind Geschöpfe, für zwei Welten bestimmt. Wesen, die mit zwei Welten verbunden sind und zwei Welten gleichsam in sich tragen. Das Irdische, der Leib, ist von der Erde, von Staub; das Geistige von Gott. Durch den Leib gehören wir der Welt des Staubes an, durch den Geist der Welt der Geister. Das Sichtbare und Vergängliche von uns verbindet uns mit der sichtbaren Welt, die vergeht; das Unsichtbare und Ewige von uns verbindet uns mit der unsichtbaren Welt und der Ewigkeit. Jeder Mensch ist ein Ewigkeitswesen. Der Leib mag in das Grab gelegt werden, die Persönlichkeit bleibt und lebt. Für die Welt und die Menschen dieser Welt sind wir tot oder schlafen, aber nicht für Gott noch für jene Welt und für die Personen jener Welt. Wir wechseln nur den Platz und gehen zu den Geistern der vollendeten Gerechten. Wir sind bei dem HERRN. Nicht in einem unbewußten Zustande - nicht schlafend. So wie wir Mose und Elias sehen (Lk. 9,31), redend, denkend, genießend - ein Leben bei Christus, das weit besser ist im Vergleich mit dem Leben auf der Erde (Phil. 1,23). Gewiß, noch nicht im Vollendungszustande. Dieser wird uns bei der Offenbarung Jesu Christi gebracht in der Auferstehung. Dann werden wir dort sein in einem Leibe gleichförmig dem Leibe Seiner Herrlichkeit. Bis dahin (in der Zeit zwischen dem Entschlafen und der Auferstehung) sind wir, unsere - meine Person - ich- lebend bei Christo. Der Apostel spricht von „ausheimisch sein von dem Leibe”. Wer ist das, der ausheimisch ist? Das ist meine Persönlichkeit - ich - die Person, die bleibt, und von der gesprochen werden kann als „ausheimisch von dem Leibe”. Dieser Zustand des Ausheimischseins von dem Leibe ist für den Gläubigen nichts anderes als „einheimisch sein bei dem HERRN” (2. Kor. 5,8).
Das bewußte Leben der Person ohne Leib ist für den Verstand eine Schwierigkeit, aber nicht für den Glauben. So wurden Mose und Elias auf dem Berge der Verklärung gesehen. Aber man möchte fragen: Wie war es möglich, dass sie so von den Jüngern gesehen und wahrgenommen werden konnten? Antwort: Sie wurden nicht gesehen von den Jüngern unten, sondern nur von den drei Jüngern oben, von denen, die (im Bilde) die Welt unten verlassen hatten. Unsere Augen können nicht immer und auch nicht alles sehen. Das Sehen ist ganz von dem Lichte abhängig. Die besten Augen können ohne Licht (im Finstern) nicht sehen, und auch je nach dem Licht sehen wir verschieden. In anderem Lichte sehen wir auch anders; z. B. im Sonnenlicht können wir nicht sehen, was wir im Röntgenlicht sehen. Im Sonnenlicht können wir die Haut unseres Leibes sehen - im Röntgenlicht den Knochenbau unseres Leibes. Es hängt vom Lichte ab, was und wie wir sehen. Es war Nacht, als die Jünger auf dem Berge waren. (Sie kamen am folgenden Tage vom Berge herab. Lk. 9,37.) Was die Junger dort sahen, war nicht in dem Lichte dieser Schöpfung, sondern in dem Lichte der Herrlichkeit. Kein erschaffenes Licht leuchtete ihnen dort. Ihre Leuchte war das Lamm (Off. 21,23). Sein Angesicht leuchtete wie die Sonne (Mt. 17,2). In dem unerschaffenen Lichte sahen und erkannten sie Mose und Elias. Das war keine Entzückung, keine Vision, völlig wachend sahen sie. Es war „ein Gesicht” (Mt. 17,9) im Lichte einer anderen Welt und zugleich von einer anderen Welt - der zukünftigen Welt. Sie sahen Menschen in einem anderen Leben, als worin sie lebten. Sie sahen dort das zukünftige Reich und die Majestät des Herrn Jesu Christi (Mt. 16,28 und 2. Petr. 1,16-18).
v. d. K.
Anmerkung des Herausgebers
Welch köstliche Antworten haben wir hier vor uns! Gepriesen sei der HERR dafür! Wir denken, dass aufrichtig sich unter das Wort beugenden Gläubigen diese Antworten wenigstens darüber Klarheit geben werden, dass an Auferstehung des Mose nicht gedacht werden kann, solange Christus, der Erstling, nicht auferstanden war. Uns hat diese eine Erwägung in jener Zeit, wo wir uns ernstlich mit der Stelle beschäftigten, genügt, um dem Gedanken an eine vorherige Auferstehung nicht Raum geben zu können.
Vielleicht ist der Wortlaut der Geschichte in Lk. 9, insbesondere V. 31, der Anlass für viele, an die vorherige Auferstehung des Mose zu denken. Es heißt dort: „Sie erschienen in Herrlichkeit.” Bringt man diesen Ausdruck zusammen mit 1. Kor. 15,43: „Es wird auferweckt in Herrlichkeit”, so kann man auf den Gedanken kommen, es handle sich hier in Lk. 9,31 um Auferstehungsherrlichkeit. Aber dieser Gedanke ist doch eben nur möglich beiÜbersehung der Tatsache, dass Christus der Erstling sein muss (1. Kor. 15,23). Wir fragen: Hat Gott denn nur Auferstehungsherrlichkeit mitzuteilen? Wenn schon Sonne, Mond und Sterne verschiedene Arten von Herrlichkeit haben (1. Kor. 15,41), sollte dann Gott den Seinen, die entschlafen sind und deren Geister bei Ihm sind, für einen besonderen Zweck, den Zweck einer Erscheinung und Unterredung mit dem verherrlichten HERRN, nicht eine besondere Herrlichkeit zuteil werden lassen können?! Übrigens braucht man das Wort „in Herrlichkeit” gar nicht mit ihnen in Verbindung zu bringen, wie uns V. 32 zeigt. Es war Seine Herrlichkeit, in der auch sie erschienen. - Lassen wir uns belehren durch das Wort, in allen Dingen, Ihm zur Ehre!