Antwort A
Auf alle falschen Propheten und falschen Christi, die vor der Erscheinung Christi auftraten und verführten. In jenen Tagen der ersten Erscheinung Christi waren in Israel viele, die auf den Trost Israels warteten, auf den Messias. Sie hatten beim Studium der Propheten herausgefunden, wo (Mt. 2,3-5) und wann (Gal. 4,4) Christus geboren werden sollte. Auch Verführer hatten sich die Zeit voll gespannter Erwartungen zunutze gemacht und traten mit dem Ansinnen auf, der Messias zu sein. So wird uns Apg. 5,36.37 durch Gamaliel mitgeteilt, dass ein gewisser Theudas 400 Anhänger gesammelt hätte. In den Tagen der Schätzung (Lk. 2,1-5) trat ein gewisser Judas aus Galiläa auf, der auch viel Volks als Anhang gewann. Beide Männer sind jedoch elend zuschanden geworden, und ihr Anhang ist zerstreut. Beide haben sich als Diebe und Mörder ausgewiesen. Die wahren Schafe des guten Hirten haben ihnen nicht gehorcht.
Sinngemäß findet das Wort auch Anwendung auf alle falschen Propheten und falschen Christi, die nach der ersten Erscheinung Christi auftraten.
A. C.
Antwort B
Der Herr Jesus will sagen, dass alle die Hirten, die durch eine andere Tür denn durch Ihn in den Schafstall eingedrungen und das Führeramt an sich gerissen hätten, seien es Propheten der Vergangenheit oder die damals gegenwärtigen aufgeblasenen Pharisäer, Sadduzäer und Essäer, vor Seinem heiligen Auge gerichtet als Diebe und Morder dastünden. Es sind Verführer, die mit weltlicher Weisheit ihre Selbsterlösung u. a. predigen, die viel Anhang finden, aber die Seelen nicht zur Buße, Bekehrung und zum neuen Leben führen, wozu allein Jesus Christus die Tür ist.
Der HERR redet in Gleichnissen, und zwar vom Zweck der Tür und von der Pflicht der Hirten. Beides wendet Er auf Sich an und führt dann den Beweis von der Unzuverlässigkeit der falschen Propheten und bösen Hirten.
Jesu Schafe erkennen aus all den Stimmen (auch den heutigen) die des guten Hirten heraus und folgen Ihm. Die nicht Jesu Schafe sind, hören und folgen den verlockenden Stimmen, weil ihre Ohren danach Verlangen tragen (vgl. 2. Tim. 4,3) und ihr Herz ungebrochen ist. Jesu Stimme und die Stimme des Heiligen Geistes (der die Sünder und Abtrünnigen sucht, ihnen nachgeht und sie gleichsam „beißt”) finden sie hart. Verblendet lieben sie die Zuchtlosigkeit, bis sie darinnen umkommen. - Jesus allein ist der gute Hirte, Er führt durchs Todestal (des alten Menschen) zur Lebensquelle ewiger Gemeinschaft mit Ihm und dem Vater.
A. H.
Anmerkung des Schriftleiters
Dies Wort des HERRN erscheint durch das „alle” schwierig. Aber wenn man es auf alle alttestamentlichen Führer anwenden wollte, z. B. - wie es sogar schon gelegentlich geschehen ist - auf Mose (!! warum?, etwa weil durch ihn das Gesetz gegeben ist? Joh. 1,17), so würde man den eigenen erhabenen Worten des HERRN über dieselben (an anderen Stellen) doch geradezu ins Gesicht schlagen (z. B. Joh. 5,45.46; Lk. 16,29.31 u. a.!). Aber es heißt ja auch gar nicht: „sie waren Diebe ...”, sondern „sie sind...”. Da liegt es doch näher, sich die ganze Sachlage, in der der HERR dies Wort ausspricht, vor Augen zu halten: Er redet doch zu Seinen ausgesprochenen Gegnern (vgl. 9,39-41) und verurteilt „diese”. „Diese” nehmen ihre Berechtigung zur Führerschaft nicht (wie Johannes der Täufer, vgl. 1,23-34) vom Messias, sondern von sich selbst aus (vgl. Mt. 23,2 und Lk. 11,37-54). Deswegen führen sie die Menschen (die Schafe) auch nicht zu Ihm hin, sondern zu sich selbst. Wehe denen, die sich ihrer Führung anvertrauen!
In dieser Deutung, die auch obige Antworten vertreten, hat dies ernste Wort aus Jesu Mund in Seiner heiligen Ausschließlichkeit auf alle Seine Feinde auch Beziehung auf die heutige Zeit! Nur wer zu der alleinigen Tür führt, hat Führerberechtigung, ist ein echter Hirtencharakter. Wer Umwege, Abwege, gewaltsames Übersteigen oder Umgehung der gottgewollten Trennungsmauer und heiligen Grenzlinie zwischen Gottes Volk und der Welt versucht, Christus Jesus als einziger Tür ausweicht, ohne durch diese in Gottes Gemeinschaft zu gelangen oder andere hineinzuleiten trachtet, ist geistlicherweise mit „Dieb” und „Räuber” zu bezeichnen. Vor solchen muss gewarnt werden, und zwar mit der gleichen Entschiedenheit, mit der man vor einem Räuber in irdischer Hinsicht warnt und sich gegen solchen mit Weisheit und Energie zu schützen sucht. (Hier nur nebenbei eine Bemerkung: mit Schmähungen und Schimpfreden gegen solche [geistlicherweise] „Diebe” und „Räuber” genannten falschen Führer ist es nicht getan!) Dem Schaden, den die mit diesen ernsten Worten Gekennzeichneten zu allen Zeiten anrichten, ist dadurch mit am wirksamsten beizukommen, dass man die durch jene falschen Führer Gefährdeten immer wieder ernsthaft und in Liebe belehrt und sie davor warnt, den verschiedenen Stimmen zu folgen. Was braucht einer, der die Stimme des guten Hirten kennen lernte, noch andere Stimmen zu kennen? Darin besteht nicht unsere Sicherheit, sondern darin, durch die einzige Tür in die Lebens- und Liebesgemeinschaft mit dem Vater und Seinem Sohne Jesus Christus gelangt zu sein und darin sich erfreuen. (1. Joh. 1,1-4).
Ich verweise noch auf Frg. 16 in Bd. VII und 20 in VI!