Antwort A
„Vorsteher” steht in Luthers Übersetzung nicht im Text, sondern als zugesetzte erklärende Anmerkung. Im Text steht in neuen und alten Ausgaben auch „Engel”. Ohne Frage steht die Bezeichnung „Engel”, wenn es sich nicht um einen Boten des Himmels handelt, stellvertretend für jemand, der in seiner wirklichen Persönlichkeit nicht in Frage kommen kann. Z. B. „ihre (der Kindlein) Engel in den Himmeln schauen allezeit das Angesicht Meines Vaters, der in den Himmeln ist (Mt. 18,10)”, will sagen, in Anlehnung an die Gepflogenheiten an den Höfen orientalischer Herrscher, dass nur Vertraute das Angesicht des Herrschers schauten, d. h. in seine unmittelbare Gegenwart Zutritt hatten (z. B. Esther 1,14; 4,11), nicht dass ein wirklicher Engel im Himmel in Frage komme, sondern dass der unsichtbare Gott als Vater des Herrn Jesus diese Kleinen, die auf der Erde sind, so liebevoll im Auge hat, dass sie der Ehre teilhaftig sind, von Ihm als in Seiner unmittelbaren Gegenwart in den Himmeln seiend eingeschätzt zu werden. Gegensatz: Die unter Sündenverantwortlichkeit stehenden erwachsenen Menschen sind in der Ferne von Ihm, können nicht als so in Seiner Gegenwart weilen könnend betrachtet werden wie diese Kleinen. (Ein Schutzengel dagegen ist ein wirklicher, unsichtbar ein Kind umgebender Himmelsbote, der das Kind in einem speziellen Gefahrenmoment behütet.) Der Engel des Petrus, von welchem die im Hause der Mutter des Markus Versammelten sagen (Apg. 12,15), „es ist sein Engel”, ist ebenso zu nehmen: eine stellvertretende mit dem Verstand unerklärbare Erscheinung des körperlich abwesenden Petrus.
Wenn wir dies auch feststellen, so dürfen wir doch nicht übersehen, dass die Engel der Versammlungen (Gemeinden) zuerst als „Sterne” zu sehen sind, und zwar in oder auf der Hand dessen, der einem Menschensohne gleicht. (Off. 1,16.20) Sterne sind Symbole von untergeordneten Autoritäten, stellen solche dar, hier als ganz in der Gewalt des in verzehrender Heiligkeit auf dem Plane seienden Sohne des Menschen sich befindend. Sterne sind auch für des nachts Reisende Mittel zur Orientierung in bezug auf die einzuschlagende und einzuhaltende Richtung. Wie reimt sich zusammen: Stern und Engel zugleich? Die Erklärung liegt zunächst darin, dass „Stern” Symbol ist, Engel aber nicht. Für weiteres Verständnis müssen wir für die Punkte, die sich auf untergeordnete Autorität und Stellvertretung beziehen können, den Inhalt der Sendschreiben ins Auge fassen. Die Gemeinden selber stehen da unter dem Symbol von Lichtträgern, d. i. Leuchtern mit Lampen. Sie können demnach nicht ohne weiteres des gleiche sein, was die Stellvertreter der Gemeinden oder Versammlungen, die Engel, sind, die ja ihrerseits auch als Sterne dargestellt werden. Geheimnisvolle Zusammenhänge walten da ob, wie es auch in 1,20 steht.
Weil das Wort „Vorsteher” (Bischof) genannt worden ist, sei die Frage aufgeworfen: Sollte ein solcher als mit Autorität bekleidet geachtet werden? Nein! Vorbilder der Herde sollen sie sein. (1. Petr. 5,3) Sie können also nicht gemeint sein. Autorität hatten nur die Apostel (siehe z. B. Petrus Apg. 5; Paulus 1. Kor. 5; 2. Kor. 13,10; 1. Tim. 1,20). Wir erinnern uns aber, dass der HERR in Mt. 18,18 der örtlichen Versammlung Autorität in bezug auf Binden und Lösen zuerkannte. Auch waren die in den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens noch nicht zersplitterten Versammlungen Lichtkörper zur Orientierung in der Nacht der Welt. Das über den Sternen waltende Geheimnis wird vom HERRN gelüftet dadurch, dass Er dem Johannes eröffnet: die Sterne sind Engel, d. i. Stellvertreter der Versammlungen (Gemeinden).
Es ist nicht zu verkennen, daß, was dem Engel gesagt wird, der betr. örtlichen Versammlung selber ganz direkt gilt, wenn es heißt: „Wer ein Ohr hat, höre.” „Dem, der überwindet”, oder „wer überwindet”. „Etliche von euch.” „Auf dass ihr geprüft werdet.” „Ihr werdet Drangsal haben” usf. Ebensowenig aber ist zu verkennen, dass unterschieden wird zwischen dem Engel, dem Stellvertreter, und der Versammlung als solcher. Z. B.: „Ich werde deinen Leuchter [‚du Engel‘] wegrücken”: der Leuchter ist die betreffende Versammlung. „Ich komme dir [‚Engel‘] und werde Krieg mit ihnen führen.” „Du [‚Engel‘] duldest das Weib Jesabel, und sie verführt Meine Knechte.”
In den Versammlungen gab es keinen einzelnen Ältesten, Vorsteher, Bischof; immer waren es mehrere. (Apg. 20,17; Phil. 1,1; Tit. 1,5; 1. Petr. 5,3) Die Bezeichnung „Engel” für einen solchen Dienst ist ganz unbekannt. Wie machen wir uns denn die Zusammenhänge verständlich? - So: Gott will als Abschluß des Kanons der Schrift noch eine letzte Kundgebung heraufführen. Der Gegenstand derselben ist der, der A und O aller Schrift ist: Jesus Christus. Darum wird diese Kundgebung auch von Johannes umschrieben: „Das Wort Gottes und das Zeugnis Jesu Christi”: 1,2. Der Weg aber, den Gott zu dieser letzten Kundgebung wählt, ist ein ungewöhnlicher. Erstens gibt Er diese Kundgebung oder Offenbarung oder Abdeckung von Verdecktem dem, der eben der Gegenstand derselben ist. Dieser, Jesus Christus, soll diese Kundgebung Seinen Knechten übermitteln, damit sie Kenntnis davon erlangen, auf welche Weise und in welcher Reihenfolge der große Auseinandersetzungsprozess zum Austrag kommt, der den Sohn des Menschen zum Triumphe über alle Feinde führen wird. Das soll natürlich dazu dienen, die Hände der Knechte im Mitkämpfen für ihren Herrn und Gebieter zu stärken. Als zweiten Punkt vernehmen wir, dass Jesus Christus einem Bevorzugten aus der Zahl Seiner Knechte die Kundgebung übermittelt, damit der sie zu den anderen hinleite. Als drittes müssen wir in acht nehmen, dass Er die Sendung, die Übermittelung, nicht sozusagen „mit offenem Visier”, wie wir uns zu sagen erlauben, vornimmt, also etwa so, wie Er dem Paulus auf dem Wege nach Damaskus erschien, sondern unter der Verhüllung eines Engels, der aber „Sein Engel” heißt, wie wir es aus dem A. T. wissen, wenn dort vom „Engel Jehovas” die Rede ist, obwohl der Erscheinende Jehova Selber war. Dass Jesus Christus Selber es ist, geht aus Seinen Worten hervor, wenn Er Sich als der Sohn des Menschen zeigt und als solcher spricht.
Dieser Umweg in bezug auf die Kundgebung und die Behandlung der Seinigen, denen sie gilt, als „Knechte” schließt aus, dass Er Sich mit ihnen befasse, wie es früher der Fall war, da Er als der erhöhte HERR und als das Haupt des Leibes durch den vom Vater und von Ihm ausgegangenen Geist die Seinen mittelst der Gaben, die Er gab, bediente. Weil es sich um die Offenbarungswege Gottes durch Ihn handelt, fallen die Versammlungen Seiner „Knechte” ebenfalls unter Seine richterliche Beurteilung, denn die Gerechtigkeit Gottes erheischt, dass das Gericht bei denen anfange, die mit Ihm in nächster Verbindung sind. (Amos 3,2; Hes. 9,6; 1. Petr. 4,17)
„Leuchter” versinnbildlichen die Versammlungen oder Gemeinden in ihrer Verantwortung, in dieser finsteren Welt das Licht, das Er durch den Geist ihnen vermittelt, erstrahlen zu lassen. Die Beurteilung zeigt das Versagen in diesem Punkte an. Wie mag dies Versagen gekommen sein, oder wie kommt es? Wir können sowohl aus der Kenntnis der Zeit, da die Briefe der Apostel geschrieben wurden, wie aus der heutigen einen Schluß ziehen, den nämlich: Der Zustand der Versammlungen, Gemeinden, Kirchen entsprach und entspricht mehr oder weniger dem Stand des Dienstes am rufenden, bildenden, aufbauenden Worte. Wie es damit bestellt war und nach und nach bergab ging zur Zeit der Apostel, zeigen uns ihre Briefe an Versammlungen und an Einzelpersonen. Wie es damit bestellt ist in der Gegenwart, zeigt ein Blick in die Runde. Sind die Glieder der großen staatlichen Kirchengebilde in ihrem geistlichen Zustand nicht das Spiegelbild der offiziell ausgebildeten und lehrenden Theologen? Ist's in freikirchlichen und Gemeinschaftskreisen nicht ebenso, nämlich entsprechend dem, was an Wortverkündigung und Lehre geboten wird? Und in den noch übrigbleibenden gläubigen Kreisen ist's doch auch nicht anders. Das soll nur eine Beschreibung, nicht ein Werturteil oder eine Verurteilung sein. Auch ist dabei nur die jedesmalige Gesamtheit ins Auge gefaßt, nicht Einzelpersonen, denn unter diesen finden sich die größten Abstufungen geistlichen Zustandes und von Kundgebung geistlichen Lebens.
Und nun, dieweil örtliche Versammlungen oder Gemeinden und die, welche in ihrer Mitte Gaben zu ihrer Bedienung empfangen haben, und dieweil beide Teile gleichermaßen Verantwortung tragen, der eine Teil aktiv durch Dienst, der andere passiv durch Entgegennahme und Beurteilen des Dienstes, erklärt es sich, dass der „Engel” einer Versammlung, der dem HERRN speziell verantwortliche Vertreter derselben und mehr oder weniger ihr Former, durch eben die für den Dienst, für die Anwendung der Gaben Verantwortlichen dargestellt wird, ohne dass Einzelpersonen in Frage kamen. Denn schließlich hat jedes Glied irgendeine Gnadengabe empfangen, die es zum Nutzen des Ganzen zu verwenden hat. Aus diesem letzteren Grunde sind auch „Engel” und „Versammlung” zum allergrößten Teil bezüglich der Verantwortung eins gemacht. Ist es in Thyatira (als prophetisch die Entwicklung zum römischen Katholizismus hin darstellend) nicht leicht zu sehen, wie der Klerus, der speziell verantwortliche „Engel”, den schon aufgekommenen Bilderdienst weiterentwickelte (wie es auch in Pergamus geschah), während andere, Einfältige, sich davon fernhielten, ja, dagegen protestierten, und so überwanden? Aufkommen gegen den Klerus konnten sie nicht: Der blieb der Hauptverantwortliche. In diesem Sinne wird schon bei Ephesus begreiflich: „Ich werde deinen Leuchter [‚Engel‘] wegrücken”, das nämlich, was durch dich, besonders verantwortlicher und darstellender Teil der örtlichen Gemeinde, aus dieser geworden ist. (Vgl. Apg. 20,28-32) Wir formulieren am besten, wer oder was der „Engel” ist, so: Er stellt die personifizierte Verantwortung und dementsprechend praktische Verantwortlichkeit dar, die auf der Versammlung als Ganzem sowohl wie speziell auf besonders im Vordergrunde stehenden Gliedern liegt.
Der HERR kann Sich nicht direkt aussprechen; so soll ein jeder Seine eigene Verantwortung fühlen und sich zugleich ein Bild davon machen können, wie der urteilende und richtende HERR die Gesamtheit, deren Teil er ist, ansieht. Das übt eine heilsame Wirkung aus und hilft dazu, die persönliche Beziehung zum HERRN so innig wie möglich zu gestalten. Merkwürdig ist, dass in den drei letzten Versammlungen Sardes, Philadelphia, Laodicäa kein Unterschied mehr zwischen „dem Engel der Versammlung” und dieser selbst gemacht wird.
Nach diesen Erläuterungen ist es nicht allzuschwer, die noch zu suchende Verbindungslinie zwischen „Engel” und „Stern” zu finden. Durch wen fallen ganz selbstverständlich die der Versammlung (Gemeinde) vom HERRN zuerkannten autoritären Entscheidungen? Doch durch eben die, welche wir als „Engel der Versammlung” angesprochen haben. Eine Versammlung Gottes, sagen wir der damaligen Zeit, oder heute solche, die sich deren Grundsätze zu eigen machen, oder andere der angeführten kirchlichen Körperschaften, konnte oder kann oder können nicht durch Abstimmung einen Entscheid herbeiführen, sondern durch einsichtsvolle, verantwortungsbewußte Männer (Röm. 14,1), deren Entscheidung dann durch das Gesamt gutgeheißen oder abgelehnt, in den meisten Fällen aber bindend wird. (Vgl. Apg. 15) Ist dies Konzil in Jerusalem, diese besonders deutlich erkennbare, unter der Oberautorität Christi getätigte Autorität nicht dem Symbol „Stern” entsprechend, Sterne gehalten in der Hand des Menschensohnes und zugleich dem, was „Engel” meint, nämlich Vertretung der Jerusalemer Versammlung? Der Unterschied ist nur der, dass nicht eine der sieben Versammlungen hier in Frage kommt, sondern die Jerusalemer Versammlung. Dann noch das, was „Stern” ist, zur Orientierung in dieser geistlich finstern Welt: Sind es nicht diese besonders Verantwortlichen, die „Licht” sind oder dazu gesetzt sind, es zu sein? Richtet sich nicht auch das zu ihnen gehörende Gesamt nach dem Licht, das sie vermitteln, ob es nun wahres Wegweiserlicht oder Irrlicht ist, wie leider, leider viele dieser „Sterne” es sind, die die Menschen in den Sumpf führen? Wiederum: Waren nicht in der Hinsicht „wegweisendes Licht” die Verantwortlichen auf dem Konzil in Jerusalem, ein „Stern” in der Hand Christi, auf Seiner Rechten aufliegend („auf” Off. 1,20)?
Solange „das, was ist” Bestand hat, d. h. solange der HERR die Seinen nicht entrückt hat, solange Seine Gemeinde noch hienieden ist, hier in ihrem fortschreitenden Verfall in den sieben aus den anderen herausgesuchten örtlichen Gemeinden verkörpert, Laodicäa bis dahin auch noch dazu gehörend, sind die sieben Sterne in Seiner Hand. Trotz allem Verfall bleibt das so zum Wohl Seiner Knechte in den Gemeinden.
„Nach diesem”, d. h. nachdem die Geschichte der Gemeinde auf Erden durch die Entrückung zum Abschluß gekommen ist, kann keine Rede mehr von Sternen und Engeln der Versammlungen sein. Auch bei Laodicäa nicht, welches als leere Schale, des Kernes verlustig gegangen, nur noch zum Gericht des Ausgespieenwerdens übrigbleibt.
Gedanken haben weiten Spielraum. Doch ist in diesen Ausf ührungen darauf Bedacht genommen, sie nicht weiter schweifen zu lassen, als der Fragesteller in der Frageformulierung angeregt hat.
F. Kpp.
Antwort des Schriftleiters
Diese tiefe, biblisch begründete Antwort gibt viel Licht für vorliegende Frage, die merkwürdigerweise erst im 20. Jahrbuch der „Handreichungen” erscheint, obwohl sie doch - wenigstens mündlich! - oft gestellt worden sein mag und ist. Bei uns traf sie dafür jetzt auch gleich zweimal in kurzem Abstand ein!
Einige Winke zur Beantwortung glaube ich noch hinzufügen zu sollen. Zunächst verweise ich bezüglich der Frage über den Dienst und die Obliegenheiten der Engel auf die sehr belangreiche Antwort unseres Mitarbeiters Er. Sr. in Jahrb. 16, Frg. 8. Freilich hat der Verfasser in nichts, nicht einmal durch Bibelstellen, auf die Anführung der „Engel” in den Sendschreiben-Kapiteln hingewiesen, aber doch scheint mir jene Antwort wichtig zu sein auch im Blick auf gegenwärtige Frage. Vor allem betont Verfasser unter Punkt 5, dass die Engel „die Wächter der sittlichen Weltordnung Gottes” seien (vgl. Dan. 4,17.24), und ich glaube, dass von hier eine Beziehung auf die Sendschreiben gefunden werden könnte. Doch überlasse ich wie in allem, so auch in diesem jedem Leser das Weiterforschen.
Nicht übersehen werden darf, dass die Offenbarung - in der soviel von Engeldienst die Rede ist und die selbst durch einen Engel dem Johannes gezeigt wird - in Bildern, Symbolen (Sinnbildern!) und Zeichen redet („zeigen” - „in Zeichen zeigen”! 1,1). Wer natürlich dem Worte die Bedeutung von „Vorsteher” gibt, diesen Begriff dann im katholischen Sinne von „Bischof” faßt, dem eine Autorität zugeschrieben ward, die niemals in der altchristlichen Gemeinde einem einzelnen zukam - ja, auch bei weitem nicht einmal den geistlichen, gottgewollten „Führern” von Hebr. 13,7.17.21 -, der macht sich die Erklärung leicht, oder vielmehr dem ist die Erklärung des Wortes „Engel” leicht gemacht, nicht aber die eigentliche Bedeutung klargeworden. Nein, das Wort „Engel” (= Bote, Übermittler, dienstbarer Geist nach Hebr. 1,14 usw.) ist hier an den Anfängen der Sendschreiben als ein Symbol aufzufassen, das dem Sinne der Engeltätigkeit entspricht. - Die Engel standen den Gemeinden nicht vor, sie waren keine Bischöfe (!); sie stehen vor Gott, nicht vor den Gemeinden! Ihr Dienst hier, indem sie gleichsam schon mit ihrer Bezeichnung, ihrer Nennung als Adressaten in den Gemeinden (Versammlungen) einen Dienst ausüben, ist tief geheimnisvoll, wobei hinzukommt, dass sie in Kapitel 1 als „Sterne” bezeichnet werden. Ja, eigentlich ist der Begriff der Sterne der erstere, und erst hernach wird gesagt: „die sieben Sterne” - jene, die Johannes auf der Rechten des Richters sah! - „sind Engel der sieben Gemeinden”, aber in Kapitel 3,1 werden „die sieben Sterne” auch von „dem Engel der Gemeinde” unterschieden!
Die Sterne sind Himmelslichter, die wohl auf die Erde leuchten (vgl. Jer. 31,35), die aber in erster Linie, was sie sind, für Gott sind. (In der schönen Stelle Phil. 2,16 werden wohl wir Gläubigen „Himmelslichter” genannt, aber das Wort dort im Grundtext ist ein anderes als das für „Stern”.) Man vgl. dazu Ps. 147,4 und 148,1-3, oder auch Hiob 25,5.6 und 38,31ff.! Wie dem aber auch sei - es sind wirklich geheimnisvolle Zusammenhange zwischen diesem allem, und Raum zum Forschen bleibt genug.
Wenn wir nun sagen dass die „Sterne” in dem, was sie sind bzw. sein sollen, dem Urteil Gottes unterstehen und dass sie als „Engel” Boten Gottes sind, Vermittler, Vertreter, die vor Gott stehen, dann, so glaube ich, finden wir auch eine Beantwortung für unsere Frage, die der oben gegebenen (Antwort A) nahekommt und sich in den Konsequenzen wohl auch mit ihr deckt. (Ich habe die folgende Anschauung schon seit vielen Jahren mein eigen genannt.)
Der Engel der Gemeinde, d. i. der örtlichen Versammlung, ist ein Bild von dem geistlichen Gehalt der Gemeinde, d. h. von dem, was sie wirklich ist, wie sie ist vor Gott, was Gott in ihr sieht, wie sie vor Ihm, dem Richter, dem HERRN steht - kurz: das wahre, innere Bild der Gemeinde, von Gott aus gesehen - das stellt der Engel dar, während das, was man auf der Erde sieht: „der Leuchter” = Lichtträger ist. Man spricht oft von der verantwortlichen Seite der örtlichen Gemeinde und sagt, das sei die Gemeinde als „Leuchter”, aber so richtig dies wohl ist - ich glaube, dass der Ausdruck „der Engel der Gemeinde” noch viel mehr der verantwortlichen Seite entspricht. Alle drei Ausdrücke: „Stern” (d. h. die sieben Sterne, sie sind nicht gesondert), „Engel der Gemeinde” und Gemeinde als „Leuchter” (die sieben Leuchter) zeigen die verantwortliche Seite vor Christus, dem Richter, soweit ich sehe, nur unter verschiedenartigen Gesichtspunkten, je nach den Eigenschaften, die den drei Begriffen innewohnen oder mit ihnen offenbart werden. Das aber, was eine Gemeinde wirklich ist, nämlich vor Gott, kristalliert sich in ihrem inneren, organischen Aufbau und in dem praktischen Verhalten ihrer Glieder, welches wiederum abhängig ist von dem Wirken solcher, welche die Verantwortung der Gemeinde, die sie vor dem HERRN und vor der Welt hat, richtig erkennen und einschätzen. Somit kämen wir auf diesem Wege schließlich zu dem Endergebnis wie Antwort A, dass nämlich mit dem „Engel der Versammlung” die wahren „Verantwortlichen” gemeint seien. Nur möchte ich noch einmal besonders betonen, was auch unser Mitarbeiter andeutet, dass es sich dabei nicht um „amtliche”, oder soll ich sagen: mit Würde umkleidete, von Menschen ausgezeichnete einzelne Personen handelt, sondern um das Ganze des wahren, inneren Wesens oder Gehalts der Gemeinde, wie er vor Gott steht; und das bedeutet wieder nicht: eine Gruppe oder Körperschaft („Brüderrat”!!) innerhalb der Körperschaft der Gemeinde, sondern es sind die (noch mehr als nur 1. Thess. 5,12) von Gott Gekannten, die der örtlichen Versammlung oder Gemeinde ihren Charakter geben gemäß dem Grade der Verantwortung, dem sie in ihrer Handlungsweise entsprechen; dies alles so gesehen, wie Gott, der Richter es sieht.
Jeder Leser dieser Betrachtungen wird, wovon er schon vorher durchdrungen war, jetzt noch mehr fühlen: Es ist ein geheimnisvolles, schwieriges Gebiet, aber es ist auch ein wunderbarer Segen, sich damit beschäftigen, diesen Geheimnissen nachspüren zu dürfen. Auch hierin gelte für uns: „Ich freue mich über Dein Wort wie einer, der große Beute findet” (Ps. 119,162), und „meine Seele hat Deine Zeugnisse bewahrt, und ich liebe sie sehr” (V. 167).
F. K.