Antwort
Um feststellen zu können, was das für Heilige sind, müssen wir erst untersuchen, was unter der „Ankunft” des HERRN zu verstehen ist. Dieses Wort - im Griechischen „Parousia”, welches auch mit „Gegenwart” übersetzt werden kann - kommt gerade 24mal im Neuen Testament vor. Davon allein 16mal wird es auf das Kommen des HERRN bezogen und einmal auf das Kommen des Tages Gottes. (2. Petr. 3,12) Wir geben hier die Stellen wieder, wo es auf das Kommen des HERRN bezüglich vorkommt, damit der Leser sich selbst ein Urteil bilden kann: Mt. 24,3.27.37.39; 1. Kor. 15,23; 1. Thess. 2,19; 3,13; 4,15; 5,23; 2. Thess. 2,1.8; Jak. 5,7.8; 2. Petr. 1,16; 3,4; 1. Joh. 2,28. Fast in allen Stellen übersetzt die Elberfelder Bibel das Wort mit „Ankunft”. Doch wird dasselbe Wort in Verbindung mit anderen Personen und Gegenständen - z. B. 2. Kor. 10,10; Phil. 2,12 - mit „Gegenwart” übersetzt. Ferner vergleiche man noch die restlichen Stellen: 1. Kor. 16,17; 2. Kor. 7,6.7; Phil. 1,26; 2. Thess. 2,8.9, um kennenzulernen, wie der Heilige Geist dieses besondere Wort an anderen Stellen und mit anderen Gegenständen verwendet. Man hat nun dieses besondere Wort mit Seinem Kommen für die Gemeinde (Versammlung) und Seinem Kommen mit der Gemeinde (allen Heiligen) ohne große Unterscheidung verbunden, was man ja in einem gewissen Sinne auch tun kann. Doch möchten wir Wert darauf legen, dass dieses Wort doch ur sprünglich, anfänglich und fast ausschließlich mit Seinem Kommen mit Seinen Heiligen, d. h. Seinem Offenbarwerden - Epiphania - verknüpft ist. Als das Geheimnis der Entrückung der Gemeinde durch den Apostel Paulus enthüllt wurde und die Art und Weise, wie es vor sich gehen wird (vgl. 1. Thess. 4,13-18 und 1. Kor. 15,51-58), verbindet der Geist Gottes dieses Wort auch mit Seinem Kommen für die Gemeinde, weil in diesem besonderen Ausdruck Seine persönliche Gegenwart gegeben wird (so ist in allen Stellen des Neuen Testaments immer die leibliche Gegenwart der betreffenden Person damit verbunden, nie nur die dem Geiste nach wie Kol. 2,5), die selbstverständlich bei Seinem für die Welt unsichtbaren Kommen für Seine Gemeinde notwendig ist. Doch hat Seine „Ankunft” mehr mit Seiner Offenbarung und der Offenbarung Seiner himmlischen Heiligen in Herrlichkeit und Seiner Gegenwart in Beziehung zur Erde zu tun. Es ist auch wichtig, zu bemerken, dass dieses Wort nie für Sein Kommen in Niedrigkeit Anwendung findet, sondern nur für Sein übernatürliches Kommen in sichtbarer Herrlichkeit. Ferner ist zu beachten, dass dieses Wort nicht nur für das Kommen des HERRN, sondern auch für alle anderen Stellen, die den HERRN nicht persönlich betreffen, wenn auch nicht etwas Außergewöhnliches (obwohl letzteres auf den HERRN angewandt wohl gesagt werden kann), so doch etwas Besonderes bedeutet.
Wenn es sich um Seine Erscheinung handelt, was mit dem Worte „Epiphania” ausgedrückt wird, kann nur Sein Offenbarwerden vor aller Welt gemeint sein. (Vgl. 2. Thess. 2,8; 1. Tim. 6,14; 2. Tim. 1,10; 4,1.8; Tit. 2,13) Seine sichtbare Erscheinung ist der Hauptgegenstand der alttestamentlichen Propheten und der neutestamentlichen Apostel, weil es in besonderer Weise mit Seinem Reiche als Offenbarung Seiner Macht und Herrlichkeit in Beziehung steht. Die Entrückung der Gemeinde nimmt längst nicht den breiten Raum im Neuen Testament ein (im Alten Testament kommt sie überhaupt nicht vor, es sei denn in bildlichen Ereignissen, wie die Entrückung Henochs), wie Seine Erscheinung mit all Seinen Heiligen, da Seine Erscheinung in Herrlichkeit Seine und der Seinen Rechtfertigung von seiten Gottes vor der Welt ist. Alle Heiligen werden einst von Gott vor der Welt gerechtfertigt. Bis dahin müssen wir, Seine Kinder, Geduld haben. Die wir jetzt vor Gott gerechtfertigt sind aus Glauben, werden im Reiche von Gott gerechtfertigt vor der Welt durch die uns gegebene Herrlichkeit. (Vgl. Joh. 17,22.23)
Hingegen die Entrückung trägt mehr den Charakter der Innigkeit zu dem HERRN und Seinem und unserem Vater. Darum gehen wir ins Vaterhaus, die Stätte der Liebe und Wonne. (Vgl. Joh. 14,1ff.) Dort werden wir als Söhne eingeführt, die zur Familie Gottes gehören. Darum wird über dieses Geheimnis der Entrückung wenig geschrieben, weil es Familien charakter trägt. Die „Erscheinung” aber trägt Reichs charakter. Ersteres ist geheim, letzteres öffentlich; ersteres nur für den Vater und Sohn und Seine Geliebten, letzteres für die ganze Welt und alle intelligenten Wesen des Alls. Dort ist der charakteristische Zug Liebe, hier Herrlichkeit; das eine ist für denHimmel, das andere für die Erde. -
Wir können nun leicht ersehen, wie die Stelle 1. Thess. 3,13 zu verstehen ist. Es kann sich nur um Seine Erscheinung in geoffenbarter Herrlichkeit vor der Welt handeln. Denn bei diesem Seinem Kommen erscheint Er mit „allen Seinen Heiligen”. Es sind darunter allealttestamentlichen und neutestamentlichen Heiligen zu verstehen. Denn diese Erscheinung hat mit dem Reiche in Herrlichkeit zu tun, wo Gott, Christus und alle Seine Heiligen vor der Welt als das, was sie sind, gerechtfertigt werden. Dies ist ja die Hoffnung aller Gläubigen zu allen Zeiten gewesen. Es setzt die Auferweckung Seiner Heiligen voraus. Wenn der HERR kommt, um Seine Gemeinde heimzuholen, kommt Er allein, ohne Begleitung Seiner Heiligen; aber Er kommt, um die Entschlafenen aufzuerwecken und die Lebenden, „die übrig bleiben bis zur Ankunft des HERRN” (1. Thess. 4,15), zu verwandeln und sie dann zusammen zu entrücken und damit Seine auf Erden lebende Gemeinde (Versammlung) in Sicherheit vor der großen Drangsalszeit, wie sie in Off. 6-19 geschildert wird, zu bringen. Doch die Auferweckung gelegentlich der Heimholung Seiner auf Erden befindlichen Gemeinde erstreckt sich auf alle „Toten in Christo”. (1. Thess. 4,16b) Wir verstehen unter „Toten in Christo” alle Heiligen von Adam an bis zur Zeit Seines Kommens für die Gemeinde. Darum wird das Wort „Tote” und nicht der neutestamentliche Ausdruck „Entschlafene” gebraucht, wie auch „in Christo”, weil alle Heiligen im Alten Testament auf Christus (nicht aber „Jesus” - dies ist ausschließlich neutestamentlich -) hofften. (Vgl. 1. Kor. 10,4b; Lk. 24,25-27.46; Mt. 2,4-6 usw.) Christus ist der erhoffte Gesalbte, der Messias der alttestamentlichen Heiligen; darum starben sie in der Hoffnung auf Ihn. So finden wir auch im Alten Testament dasselbe Ereignis geschildert, Sach. 14,5b: „Und kommen wird Jehova, mein Gott, und alle Heiligen mit dir.” Judas 14 ist durch Henoch, den siebenten von Adam, welcher die Gemeinde durch seine Entrückung vor der Flut - dem Gericht - vorbildet, dasselbe Ereignis geweissagt worden. (Vgl. auch 2. Thess. 1,10; Off. 19,8.13.14. Auch da ist es dieselbe Begebenheit wie 1. Thess. 3,13.)
Möge der HERR uns allen Gnade schenken, in der Erwartung Seines Kommens für uns zu leben! Dies gibt uns auch die sittliche, göttliche Kraft, Seine Erscheinung vor aller Welt lieb zu haben und alles jetzt schon bei uns zu verurteilen, was Er dann richten muß, wenn Er als Weltenrichter mit all Seinen Heiligen erscheinen wird. (Vgl. 1. Kor. 6,2.3)
In bezug auf unsere Vergangenheit sind wir gerechtfertigt worden aus Glauben vor Gott. (Röm. 5,1) Unsere Gegenwart- unser Leben hier - sollte damit ausgefüllt werden, dass wir durch Glaubenswerke unseren großen Gott vor der Welt rechtfertigen. (Jak. 2,18-26) Dann in Zukunft- im Reiche Seiner Herrlichkeit - wird es Gottes Vorrecht sein, uns, Seine Heiligen, vor aller Welt zu rechtfertigen, indem wir mit Christo in Herrlichkeit erscheinen. Welch eine Hoffnung, Zukunft und Herrlichkeit!
K. O. St.
Anmerkung des Schriftleiters
In bezug auf diese und die vorherige Frage 4, die beide in so wahrhaft kostbarer Weise umfassend behandelt und beantwortet sind, ist in früheren Jahrbüchern unter Fragen anderen Wortlauts (weil über andere Stellen) schon häufig geschrieben worden. Für solche, welche ältere Jahrbücher besitzen, weise ich auf wenigstens einige dieser betr. Fragen hin: Jb. 2, Fr. 12.18.25.26.50; Jb. 3, Fr. 23; Jb.4, Fr. 3.14.24; Jb. 5, Fr. 4; Jb. 8, Fr. 8; Jb. 12, Fr. 21; Jb. 13, Fr. 6; Jb. 14, Fr. 18.
Wer sich die Zeit nimmt, diese früheren Fragen in Verbindung mit den beiden in dieser Lieferung vorliegenden zu vergleichen, wird sicher Gewinn haben.
Den Lesern, die inzwischen neu hinzugekommen sind, kann nur empfohlen werden, wenn ihnen wie den Fragern in diesen Dingen Schwierigkeiten bestehen, sich die Augen darüber öffnen zu lassen - was Gott so gern durch Seinen Geist tut, denn „der Geist der Wahrheit” würde ihnen das „Kommende verkünden”, verhieß der HERR den Seinen (Joh. 16,13) -, welche großen tiefgreifenden Unterschiede zwischen den Verheißungen, die „Israel”, und denen, die der „Gemeinde Gottes” (1. Kor. 1,1) gegeben sind, bestehen. Mit dem nur durch Sein Wort und Seinen Geist zu gewinnenden Verständnis der Unterschiede zwischen dem Volk irdischer und dem himmlischer Berufung (Israel und Gemeinde, vgl. Fr. 4!) ist das Verständnis der in Fr. 5 behandelten Gegenstände (Entrückung und Erscheinung) sozusagen eng verbunden, und darum dürfen wir uns freuen, dass der HERR, dessen die Sache auch unsere „Handreichung” ist, es so gefügt hat, dass diese in gewisser Hinsicht verwandten Fragen, zumal in ihnen noch andere miteingeschlossen sind, zusammen in einer Lieferung behandelt werden konnten. Der treue HERR wolle allen Lesern - sowohl denen, welchen diese Dinge schon bekannt waren (aber wir lernen nie zuviel und lernen hoffentlich auch dieses Mal!), wie auch den fragenden übrigen, das Studium obiger beiden Beantwortungen zu reichem Segen dienen lassen, damit manche Unklarheit über dies weite und so wichtige Gebiet schwinden möchte! (Vgl. 2. Tim. 2,15!)
„Wachset in der Gnade und Erkenntnis unseres HERRN und Heilandes Jesus Christus! Ihm sei die Herrlichkeit, sowohl jetzt als auch auf den Tag der Ewigkeit! Amen.” (2. Petr. 3,18)
F. K.