1. Timotheus 5,24 - Offenbarung 14,13

Wie ist die Stelle 1. Tim. 5,24.25 zu verstehen, und hat sie irgendwie Beziehung zu Offb. 14,13b?

Antwort A

Das in den genannten zwei Versen Gesagte ist eine Feststellung, die auf den Menschen im allgemeinen zutrifft, aber offenbar ihre Veranlassung in dem in V. 22a Gesagten und daher auch besondere Beziehung zu diesem hat. Dort warnt der Apostel seinen geliebten Mitarbeiter Timotheus, jemand schnell die Hände aufzulegen und nicht teilzuhaben an fremden Sünden. Das Händeauflegen hier hat nichts zu tun mit Heilung, wie manche annehmen, sondern mit Bestätigung zu einem bestimmten Dienst, wie wir es Apg. 6,6 (V. 3-6) und 13,3 (V. 2 und 3) finden. Dieses ergibt sich daraus, dass in den vorangehenden Versen 17ff. von den Ältesten die Rede ist und V. 22 die Fortsetzung des hierdurch aufgenommenen Gedankens an Dienst bzw. an das Verhalten gegenüber solchen ist, die einen Dienst ausüben oder ausüben wollen, und entspricht auch allein dem ganzen Charakter dieses Briefes. Für den Gedanken an Heilung ist hier gar kein Anlass und kein Platz. Der Apostel gibt in diesem Kapitel erst Belehrungen über das Verhalten einem älteren Manne gegenüber, dann gegenüber jüngeren, dann bezüglich der Witwen, dann bezüglich der Ältesten; dann folgen die V. 22-25; und dann sagt er in Kap. 6,1 und 2, wie die Knechte (Sklaven) sich verhalten sollen. Wie käme nun der Apostel dazu, dazwischen hinein (in den V. 22-25 des 5. Kap.) ganz unvermittelt von Heilung zu reden? Daran ist ja hier kein Gedanke, und er tut es auch nicht, sondern folgt den Gedanken, die der behandelte Gegenstand mit sich bringt, wie wir oben gesagt haben. Deshalb ermahnt er in V. 22 Timotheus, er solle nicht schnell sein, jemand durch Händeauflegen seine Anerkennung zu einem Dienst auszudrücken. Das sollte er darum nicht, weil er sich durch diese Handlung mit dem Betreffenden einsmachte - das Händeauflegen drückt immer das Einsmachen dessen, der die Hände auflegt, mit dem, welchem er die Hände auflegt, aus, gleichviel, zu welchem besonderen Zwecke das Händeauflegen geschieht - und weil demnach bei „schnellem” Auflegen der Hände, also ohne den Betreffenden genau zu kennen und gewiß zu sein, dass auch alle Voraussetzungen dafür vorlagen, die Gefahr bestand, dass er sich durch dieses Händeauflegen mit jemand einsmachte, gegen den ein Vorwurf von Sünde vorlag, und er so an diesen Sünden teilhatte. Davor sollte er sich in acht nehmen; er sollte sich selbst keusch (rein) bewahren!

Der nun folgende V. 23 ist eine liebliche Einfügung ganz persönlicher Art, die uns einen Blick in das liebende Herz des Apostels tun lässt und zugleich eine sehr praktische Unterweisung betreffs des Gebrauchs von heilenden oder zuträglichen Mitteln für unsere Gesundheit gibt. Offenbar war Timotheus in seinem Bestreben, nicht nur sich selbst keusch (rein) zu bewahren, sondern auch anderen darin ein Vorbild zu sein, sehr streng gegen sich und verzichtete auf alles, was anderen hätte ein Anstoß sein können, und trank deshalb auch keinen Wein, sondern nur Wasser, obgleich ein wenig Wem seiner schwachen Gesundheit zuträglich gewesen wäre. Der Apostel wußte dies und ermahnt deshalb seinen geliebten Timotheus, nicht länger nur Wasser zu trinken, sondern ein wenig Wein zu gebrauchen, um seines Magens und seines häufigen Unwohlseins willen. Dieser Vers ist eine kleine Abschweifung, die aber durch den vorliegenden Gegenstand veranlasst war und deshalb gut in den Rahmen desselben paßt.

In V. 24 nimmt dann der Apostel den in V. 22 berührten Gegenstand selbst wieder auf, indem er zeigt, wo die Gefahr liegt, durch schnelles Händeauflegen an fremden Sünden teilzuhaben. „Von etlichen Menschen sind die Sünden vorher offenbar und gehen voraus zum Gericht”, d. h.: Bei manchen Menschen sind die Sünden erkennbar - durch die Folgen, die sie nach sich gezogen haben; durch die Spuren, die sie an dem Menschen gezeichnet haben - und sprechen dadurch einerseits von dem Gericht, welches sie nach sich ziehen, und unterstehen zugleich andererseits dadurch dem „Gericht” - dem Urteil - dessen, der sie sieht; sie „gehen voraus zum Gericht”. In solchem Falle war es leicht für Timotheus, das richtige Urteil über einen Menschen zu haben und sein Verhalten danach einzurichten. Aber nicht bei allen ist es so, sondern „etlichen aber folgen sie auch nach”, d. h.: Bei manchen Menschen bleiben die Sünden verborgen, weil keine Folgen und Spuren derselben an ihnen zu sehen sind, und sie „folgen ihnen nach”, um einst, soweit es sich um Erlöste handelt, vor dem Richterstuhl des Christus offenbar zu werden, und soweit es sich um Ungläubige handelt, vor dem „großen weißen Throne” (Off. 20,11ff.) gerichtet zu werden. Und da - wo die Sünden „nachfolgen”, also nicht durch Folgen und Spuren sichtbar geworden sind - lag für Timotheus die Gefahr des Teilhabens an fremden Sünden durch „schnelles” Händeauflegen oder auch anderes Einsmachen mit dem Betreffenden! Das ist es, was wir in V. 24 sehen. Deshalb sollte Timotheus, ehe er jemand die Hände auflegte, sich sorgfältig über das Leben des Betreffenden unterrichten. Aber nicht nur die Frage betreffs Vorliegens oder Nichtvorliegens von Sünden sollte den Timotheus in seinem Verhalten bestimmen, sondern auch die Frage betreffs Vorhandenseins oder Nichtvorhandenseins guter Werke. Deshalb in V. 25 der Hinweis auf das Offenbarsein und nicht Verborgen-bleiben-können der guten Werke. Die guten Werke sind entweder schon offenbar oder, wenn nicht, dann würde es doch möglich sein, ihr Vorhandensein festzustellen: „Sie können nicht verborgen bleiben”. Ein Diener des HERRN soll gekennzeichnet sein nicht nur durch Reinheit von Sünden, sondern auch durch gute Werke!

Mit Off. 14,13b haben die V. 24 und 25 nichts zu tun. V. 24 darum nicht, weil in diesem Verse es sich um Sünden handelt, in Off. 14,13b aber um „Werke” solcher, die dann - wenn jene Zeit gekommen sein wird, von welcher dort geredet wird - „im HERRN sterben” und „glückselig” gepriesen werden und von ihren „Arbeiten (Mühen) ruhen”, durch die die Werke, die ihnen nachfolgen, zustande gekommen sind, also um gute Werke. Und V. 25 darum nicht, weil dieser Vers nicht von denen spricht, auf welche Off. 14,13b sich bezieht (die „Toten, die im HERRN sterben, von nun an”, also von dem Zeitpunkte an, von welchem an jener Stelle gesprochen wird und welcher in die Zeit der großen Drangsal fällt, also nicht jetzt ist), und überdies in V. 25 nach unserem Verständnis es sich nicht darum handelt, dass die guten Werke dem Erlösten „nachfolgen”, er also dafür belohnt werden wird (was ja ganz gewiß für jeden Erlösten jederzeit wahr ist), sondern lediglich um das Offenbarsein bzw. Offenbarwerden der guten Werke in dem oben schon erwähnten Sinne, also hier, in dieser Zeit, vor anderen.

Wenn wir auch nicht ermächtigt und beauftragt sind, wie Timotheus es war, jemand die Hände aufzulegen als Bestätigung zu einem gewissen Dienst, so tritt doch auch an uns dann und wann die Frage heran, ob wir jemand in einem Dienst anerkennen bzw. zu einem Dienst ermuntern sollen, und es sind daher die in der besprochenen Schriftstelle enthaltenen Belehrungen auch für uns wertvoll und wichtig und zugleich eine Mahnung für uns, in Reinheit und Hingabe an den HERRN zu wandeln, durch Seine Gnade, die allezeit für uns da ist.
Th. K.

Anmerkungen des Schriftleiters

Die vorliegende Doppelfrage ist von unserem lieben Mitarbeiter in seiner wohlbekannten, höchst dankenswerten Gründlichkeit behandelt - besonders auch, was den Zusammenhang anbelangt -, und es scheint mir nicht nötig, die Beantwortung der Frage noch um Wesentliches zu erweitern, zumal der Gegenstand eine so ernste Durchführung gefunden hat, dass diese sicher zu unser aller Herzen und Gewissen reden wird. Aber ich erlaube mir, noch einige, meist kleine Nebenhinweise zu geben.
1. Zunächst ist in Frg. 15, Jahrb. 11, sehr eingehend von unserem Mitarbeiter K. O. St. über die Frage der „Händauflegung” geschrieben; darin sagt Verf. auch, gerade wie Br. Th. K. in vorliegender Frage: „1. Tim. 5,22 hat nichts mit Heilung zu tun, sondern mit Einsmachung. Der Zusammenhang müßte jedem dies zeigen.” In meiner „Anmerkung” zu jenen Ausführungen habe ich (S. 260) über den daraus entstehenden Schaden geschrieben, der durch das sich zu eilig mit unerprobten Brüdern Einsmachen in der Gemeinde des HERRN hervorgerufen wird - und heute möchte ich dem hinzufügen, dass solcher Schade auch leider recht oft und leicht dadurch kommt, dass (ältere) Brüder zu eilig jüngeren (die es so „erwarten”!!) das „Du” anbieten! Hierüber ließe sich viel sagen, aber es genüge der Hinweis, dass wir auch hierin vorsichtig sein möchten, um nicht später traurige Folgen zu erleben!

2. Über die Stelle Off. 14,13b ist in Jahrb. 4 unter der Frage 24 (über Off. 20,4 und 2. Thess. 2,6.7) von Br. A. v. d. K. Liebliches gesagt. - Wenn man aber diese schöne Stelle, die sich ja auf die Zeit der großen Drangsal bezieht, wegen eines gewissen Gleichklangs mit der Stelle 1. Tim. 5,24.25 in Verbindung zu bringen sucht, so ist man in Gefahr, alles durcheinander zu bringen. Auch da gilt 2. Tim. 2,15!

3. Was die in Frage stehende Stelle 1. Tim. 5,24.25 selber anbelangt, möchte ich betonen, dass es sich ja hier in beiden Versen um „etliche” handelt! Wenn wir dies Wort „etliche” durch den ganzen 1. Brief Pauli an Timotheus verfolgen, so sehen wir eine gewisse Steigerung, jedenfalls aber bekommen wir außerordentlich ernste Ermahnungen, wenn wir die betr. Stellen vergleichen. Hier seien diese angeführt: 1,3.6.19; 4,1; 5,15.24.25; 6,10.21. Dass wir uns doch nur Gnade schenken ließen und die geschenkte auch benutzten, zu keinem Zeitpunkt unseres geistlichen Lebens irgendwie den „etlichen” zu gleichen, von denen es (aber) in jeder (vielleicht größeren) Gemeinde welche gibt! Wie furchtbar ernst, dass (wenn auch mancher Leute Sünden vorher offenbar sind und vorauseilen zum Gericht) die anderer (Gläubiger? Ungläubiger? sicher beider!) verborgen bleiben bis zu dem Augenblick, da sie vor dem Richterstuhl offenbar werden! Solche „etliche” haben dann in gewisser Hinsicht (durch irgendwelche oder auch ganz bestimmte böse Dinge) als Heuchler gelebt vor der Welt und vor der Gemeinde! Sie haben Menschen getäuscht - aber Gott konnten und können sie nicht täuschen! (Vgl. Ananias und Saphira in Apg. 5 und dazu Frage 22, Jahrb. 4!) Timotheus konnte getäuscht werden - gewiß aber nach dieser apostolischen Warnung, die mit ihm auch uns gilt, nicht mehr so leicht! -, aber der HERR wird zu Seiner Zeit aufdecken, was Menschen so schlau zuzudecken verstanden! Wie ernst ist das! Möchten wir alle uns unter die dem Timotheus und damit auch uns gegebene Mahnung stellen, die zu V. 22b paßt: Kap. 4,12! (Und dazu vgl. man z. B. Röm. 13,11-14 und 1. Kor. 9,26.27.) Gott gebe uns Kraft, in dieser Weise zu wandeln, damit als Frucht V. 25a hervorkomme! Eine Gefahr, der wir erliegen könnten, sehen, heiße für uns, sie zu vermeiden trachten! Möge daher die Beantwortung vorliegender Stelle diese gesegnete Folge für uns alle haben, dass wir durch Gnade wandeln: für die Menschen als offenbares Vorbild, und dem HERRN, „der ins Verborgene sieht” (Mt. 6!), zur Ehre!
F. K.


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 16 (1931)