Wie lesen wir die Bibel?
Autor: Jakob van Bruggen
Wer aus dem Amerikanischen ins Deutsche übersetzte Methodenbücher schon kennt (G. D. Fee & D. Stewart: Effektives Bibelstudium, 1990, und H. G. & W. D. Hendricks: Bibellesen mit Gewinn, 1995), zu den zahlreichen dickleibigen Sammelbänden im englischsprachigen Raum keinen Zugang hat und die nichtevangelikalen deutschen Methodenbücher (z. B. W. Egger: Methodenlehre zum Neuen Testament, 21990) aus verschiedenen Gründen nicht für ausreichend hält, dürfte durch Wie lesen wir die Bibel? einen Schritt weiterkommen. Jakob van Bruggen, Professor für Neues Testament an der Theologischen Universität der (freien) reformierten Kirchen in Kampen (Niederlande), wendet sich mit seiner praktisch gehaltenenEinführung in die Schriftauslegung einerseits an Theologiestudenten und Bibelschüler, schreibt aber andererseits einen so untechnischen Stil, dass sein Buch auch außerhalb des akademischen Unterrichts zu gebrauchen ist. Es besteht aus drei Hauptteilen. Der erste Teil (13-51: "Die Bibel als Lesebuch") bietet eine grundsätzliche hermeneutische Orientierung über den kanonischen Rahmen und die philosophischen Voraussetzungen der Auslegung, die Frage nach der Heiligkeit der Auslegungsmethode, die Bedeutung von Textskopus und Zeitgebundenheit und die Rolle des Heiligen Geistes. Im zweiten Hauptteil (57-133: "Aspekte des Lesens") werden die exegetischen Arbeitsschritte von der Textfindung über die Übersetzung (samt Syntax und Semantik), die Berücksichtigung der Zeitgeschichte, des Zusammenhangs und des Stils, die Anwendung bis hin zum Umgang mit exegetischer Literatur erläutert. Zu den einzelnen Schritten der Auslegung werden jeweils mehrere Beispiele geboten und Übungsaufgaben gestellt. Der dritte Hauptteil (140-197: "Die Reichweite von Prophetenworten") behandelt drei übergreifende Themen, zu denen man sich bei der Auslegung einzelner Abschnitte eine Meinung gebildet haben sollte, die aber dennoch keineswegs in allen Methodenbüchern vorkommen. Zunächst wird diskutiert, wie wörtlich Verheißungen zu nehmen sind und ob sie sich einmalig oder in mehreren Etappen erfüllen. Anschließend wird das Thema Typologie erörtert. Und zum Schluss erklärt der Autor, was bei der Auslegung von Gleichnissen zu beachten ist. Auch die Themen des dritten Hauptteils werden mit zahlreichen Beispielen illustriert. Dem, der mit der Lektüre nicht systematisch am Anfang beginnen will, wäre übrigens ein Seiteneinstieg in die Beispielexegese zur Taufe "für die Toten" (1 Kor 15,29) zu empfehlen (57-68). Am Ende findet der Leser neben einem Textregister eine Literaturliste mit grundlegender und weiterführender Literatur zu den einzelnen Kapiteln. Wie diese Liste zeigt, kann man natürlich jedes der von van Bruggen angesprochenen Themen auch monographisch in umfangreichen Bänden entfalten. Wem allerdings die Muße für eine so ausgedehnte Lektüre fehlt, der findet in dieser Einführung auf rund 200 Seiten ein konzentriertes und ausgewogenes Handbuch für die praktische Auslegungsarbeit, die in den verschiedenen Zweigen der alltäglichen Gemeindearbeit geleistet werden muss. Daher ist zu hoffen, dass das Buch, das in den Niederlanden seit 1981 zahlreiche Auflagen erlebt hat, auch in seiner jetzt von Dr. J.-B. Klautke angefertigten Übersetzung ins Deutsche viele Leser findet.
Die Rezension/Kritik stammt von: Armin Daniel Baum
Kategorie: Sonstiges