What Have They Done with Jesus?
Autor: Ben Witherington
Anders als es der Titel zunächst erwarten läßt, geht es in dem vorliegenden Band eines der führenden nordamerikanischen Neutestamentler um die wichtigsten Gestalten in der Umgebung Jesu. Jedoch geht es auch um Jesus selbst. Zunächst zeigt Witherington, wie in der neueren nordamerikanischen Forschung und populärwissenschaftlichen Diskussion in den Medien zur Zeit immer neue Sensationsmeldungen über Jesus und seine ersten Nachfolger generiert und unter großem öffentlichen Interesse verbreitet und diskutiert werden, so dass die kanonischen Evangelien und der Jesus der Alten Kirche und des christlichen Bekenntnisses unter Generalverdacht stehen und teilweise in den Hintergrund zu geraten drohen (1-11). Ein Teil dieser Debatten ist auch im deutschsprachigen Europa bekannt und wird auch hier – mit einigen wenigen eigenen Akzenten – geführt. Witherington analysiert zunächst, warum solche auf Sensation abzielende Beiträge so beliebt sind und was das Interesse daran über die eigene Kultur aussagt (guter Überblick über die aktuelle amerikanische Diskussion). Dann beschreibt er die Grundlagen und Grundaxiome einer historisch soliden, evangelikalen Evangelien- und Jesusforschung. Die ersten Jünger Jesu waren treue Nachfolger und Zeugen ihres Meisters. Aus ihrem späteren Zeugnis und Wirken kann der Meister durchaus erkannt werden („By learning about Jesus‘ inner circle you will indirectly learn about Jesus, since you can discern a lot about a person by evaluating the company he keeps“, 11). Darum will Witherington nach ihrer Geschichte und ihrem Beitrag zum Christentum fragen, um das Urchristentum und sein Bekenntnis zu Jesus besser zu verstehen. Viele der neueren Thesen und zum Teil höchst fragwürdigen Rekonstruktionen ranken sich gerade um diese Gestalten. Witherington gelingt es zu sichten, zu kritisieren und Klarheit zu schaffen. Zunächst geht es um Menschen, die im Leben des irdischen Jesus und in der Urgemeinde eine wichtige Rolle spielten: Johanna und Maria Magdalena als Jüngerinnen Jesu sowie die Darstellung Maria Magdalenas in verschiedenen späteren Legenden, Petrus, Maria, die Mutter Jesu, der Lieblingsjünger und die leiblichen Brüder Jesu, unter ihnen vor allem Jakobus und Judas. Paulus zeichnet sich durch seinen Beitrag zur Gemeinde Jesu nach dessen Tod und Auferstehung aus. Abschließend beschreibt Witherington den Charakter und die Charaktere des Urchristentums (277-91). Aus dem „inner circle“ der hier beschriebenen Menschen stammen die ntl. Bücher. Die (Aramäisch sprechende) Urgemeinde war von Anfang an von einer „hohen Christologie“ bestimmt, d.h. von Anbeginn an bekannte man Jesus als den präexistenten Messias, Sohn Gottes, Retter und Herrn. Von einer späteren Entstehung oder völligen Umgestaltung kann also nicht die Rede sein. Witherington legt ein rundum erfrischendes Buch über Jesus und seine ersten Nachfolger vor. Sie bildeten das Rückgrat der Urgemeinde, die unter der Leitung des Heiligen Geistes, in der Erinnerung an Jesu Worte und Taten und unter Rückgriff auf das Alte Testament die ganze Fülle dessen zu formulieren und zu bekennen begannen, was Gott in seinem Messias, Jesus von Nazareth, zum Heil von Juden und Heiden vollbracht hatte. Witherington bietet wichtige Einzelbeobachtungen und eine überzeugende Synthese, die zeigt, dass nicht die immer neuen Sensationsmeldungen und dubiose Texte weiterhelfen, sondern das gründliche Studium der zu Recht von der Kirche anerkannten und festgehaltenen kanonischen Evangelien und anderer ntl. Bücher. Gleichzeitig bietet Witherington eine hervorragende Kritik vieler neuer Thesen über Jesus und das Urchristentum. Das Buch ist beides: ein solides Stück notwendiger Apologetik und konstruktive Darstellung der tatsächlichen historischen Verhältnisse. Es ist leicht und spannend zu lesen und beinhaltet viele Hinweise für die Verkündigung, u. a. für Lebensbilder.
Die Rezension/Kritik stammt von: Christoph Stenschke
Kategorie: Sonstiges
Jahr: 2007
ISBN: 978-1-85424-847-3
Seiten: 352
€ Preis: 13,35 Euro