Verschwörung um Qumran?
Autor: Otto Betz, Rainer Riesner
Immer wieder wird durch christentumskritische Skandalbestseller wie „Sakrileg“ (Da Vinci Code) oder „Verschlusssache Jesus“ den unkundigen Lesern vorgegaukelt, dass der Vatikan die Herausgabe der Schriftrollen vom Toten Meer zu verhindern suche, da die Qumrantexte angeblich unliebsames Material über Jesus enthalten sollen. Auch wenn sich Bücher mit solch reißerischen Thesen millionenfach verkaufen, bleiben solche unwahren Behauptungen lediglich eine millionenfach geglaubte Lüge. Es ist daher mehr als begrüßenswert, dass nun der Qumran- und Jesusforscher Professor Rainer Riesner (Universität Dortmund) seine Forschungsergebnisse in allgemeinverständlicher Weise unter dem populären Titel „Verschwörung um Qumran – Jesus, die Schriftrollen und der Vatikan“ veröffentlicht hat. Das durchgehend – mit z.T. neuesten Fotos aus der Qumranforschung – illustrierte Buch ist ein wahres Lesevergnügen und eine schier unerschöpfliche Fundgrube für jeden, der Fakten in Sachen Qumran- und Jesusforschung sucht. Bereits 1993 hatte Riesner den weltweit beachteten Bestseller „Jesus, Qumran und der Vatikan“ veröffentlicht. Die Gesamtveröffentlichung aller Texte aus den Höhlen und neue Ausgrabungen in Qumran haben der Schriftrollenforschung nicht nur neue Impulse gegeben, sondern auch eine Vielzahl an neuen Erkenntnissen. In akribischer Detailgenauigkeit hat Prof. Riesner seinen Klassiker, den er zusammen mit seinem inzwischen verstorbenen Doktorvater und Qumranpionier Professor Otto Betz verfasst hatte, völlig überarbeitet und aktualisiert. Er präsentiert so eine Fülle an z.T. bisher wenig bekannten Fakten, für die der Leser sonst einen ganzen Berg an Fachliteratur durcharbeiten müsste. Prof. Riesner zeigt auf, warum die Mehrheit der Qumranforscher die jüdische Religionsgruppe der Essener für die Besitzer der antiken Bibliothek hält. Sein eigenes Fazit: „Und Qumran ist doch eine Essener-Siedlung!“ (S. 115). Die theologische Bedeutung der Qumrantexte für das Verständnis des Neuen Testaments ist enorm. Ein Beispiel: Man hat meist angenommen, der Messias sei im Frühjudentum nicht als „Sohn Gottes“ bezeichnet worden, während das im Neuen Testament oft geschieht. Das sei heidnisch-griechischer Einfluss. Hier fordert die Entdeckung des Qumrantextes 4Q246 zu einem Umdenken, denn der wichtigste Textabschnitt lautet: „Sohn Gottes wird er genannt werden, und Sohn des Höchsten wird man ihn heißen.“ Diese Formulierung erinnert an die Worte des Engels an Maria: „Der wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden … und er wird Sohn Gottes geheißen werden“ (Lukas 1,32-35). „Das Qumran- Fragment 4Q246 zeigt, wie an einer wichtigen Stelle der lukanischen Geburtsgeschichte die Sprache nicht etwa heidnisch-griechisch, sondern palästinisch-jüdisch ist“ (S. 194). Fazit: Das Buch ist ein Gewinn für jeden, der das antike Judentum und die Umwelt des Jesus von Nazareth genauer verstehen möchte und es ist absolut glaubensstärkend, zeigt es doch, wie wissenschaftliche Arbeit und erwecklicher Glaube sich befruchten können. Jeder engagierte Christ sollte es gelesen haben und Gemeindeleiter samt den Theologen ebenso! Diesem mitreißenden Buch wünscht man eine große Verbreitung.
Die Rezension/Kritik stammt von: Alexander Schick
Kategorie: Sonstiges