Ulrich Zwinglis Ethik
Autor: Matthias Neugebauer
Der Verfasser unterrichtet als Titularprofessor für Systematische Theologie (Ethik) an der Universität Zürich und ist gleichzeitig im Pfarrdienst einer Reformierten Kirchgemeinde tätig. Sein Buch will keine Biografie Zwinglis sein, geht aber auf prägende Momente im Leben des Reformators ein, vor allem auf sein Engagement im Zusammenhang mit der „Reisläuferei“, dem Solddienstwesen vieler Schweizer. Zwingli war als Feldprediger mit vor Ort und begleitete eidgenössische Söldner in Oberitalien. Wesentlich waren auch seine Begegnungen mit dem Humanismus, vertreten durch die Schriften des Erasmus von Rotterdam. Zwingli nimmt dessen „Humanismus auf, formt ihn aber gleichzeitig reformatorisch um“ (S.61). Durch die Erfahrung seiner eigenen Pesterkrankung begreift er, wie wichtig die „starke Vorordnung des göttlichen Willens und das Zurücknehmen des menschlichen Eigenwillens“ (S. 67) ist, was zu einem durchgehenden Merkmal seiner Ethik wird. Neugebauer zeigt, dass Zwinglis Ethik von dem Kernsatz „Christus ist unsere Gerechtigkeit“ ausgeht, den dieser systematisch entfaltet. Wahre Tugend kann allein aus Christus geschöpft werden und die größte Untugend ist „keinen Glauben an Gott“ (S. 96.98). Die Freiheit vom Gesetz beschreibt er so: „Wenn die Liebe in uns brennt, dann tun wir nichts mehr gezwungen, sondern alles frei und fröhlich. [… Die] Befreiung vom Gesetz besteht also darin, dass wir aus Liebe das tun, wovon wir wissen, dass es Gott wohlgefällt.“ (S. 129). Im dritten Kapitel beschreibt der Verfasser die lebenspraktischen Fragen von Zwinglis Ethik: Ehe und Familie, Arbeit und Müßiggang, Staat und Obrigkeit sowie Krieg und Frieden. In seinem Sakramentsverständnis folgt Zwingli weder den Katholiken noch Luther oder den Täufern (Taufe als Vergewisserung), sondern versteht es als „Einweihungs- und Verpflichtungshandlung“ (S. 140). Das Sakrament, z.B. die Taufe sei das sichtbare Zeichen dieser Verpflichtung. In Bezug auf die Obrigkeit gilt für Zwingli grundsätzlich: Der Christenmensch muss der Obrigkeit gehorsam sein. Die kritische Grenze ist allerdings erreicht, wenn die Obrigkeit sich anmaßt, über Gewissen und Seelen der Menschen zu herrschen (S. 184). Das ging für Zwingli so weit, dass er bereit war, die Grenze zum Krieg zu überschreiten, wenn die freie evangelische Predigt des Wortes Gottes eingeschränkt wird. Demzufolge trat Zwingli für einen schnellen Krieg ein, als sich die innerschweizer Kantone weigerten, dem Raum zu geben. Dieser Krieg endete nach einer kurzen Schlacht mit einer klaren Niederlage der Evangelischen mit 400 bis 500 Gefallenen, darunter auch Zwingli und sein Stiefsohn Gerold. Der Verfasser schließt sein Buch, indem er auf einige Momente aufmerksam macht, die Zwinglis Ethik auch für unsere Zeit interessant machen. Ein lehrreiches Buch, in dem Zwingli immer wieder selbst zu Wort kommt.
Die Rezension/Kritik stammt von: Karl-Heinz Vanheiden
Kategorie: Biografien, Lebensbilder
Jahr: 2017
ISBN: 978-3-290-17892-5
Seiten: 228
€ Preis: 29,90 Euro