Buch-Rezension: The Ways of Our God - An Approach to Biblical Theology

The Ways of Our God

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Durch die Aufklärung kam es am Ende des 18. Jh. zur Trennung zwischen Dogmatik und biblischer Theologie. Wenig später wurde auch die Einheit der biblischen Theologie fraglich und es entstanden die Theologie des AT und die des NT als getrennte Disziplinen. In der neueren Forschung wurde stark die Vielfalt der atl. und ntl. Theologie betont und herausgearbeitet, so dass die Möglichkeit ihrer Beschreibung überhaupt hinterfragt wurde und viele Forscher nur noch von den Theologien (Plural) beider Testamente sprechen. Bei manchem Erkenntnisgewinn im Detail hat diese Entwicklung dazu geführt, dass es in der kritischen Forschung keine einheitliche (gesamt)biblische Theologie mehr gibt. Die Folgen dieser Entwicklung für die Autorität der Bibel, für Glauben und Gemeinde sind theologisch verheerend. Doch gibt es seit ca. vierzig Jahren eine erfreuliche Gegenbewegung, die bewusst eine biblische Theologie entwickeln möchte. Neben vielen interessanten Einzelstudien sind mehrere biblische Theologien des Neuen Testaments entstanden, die sich bemühen - in Blickkontakt mit dem AT - die Einheit der ntl. Theologie aufzuzeigen und zu beschreiben (Hahn, Hübner, Stuhlmacher).

Daneben gibt es bereits einen Versuch, wieder eine gesamtbiblische Theologie zu beschreiben, der auch auf Deutsch vorliegt (B. Childs, Die Theologie der einen Bibel: Band 1 Grundstrukturen; Freiburg, Basel, Wien: Herder, 1994, Band 2 Hauptthemen, 1996). Daneben gibt es zwei hilfreiche Lexika biblischer Theologie aus evangelikaler Sicht; vgl. T. D. Alexander, B. S. Rosner (Hrsg.), New Dictionary of Biblical Theology; Leicester: IVP, 2000 und W. A. Elwell (Hrsg.), Evangelical Dictionary of Biblical Theology; Grand Rapids: Baker, 1996.

Der vorliegende Band ist das zweite Werk, das diesen Versuch wagt: „The present work argues that biblical theology is an intermediate discipline, lying between the historical study of Scripture and the appropriation of the biblical message in the life and work of the church, including the preaching of theWord. ... The main goal of biblical theology is to hear the two different voices of the Old Testament and New Testament in their canonical integrity, yet also to understand them as both witnesses to the one divine reality of Jesus Christ“ (xi).

Im ersten Teil (3-102) beschreibt Scobie nach einführender Bestimmung des Wesens und der Aufgabe einer biblischen Theologie und einem sehr lesenswerten Überblick über die Geschichte der biblischen Theologie (9-28) die neueren Entwicklungen, nämlich die Hinterfragung der historischen Kritik (Authentizität, die Hermeneutik des Einverständnisses und die dauernde Berechtigung der historischen Fragestellung), den Bibeltext in seiner kanonischen Endgestalt (literarische und sog. kanonische Zugänge), die Kirche als Auslegungsgemeinschaft und die Wiederbelebung biblischer Theologie (Traditionsgeschichte, biblische Themen und verschiedene biblische Theologien). Anschließend schildert Scobie die Methoden einer biblischen Theologie (46-80). Im Kapitel „Die Struktur biblischer Theologie“ (81-102) umreißt Scobie verschiedene Vorgehensweisen (systematische, historische und thematische Zugänge), beschreibt verschiedene Bestimmungen des Verhältnisses von AT und NT sowie das Muster von Verkündigung und Verheißung im AT und dessen Erfüllung und Vollendung im NT (”The pattern of proclamation/promise: fulfillment/consummation thus offers a structure for discussion the main themes of Scripture in a way that will reveal their inner canonical and theological dynamic rather than just their tradition-historical development", 93). Abschließend geht es um den Rahmen seines Entwurfs und um die Frage von Einheit und Vielfalt biblischer Theologie.

Teil zwei (103-927) stellt in einem thematischen Aufriss wesentliche gesamtbiblische Themen ausführlich dar: Gottes Ordnung (der lebendige Gott, der Herr der Schöpfung, der Herr der Geschichte, der Gegner, der Geist), Gottes Knecht (der Messias, der Menschensohn, Ruhm, Wort, Weisheit, Sohn, das Leiden des Knechts, die Rechtfertigung und Bestätigung des Knechts), Gottes Volk (die Völker, Land Israel und die Stadt Jerusalem – ein Thema, dass in der ntl. Theologie oft vernachlässigt wird –, die Verehrung Gottes, Dienst für Gott) und Gottes Weg (der Zustand der Menschen, Glaube und Hoffnung, Gottes Gebote, Nächstenliebe und Leben. Eine ausführliche Gliederung des thematischen Teils (928-48) erlaubt schnelle Orientierung. Bibliographie (949-1021) und verschiedene Register beenden den Band.

Ein rundum anregender, allgemeinverständlicher und benutzerfreundlicher Band, der eine Fülle biblischen Materials erschließt sowie umfassend in die ältere und neuere Forschung einführt. Er hilft, die großen biblischen Themen in beiden Testamenten zu verstehen. Während der erste Teil ganz gelesen werden sollte und sich hervorragend für den Unterricht an Bibelschulen und Seminaren eignet, kann er zweite Teil auch als Nachschlagewerk verwendet werden. Möge sich niemand vom Umfang abschrecken lassen!

Leider fehlt noch ein deutscher Entwurf, der noch spezieller die Fragestellungen der deutschsprachigen Diskussion aufgreift und eine gesamtbiblische Theologie erarbeitet. Wenn dies aus evangelikaler Perspektive geschehen würde, wäre es umso erfreulicher.

 Die Rezension/Kritik stammt von: Christoph Stenschke
 Kategorie: Sonstiges

  Verlag: William B Eerdman Co
  Jahr: 2002
  ISBN: 978-0802849502
  Seiten: 1038
 €    Preis: 49,77 Euro