Tatort Christenheit
Autor: Sören Kierkegaard
Gott schafft Alles aus Nichts – und Alles, was Gott gebrauchen will, macht er zuerst zu Nichts. Dieses tiefsinnige Zitat stammt von Søren Kierkegaard, (* 5. Mai 1813 in Kopenhagen † 11. November 1855 ebenda), dem bekannten dänischen Theologen und Philosoph. Bis heute wird Kierkegaard unter den Evangelikalen mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Gar mancher sieht in ihm sogar den „Vater der modernen Theologie und Philosophie“. Tatsächlich hat Kierkegaard zeitlebens für das reine Christentum gekämpft. Er selber drückte das so aus: Will einer zu mir sprechen: „Was du sagst, ist unwahr, du hast eine verwirrte fehlerhafte Vorstellung vom Christsein“, so antworte ich: „Mach mir das klar, so werde ich meine Auffassung ändern; wo nicht, natürlich keinen Tüttel.“ (…) Um ein Wort über mich selbst zu sagen: Ich bin nicht, was die Zeit vielleicht fordert, ein Reformator, auf keine Weise, auch nicht ein spekulativer, tiefsinniger Geist, ein Seher, ein Prophet, nein, ich bin – mit Verlaub – ich bin ein in seltenem Maße ausgeprägtes Polizeitalent. In dieser Auswahl kommt sein „Polizeitalent“ besonders zur Geltung. Schonungslos deckt Kierkegaard Missstände in der Christenheit auf und ihr Abweichen von den Christen der Bibel. Hierbei bedient er sich einer bildreichen Sprache mit zahlreichen Beispielen. Zahlreiche Themen, wie Nachfolge, Gottvertrauen und Selbstprüfung werden hier angesprochen. Über die vielen Traditionen und Ausschmückungen manch einer Kirche äußert er sich so: In der prächtigen Domkirche tritt der hochwohlgeborene, hochwürdige geheime General-Oberhofprediger auf, der auserwählte Günstling der vornehmen Welt, er tritt auf vor einem auserwählten Kreis von Auserwählten, und predigt gerührt über den von ihm selbst ausgewählten Text: „Gott hat auserwählt das Geringe vor der Welt und das Verachtete“ – und da ist niemand, der lacht. Über die Gier der Menschen nach einzig Materiellen (und somit der Geringschätzung des Geistlichen): Wenn ein Mann Zahnweh hat, sagt die Welt „armer Mann“; wenn einem Mann die Frau untreu wird, sagt die Welt „armer Mann“; wenn ein Mann in Geldschwierigkeiten ist, sagt die Welt „armer Mann“. – Wenn es Gott gefällt, in geringer Knechtsgestalt in dieser Welt leiden zu wollen, sagt die Welt „armer Mensch“; wenn ein Apostel in göttlichem Auftrag die Ehre hat, für die Wahrheit zu leiden, sagt die Welt „armer Mensch“, arme Welt! Obwohl über 150 Jahre alt, ist der Stil Kierkegaards äußerst frisch und erinnert leicht an die Art und Weise Luthers. Leider kenne ich mich zu wenig mit den anderen Werken Kierkegaards aus, um eine vollständige Bewertung zu liefern, jedoch ist diese Auswahl auf jeden Fall empfehlenswert. Kierkegaard fordert den Leser auf, ein Leben zu führen, dass sich ganz und gar hinter Gott und seine Gebote stellt. Besonders interessant, lehrreich und immer wieder auf Neue amüsant empfinde ich die bildhaften Kurzerzählungen (Methaphern) von Kierkegaard, z. B. über die Waldtaube, über den Brandmajor, über das Abführmittel usw …
Die Rezension/Kritik stammt von: Sergej Pauli
Kategorie: Sonstiges
Jahr: 1998
ISBN: 978-3893972654
Seiten: 160
€ Preis: 2,90 Euro