Streit um die richtige Bibelübersetzung
Autor: Gerhard Tauberschmidt
Der Autor, ausgewiesener Fachmann für Bibelübersetzungen, präsentiert in diesem Buch grundlegende Prinzipien, die bei einer Übersetzung der Bibel beachtet werden müssen. In wohltuender Sachlichkeit stellt er diese an verschiedenen deutschen Bibelübersetzungen dar und beurteilt, ob und warum eine Übersetzung gelungen ist oder nicht. Zwischendurch geht er immer wieder auf das Beispiel der Septuaginta ein, der ersten griechischen Übersetzung des Alten Testaments. Schon in seiner Dissertation (Principles of Bible Translation and the Septuagint: Translation Principles/Techniques and their Relevance for Differentiating Translational and Text-Critical Cases) hatte er sich den Übersetzungsprinzipien der LXX gewidmet. Dabei entdeckte er, „dass die Übersetzer der Septuaginta nicht nur wortgetreu, sondern zum Teil sogar recht frei oder kommunikativ übersetzten“ (S.35). Er fand schon dort das moderne Übersetzungsprinzip der funktionale Äquivalenz, das seine biblische Begründung eben in der Bibel der ersten Christen und ihrer Zitierung im Neuen Testament hat und nicht als Frucht der Aufklärung diffamiert werden kann. Das erste Kapitel beschäftigt sich mit den Unterschieden durch Sprachstruktur, Kultur und Denkweise der biblischen Sprachen im Vergleich zur deutschen, was entsprechende Auswirkungen in den Übersetzungen hat. Tauberschmidt zeigt dabei, dass beide Übersetzungstypen ihre Berechtigung haben. „Formorientierte Übersetzungen wollen den Lesern das biblische Wort in einer Art und Weise nahe bringen, die die ursprüngliche Sprache reflektiert. Kommunikative Übersetzungen sind dagegen darum bemüht, die Inhalte der Bibel den Empfängern auf klare und verständliche Weise zu vermitteln.“ (S.55f) Das zweite Kapitel zeigt, wie die Unterschiede in den Übersetzungen durch verschiedene Interpre- tationen entstehen (theologische Voreingenommenheiten und Standpunkte, die Rolle der Frau, Wörter, die selten vorkommen, die Rolle der Poesie usw.). Sein Fazit: Es gibt keine perfekte Übersetzung. „Wer denkt, dass seine ‚Lieblingsübersetzung’ neutral ist, täuscht sich. Denn jede Übersetzung spiegelt gewisse Einflüsse, Interpretationen und Verständnisse der Übersetzer wieder.“ (S.95). Kapitel drei nimmt die Unterschiede aufgrund linguistischer und sprachlicher Faktoren in den Blick. Formorientierte Übersetzungen stoßen hier oft an ihre Grenzen, zum Beispiel bei der Übersetzung des prophetischen Perfekt oder des griechischen "de", das gewöhnlich mit „aber“ wiedergegeben wird, aber oft gar nicht „aber“ bedeutet, sondern eine Weiterentwicklung andeutet. Die nächsten Kapitel befassen sich mit Unterschieden, die durch Übersetzungemängel entstehen, durch die Übersetzung von Zitaten im NT aus dem AT, die man nach der einen oder anderen Seite abgleicht, durch verschiedene Texttypen und Textvarianten. Sein Fazit: Man soll sich bewusst sein, dass es keine perfekte und neutrale Übersetzung gibt. Im Anhang nimmt der Autor die „Bibel in gerechter Sprache“ und die „Volxbibel“ aufs Korn. Er weist der ersteren Ungenauigkeiten, Fehler und Manipulationen nach und zeigt, dass die Übersetzer und Übersetzerinnen „versuchten, verschiedenen Interessengruppen und auch Ideologien gerecht zu werden, nicht aber den biblischen Texten.“ (S. 165). Der Volxbibel weist Tauberschmidt neben inhaltlichen Problemen, diskriminierenden Aussagen, Zusätzen, Auslassungen usw. sehr viele Ungenauigkeiten nach. Ein gelungenes und sehr empfehlenswertes Buch, das jeder, der ein Urteil über Bibelübersetzungen abgibt, unbedingt gelesen haben sollte.
Die Rezension/Kritik stammt von: Karl-Heinz Vanheiden
Kategorie: Bibeln, Studienbibel, Bibelstudium
Jahr: 2007
ISBN: 978-3417291063
Seiten: 180
€ Preis: 7,95 Euro