Buch-Rezension: Sein und Gott - Ein systematischer Ansatz in Auseinandersetzung mit M. Heidegger, É. Lévinas und J.-L. Marion

Sein und Gott

Autor:

Lorenz Puntel vereint verschiedene Disziplinen, die selten zusammen vorkommen. Er studierte sowohl Theologie als auch Philosophie, promovierte anschließend in Theologie und wurde schließlich Professor für Philosophie an der Universität München. Mit Puntel betätigt sich also ein katholischer Theologe auf höchstem akademischen Niveau als Philosoph.

Der Band "Sein und Gott" widmet sich der Frage nach Gott in der Philosophie. Für Bibelleser liegt der Wert des Buches vor allem im ersten und dritten Kapitel, weil diese verblüffende Einsichten enthalten, die im Rahmen der christlichen Apologetik von großem Nutzen sein können. So zeigt Puntel etwa, wieso die Frage „Existiert Gott?“ häufig in einer falschen Weise gestellt wird (S. 1-3). Die Frage setzt nämlich voraus, dass man über Gott wie über einen abstrakten Gegenstand sprechen kann, der in einer bereits vorgegebenen Welt entweder existiert oder nicht existiert. Diese Voraussetzung ist aber problematisch, weil Gott nicht nur ein Ding oder eine Person ist, über deren Existenz man von außen nachdenken kann, sondern allem anderen überhaupt erst Existenz, Sinn und Struktur verleiht. Damit hat nicht derjenige ein Problem, der Gott für den Urheber und Urgrund allen Seins hält, sondern derjenige, der ohne einen solchen Urheber voraussetzt, dass überhaupt irgendetwas „ist“ oder „existiert“.

Die akribisch vorgetragenen Überlegungen Puntels führen im Laufe des Buches stringent dahin, dass jede philosophische Überlegung und jede Ontologie Gott letztlich voraussetzen muss, um sinnvoll zu sein. Was Puntel so präsentiert, kann man (auch wenn Puntel dies nicht für sich in Anspruch nimmt) durchaus als eine Art Gottesbeweis betrachten. Doch im Gegensatz zu den klassischen Gottesbeweisen kommt nicht der Mensch durch seine Überlegungen zu Gott, sondern muss Gott bereits voraussetzen, um überhaupt sinnvoll nachdenken zu können. Genau damit sind auch die Grenzen menschlichen Nachdenkens über Gott skizziert: Nach Puntel kann am Ende nicht die Philosophie, sondern nur die Offenbarung Gottes in der Geschichte weiteren Aufschluss darüber geben, wer und wie dieser Gott ist (S. 272-274). Damit führen die Überlegungen Puntels am Schluss zur Bibel und zum christlichen Gott hin und verweisen bei jeder weiteren Überlegung zu Gott auf das Gebiet der schriftlichen bzw. geschichtlichen Offenbarung Gottes.

Insgesamt liefert Puntel damit akribisch ausgearbeitete Überlegungen, die sich in der christlichen Apologetik fruchtbar machen lassen. Auf philosophisch hohem Niveau seziert Puntel so manches vordergründige Argument, das gegen Gott ins Spiel gebracht wird. Er gibt damit ein positives Beispiel dafür, wie philosophische Überlegungen nicht im Gegensatz, sondern im Dienst des Glaubens stehen können.

 Die Rezension/Kritik stammt von: Benjamin Lange
 Kategorie: Sonstiges

  Verlag: Mohr Siebeck
  Jahr: 2012
  ISBN: 978-3161519130
  Seiten: 444
 €    Preis: 69,00 Euro