Nur eine Illusion?
Autor: Markus Rammerstorfer
Als Geburtsstunde des „Intelligent Design“-Ansatzes wird meist das Jahr 1991 genannt, in dem das Buch „Darwin on Trial“ von Philipp E. Johnson veröffentlicht wurde. Ein weiterer Meilenstein war „Darwins Blackbox“ (1996) von Michael J. Behe. Mit seinem Buch „Nur eine Illusion? Biologie und Design“ leistet Markus Rammerstorfer Pionierarbeit für „Intelligent Design“ im deutschsprachigen Raum. „Biologen müssen sich ständig ins Gedächtnis rufen, dass das, was sie sehen, nicht geplant wurde, sondern sich entwickelte“, sagte der Nobelpreisträger Francis Crick. Rammerstorfer untermauert anhand vieler Zitate ausführlich, dass sich auch in der modernen Biologie die offensichtliche Zielgerichtetheit (Teleologie) geradezu aufdrängt und der Schluss auf Design nahe liegt. Diesen Sachverhalt nimmt der Autor zum Anlass, die Beweislast denjenigen zuzuschreiben, die die Teleologie nur als Schein darzustellen versuchen: „Muss man sich tatsächlich verteidigen, wenn man die Zielgerichtetheit bzw. den Anschein von Planung in der Organismenwelt als real ansieht und daher auf eine planende Instanz schließt?“ (S. 5). Der nun fast schon historische Disput um die Teleologie, der 1802 mit William Paley bereits seinen Anfang nahm, ist der Kern in diesem Buch und wird in einer sehr sachlichen und erfrischenden Weise beleuchtet. Der Autor geht dabei auch auf die häufigsten verwendeten Argumente gegen Teleologie, gegen Design in der Natur, ein. Dabei zeigt er, dass manche Evolutionsvertreter oftmals theologische Argumente verwenden, „die weit über den Rahmen der Wissenschaft hinausgehen, wenn es darum geht, dem Evolutionskonzept Raum zu schaffen“ (S. 68). Beispielsweise wird behauptet, dass der inverse Aufbau des Wirbeltierauges unsinnig sei, und ein intelligenter Designer so etwas nicht gebaut hätte. In Kapitel 8 analysiert der Autor solche Argumente, die auf bestimmten Annahmen beruhen, was ein Designer nicht tun oder nicht zulassen würde (sog. Dysteleologien). Dieses Kapitel ist ausgesprochen gut gelungen. Es legt dem Leser ein kostbares Instrumentarium an die Hand, das ihm ermöglicht, haltlose Dysteleologie- Argumente auszuhebeln. Offen stellt der Autor noch ungelöste Probleme innerhalb des noch recht jungen Theorieansatzes vor. Eine General-Theorie des „Intelligent Design“ müsste noch entwickelt werden und ein anerkanntes Verfahren zur Erkennung von Design-Signalen in der Organismenwelt konnte noch nicht etabliert werden. Mit Spannung wird die weitere Entwicklung des „Intelligent Design“-Ansatzes noch zu verfolgen sein. In seiner Zusammenfassung macht der Autor klar, dass er mit seinem Buch nichts Geringeres erreichen möchte, als dem Ansatz, „dass Intelligenz ein realer Faktor in der Historie des Lebens auf der Erde war“ (S. 115), einen Platz in der Ursprungsfrage zu verschaffen. Dieses Unterfangen ist ihm gelungen. Wenn Sie der Flügelschlag eines Kolibris fasziniert, werden Sie auch von diesem Buch faszinieren sein, das neben der fair und tiefsinnig diskutierten Debatte um Design in der Biologie dem Leser auch die schöpferische Genialität biologischer Konstruktionen in der Natur vor Augen malt. In Kapitel 3 „Lebens-Technik?“ lernt man die „Gangschaltung“ einer Schmeißfliege und recht ausführlich den Aufbau eines Bakterienmotors kennen, der einem Rotationsmotors – wie er aus der Technik bekannt ist – verblüffend ähnelt. „Der massive Anschein von Planung“, der eben nicht durch ungelenkte Mechanismen erklärt werden kann, ist der Grund, den der Autor für seine Arbeit angibt. Eben dieser deutliche Eindruck von Teleologie, von Planung und Zielgerichtetheit, kurzum von Design, bewegt manche Menschen dazu, diesem Eindruck nachzugehen und „Argumente für seinen Realitätsgehalt zu sammeln“; während andere versuchen ihn „als Illusion bloßzustellen“ (S. 118). Durch sehr ausführliche Zitierungen (teilweise auch in Englisch) wird der Leser in Rammerstorfers Werk zwar umfangreich informiert, doch könnten die umfangreichen Zitate von manchen Lesern bei der Lektüre als störend empfunden werden. Schön wäre es gewesen, wenn englischsprachige Zitate auch übersetzt worden wären. Für kurzweilige Unterhaltung eindeutig weniger geeignet, bietet das Buch jedoch ein lohnenswertes Leseerlebnis. Wer sich mit dem Ansatz des „Intelligenten Designs“ auseinandersetzen will und eine gut recherchierte Arbeit zu schätzen weiß, sollte „Nur eine Illusion? Biologie und Design“ von Markus Rammerstorfer in seinem Bücherregal stehen haben.
Die Rezension/Kritik stammt von: Kai-Uwe Kolrep
Kategorie: Sonstiges