Buch-Rezension: Lexikon der theologischen Werke

Lexikon der theologischen Werke

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Dieses neue theologische Lexikon ermöglicht eine schnelle Orientierung über mehr als tausend der bekanntesten und wirkungsgeschichtllich bedeutendsten Werke der christlichen Theologie in allen ihren Disziplinen von der Alten Kirche an bis in unsere Gegenwart: „um Autoren und Werke zu zuordnen; um sich einen schnellen Überblick über die Hauptwerke eines Autors zu verschaffen; um sich an die Hauptgedanken eines Werkes zu erinnern oder einen Vorgeschmack davon zu erhalten; um sich darüber zu informieren, was in der theologischen Wissenschaft diskutiert wird, und um neugierig zu werden, dem ausführlicher nach zugehen“ (Vor wort, XIII).

Diejenigen theologischen Werke werden präsentiert, „welche in der gegenwärtigen theologischen Forschung und Lehre unverzichtbare Quellen und maßgebende Orientierung dar stellen“ (XIII). Während sich zu denWer ken der Alten Kirche bis Neuzeit entsprechende Informationen mit etwas Mühe auch aus verschiedenen Lexika zusammentragen lassen, sind gerade die hier gebotenen Einträge zu Werken aus dem zwanzigsten Jhdt. (bis in die neunziger Jahre) sehrhilf reich (z. B. Widerstand und Ergebung und Gemeinsames Leben von D. Bonhoeffer, Honest to God von J. A. T. Robinson, Christ and Culture von R. Niebuhr, Christsein von H. Küng, Offenbarung als Geschichte von W. Pannenberg, die Theologische Ethik von H. Thielicke). Beizeit genössischen Werken wurden Autoren ausgewählt, „welche zum Zeitpunkt der Erstellung des Lexikons emeritiert waren, diese sollten dann durch ein (bis einschließlich 1980 erschienenes) repräsentatives Werk im Kontext der aktuellen theologischen Forschung vorgestellt werden“ (XIV).

Neben Büchern werden auch wichtige Zeitschriftenartikel aufgenommen (z. B. „Zwischen den Zeiten“ von F. Gogarten). Eine Auflistung der Werke zeigt die Spannbreite des Inhaltes: Abhandlung von freie Untersuchung des Canon (J. S. Semler), Die Absolutheit des Christentums und die Religionsgeschichte (E. Troeltsch), Acht. Sermon. D. M. Luthers vonn jm gepredigt zu Wittemberg in der Fasten (die sog. Invokavitpredigten, leider fehlt dort ein Querverweis, auch im Register ist unter diesem Stichwort zu den neunundzwanzig besprochenen Schriften Luthers kein Hinweis, S. 838), Achtzehen schlußrede so betreffende eyn gantz Christ lich leben von B. Hubmaier, Acta Sanctorum von J. Bolland, L’action: Essai d’une critique de lavie et d’une science de lapra tique von M. Blondel, Ad Carolvm Romanorvm Imperatorem ... Fidei Huldrychi Zuinglij ratio, Ad Demetrianum und Ad Donatum des Kirchenvaters Cyprian.

Die einzelnen Artikel, von einer großen Anzahl internationaler Fachleute verfasst, nennen Titel (mit deutscher Übersetzung), Verfasser und die Angaben zur Erstveröffentlichung in der Überschrift. Dann werden der Aufbau und die zentralen Gedanken des Werkes und seine Wirkungsgeschichte beschrieben. Abschließend wird auf die gebräuliche wissenschaftliche Ausgabe, ggf. auf Übersetzungen und auf wichtige Sekundärliteratur hingewiesen. Das ausführliche Register der Autoren (mit Angabe der Lebensdaten und der von Ihnen in diesem Lexikon vor gestellten Schriften) ermöglicht auch den Zugang über die Autoren.

Zu bemängeln ist, dass manche Werke unter dem Originaltitel erscheinen, ohne dass es bei der gebräuchlichen deutschen Bezeichnung einen Querverweis gäbe. So erscheint z. B. der aus der Sammlung der apostolischen Väter stammende Hirt des Hermas nur unter Poimen, der Johanneskommentar des Origenes unter Exegetika eis to kata Ioannen Euangelion, der Hoheliedkommentar des Gregor von Nyssa unter Exegesis tou Asmatos ton Asmaton oder Luthers Genesiskommentar unter In Genesin en arrationum. Die Barmer Erklärung (Theologische Erklärung von Barmen), die Confessio Augustana und der Heidelbergerkatechismus (Catechismus oder Christlicher Vnder richt ...) lassen sich mit etwas Mühe fin den (122-24, 67-69). Lediglich Querverweise von den gebräuchlicheren lateinischen Titeln zu den griechischen Originalen erscheinen, z. B. Contra Celsum zu Kata Kelsou.

Die Auswahl der aufgenommenen Werke ist insgesamt ausgewogen, so dass auch eine ganze Reihe bekannter konservativer Werke aufgenommen sind: Die Pia Desideria von P. J. Spener, der Pilgrim’s Progress von J. Bunyan, The Character of a Methodist von J. Wesley, Die christliche Ethik, das christliche Dogma und Der Glaube im NT von A. Schlatter, Die christliche Lehrwissenschaft nach den biblischen Urkunden von J. T. Beck, Von der Christlichen Tauff der Gläubigen von B. Hubmaier (auch andere Werke der Täuferbewegung und des sog. „linken Flügels“ der Reformation finden Berücksichtigung), die Geschichte des Neutestamentlichen Kanons von T. Zahn, Christologie des Alten Testaments und Commentar über die Messianischen Weissagungen von E. W. Hengstenberg oder A Declaration of Faith of English People ... von T. Helwys, das erste baptistische Bekenntnis.

Bei den Werken aus der unmittelbaren Gegenwart ist die Auswahl freilich subjektiver. Ist z. B. die Studie von K. Lehmann Auferweckt am dritten Tag nach der Schrift wichtiger als die Studie Paul and Palestinian Judaism von E. P. Sanders (1979), die die neuere internationale Paulusforschung bis heute bestimmt? Hier und an anderen Stel lenzeigt sich eine wesentlich deutsche, etwas katholizismus-lastige Perspektive in der Auswahl der Werke durch die Herausgeber.

Im Bereich des NT vermisst man ferner E. Schürers Geschichte des jüdischen Volkes im Zeitalter Jesu Christi, W. Boussets Kyrios Christos und M. Hengels Judentum und Hellenismus. Die Konzilientexte wurden nicht aufgenommen, die großen protestantischen Bekenntnisse sind berücksichtigt, „sofern sie als originäres Werk eines einzelnen Theologen oder einer kleinen Gruppe gelten können“ (XIII; z. B. die Westminster Confession, die sog. Schleitheimer Artikel, zu finden unter Brüderliche vereynigung etzlicher kinder Gottes, siben Artickel betreffend, The Confessione of the fayth and doctrine beleved and professed by the Protestantes of the Realme of Scotland).

Die Definition, wo und (ab) wann es sich um ein „theologisches“ Werk handelt, ist nicht immer erkennbar, so sind z. B. die Geistreichen Sinn und Schlußreime von Angelus Silesius auf genommen, Kleppers Kyrie fehlt dagegen. Weitere Informationen und die entsprechende dogmengeschichtliche Einordnung dieser und anderer Werke finden sich z. B. in C. Andresen (Hrsg.), Handbuch der Dogmen- und Theologiegeschichte I-III (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1982), in den Einträgen der Theologischen Realenzyklopädie (Berlin, New York. W. de Gruyter, 1977) oder dem knappen Überblick von B. Hägglund, Geschichte der Theologie: Ein Abriss, 3. Aufl., Kaiser TB 79 (Gütersloh: Gütersloher, 1997).

Neben dem Gebrauch als hilfreichem Nachschlagewerk für Forscher, Studenten, hauptamtliche Mitarbeiter und theologisch interessierte ehrenamtliche Mitarbeiter in Gemeinden lädt der Band ein, die bekannten und weniger bekannten „Klassiker des Christentums“ zu entdecken und vielleicht auch auf die Lektüre mancher Werke zu verzichten, da das Lexikon die ganze Bandbreite der Theologie abdeckt, auch mit ihren aus Historischen, wissenschaftlichen und geistlichen Überlegungen fragwürdigen Beiträgen. Bei einem kaum mehr zu überschauenden und schnell lebig gewordenen christlichen Büchermarkt greift man gerne auf lange Bewährtes zurück. Vielleicht fordern uns die Klassiker aus anderen Zeiten und Umständen intellektuell und geistlich mehr heraus, als Bücher, die (auch) nur unsere Fragen stellen, in unseren Denkmustern nach Antworten suchen und uns zuweilen sagen, was der Zeitgeist sagt und/oder wir gerne hören wollen.

 Die Rezension/Kritik stammt von: Christoph Stenschke
 Kategorie: Sonstiges

  Verlag: Alfred Kröner Verlag
  Jahr: 2003
  ISBN: 3-520-49301-2
  Seiten: 849
 €    Preis: 58,00 Euro