Buch-Rezension: Lehrverbot für Frauen? - Was Paulus wirklich meinte - eine Auseinandersetzung mit 1. Tim. 2,11-15

Lehrverbot für Frauen?

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Die amerikanische Originalausgabe erschien bereits 1992 unter dem Titel: I Suffer Not a Woman. Die bearbeitete deutsche Ausgabe erschien 12 Jahre später. Sie wurde mit einem Vorwort von Gerhard Hörster versehen. Für ihn scheint die Mitarbeit von Frauen in Gemeindeleitungen und im Verkündigungsdienst grundsätzlich geklärt (S. 7). Er lässt sich auch durch die massiven Gegengründe in dem 1999 erschienenen von H. Scott Baldwin herausgegebenen Buch Frauen in der Kirche: 1.Timotheus 2,9-15 kritisch untersucht nicht überzeugen. (S. 11)

Baldwin kommt zu dem Ergebnis, dass 1Tim 2,12 übersetzt werden muss: „Ich erlaube es einer Frau nicht, einen Mann zu lehren oder Autorität über ihn auszuüben.“ T.R. Schreiner resümiert: „Überdies sollen Frauen nicht eine Lehrrolle für sich in Anspruch nehmen, wenn Männer und Frauen in öffentlichen Versammlungen zusammenkommen; sie sollen in stiller Unterordnung lernen. Eine Lehrtätigkeit oder Autorität auszuüben ist Frauen aufgrund der Schöpfungsordnung untersagt.

Prof. H. Stadelmann kommt zu dem Schluss: „Das hier anzuzeigende Buch macht in detaillierter Argumentation deutlich, dass 1.Tim.2,9-15 der Berufung von Frauen in den gemeindeleitenden Hirten- und Lehrdienst deutlich widerspricht, und dass von daher die Stellung zur Frauenordination gerade heute ein Prüfstein der Bibeltreue ist.

Clark Kröger betonen zunächst ihre Frömmigkeit. Ja, „wir haben es mit dem Wort Gottes zu tun“. „Wir sind der Überzeugung, dass Gott durch die Bibel tatsächlich zu uns spricht“ (S. 18). „Wir kritisieren auch nicht Paulus oder seine Theologie, wir stellen einfach fest, dass wir Paulus noch genauer studieren müssen.“ (S. 18) Sie sind überzeugt, genau zu wissen, was Paulus meinte: „Am Ende dieses Buches werden wir zu dem Ergebnis kommen, dass die Passage in 1Tim 2,9-15 eine positive und lebensverändernde Botschaft enthält, die Frauen auferbaut“ (S. 19).

Immerhin geben sie die Quellen an und zitieren sie ausführlich, aus denen sie ableiten, dass Paulus nicht gesagt habe: „Ich erlaube aber einer Frau nicht zu lehren, auch nicht über den Mann zu herrschen“, sondern: „Einer Frau gestatte ich überhaupt nicht zu lehren, sie sei der Ursprung des Mannes.“ Verboten würde in diesem Fall die angebliche Irrlehre, der Anfang allen menschlichen Lebens sei die Frau. Und diese Lehre würde gerade von Frauen vertreten. Dafür benötigen die Autoren 262 Seiten.

Was mich dann aber sehr verwundert hat, ist einerseits der hohe wissenschaftliche Anspruch, andererseits die Verwendung und Betonung bestimmter Ausdrücke aus der Authorized Version (King James), obwohl es im Grundtext eindeutig anders steht. (S. 69)

Einerseits wird die Bedeutung und Wichtigkeit des Zusammenhangs betont, andererseits haarsträubend falsche kontextwidrige Aussagen gemacht. So wird behauptet, in Tit 2,3 würden „Frauen im Ältestenamt aufgefordert, sich ‚des Priesteramtes würdig’ zu erweisen.“ Dort geht es aber einfach um alte Frauen. (S. 105)

Phöbe wird als „Frau im geistlichen Amt“ bezeichnet. Sie würde auch prostatis genannt, also Aufseher, Wächter, Beschützer. Römer 16,2: „Sie ist vielen ein Beistand gewesen, auch mir selbst.“ Die Clark-Krögers wollen uns ernsthaft weismachen, sie sei Aufseherin des Paulus gewesen. Den Zusammenhang drehen sie so um, dass er nun lautet: „Denn sie wurde eingesetzt – von mir eigenhändig sogar –, um vielen vorzustehen.“ (S. 106) Ja, so hätte man es gern.

Die Autoren behaupten, Paulus würde eine Reihe von Frauen als Mitarbeiter erwähnen und die Gemeinden bitten, sich ihnen zu unterstellen. Wenn man die angegebenen Stellen liest, kommt man wirklich ins Grübeln. „Grüßet Tryphäna und Tryphosa, die im Herrn arbeiten. Grüßet Persis, die Geliebte, die viel gearbeitet hat im Herrn.“ „… dass auch ihr solchen unterwürfig seid und jedem, der mitwirkt und arbeitet.“ Nur, der eine Vers stammt aus Rö 16 und der zweite aus 1Kor 16. Und der Zusammenhang im 1Kor 16 zeigt, dass es sich dabei um Stephanas handelte, der mit seinem ganzen Haus dem Herrn diente.

Aus Apg 1,14-26, der Anwesenheit einiger Frauen auf dem Obersaal, wird gefolgert: „Auch bei den ersten Weichenstellungen, die in der Urgemeinde in Jerusalem getroffen wurden, haben Frauen mitgewirkt.“ Na ja, die Urgemeinde entstand aber erst in Apg 2. Und in Kap. 1,16 sprach Petrus nun wirklich die Männer an: „Männer, liebe Brüder“.

Die Verfasser glauben übrigens nicht, dass Paulus den 1Tim geschrieben hat. Er sei aber an der Abfassung maßgeblich beteiligt gewesen. Die Autoren meinen, sich entschuldigen zu müssen, wenn sie später im Text der Einfachheit halber „Paulus“ schreiben (S. 36-40).

Das Buch enthält an die 200 Seiten (meist heidnisches) Hintergrundmaterial und 477 Fußnoten. Glaubwürdiger wird es für mich dadurch nicht. Ich habe den Eindruck, dass wir hier und auch bei den anderen Prinzipien nur über den Tisch gezogen werden sollen und zwar im Sinn einer frommen, dem Zeitgeist unterworfenen Ideologie, die dann auch noch als Gottes Wort ausgegeben wird.

 Die Rezension/Kritik stammt von: Karl-Heinz Vanheiden
 Kategorie: Biblische Lehre

  Verlag: SCM R. Brockhaus
  Jahr: 2005
  ISBN: 3-417-29474-6
  Seiten: 320
 €    Preis: 19,90 Euro