Hörbuch: Religiös ohne Gott
Autor: Norbert Scholl
Dem von Elke Domhardt gesprochenen Text kann man 74 Minuten gut zuhören. Er geht ja auf das gleichnamige Buch von Norbert Scholl, einem emeritierten Professor für katholische Theologie und Religionspädagogik, zurück. In seiner Einleitung zu tradierten religiösen Ausdrucksformen in der Liturgie oder der Predigt äußert sich der Verfasser sehr kritisch zur religiösen Sprache. Sie ist zu einer Sondersprache geworden, die von den meisten als fremd empfunden wird. Das Profane, das Weltliche, besitzt eine allen Menschen zugängliche Realität, die religiöse Sprache nicht. Gleiche Worte täuschen oft gleiche Bedeutungen vor, weichen aber oft stark voneinander ab. So könnte man das Wort „Wiedergeburt“ als Bestätigung für die Lehre der Reinkarnation verstehen. Scholl stellt aber auch die Rede von Gottes Allmacht in Frage oder von einem Gott, der Gesetze gegeben habe und bei dem man dann auf die letzte Abrechnung warten müsse. So hätten Eltern ihren Kindern gegenüber oft etwas als Willen Gottes ausgegeben, was doch nur ihr eigener Wille war. Scholl geht soweit, dass er Gott als „pädagogischen Versager“ bezeichnet, wenn bei ihm von Strafe die Rede ist. Dann beschreibt er Elemente, auf denen eine Religiosität ohne Gott sich aufbaut, zum Beispiel: in sich gehen, Stille, staunen können, das richtige Sehen, intuitives Erkennen des Eigentlichen. Religiosität habe es nach Scholl mit Erfahrung zu tun. So beschreibt er Transzendenzerlebnisse im Alltag, in der Natur oder bei der Betrachtung des Weltalls, aber auch beim Tanzen usw. Er sieht überall Transzendenz, selbst in der Evolution. Offenbar passt das alles in seine katholische Theologie. Scholl hat durchaus richtige Beobachtungen gemacht, aber man hat den Eindruck, er lässt jede Form von Religiosität gelten, die zur Transzendenz führt, obwohl er sich vom Pantheismus noch abgrenzt. Mit biblischem Glauben und dem Staunen über den Schöpfer der Welt hat das alles aber nichts mehr zu tun. Es ist eine Religiosität ohne den biblischen Gott, die diesen wahrscheinlich auch nie finden wird.
Die Rezension/Kritik stammt von: Karl-Heinz Vanheiden
Kategorie: Sonstiges
Jahr: 2011
ISBN: 978-3-654-60184-7
Seiten: 0
€ Preis: 12,90 Euro