Buch-Rezension: Geschichte des globalen Christentums, Teil 1-3

Geschichte des globalen Christentums, Teil 1-3

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Die bei Kohlhammer erschienen drei Bände richten sich an eine akademisch interessierte Leserschaft. Viele Autoren haben mitgewirkt, so dass eine zusammenfassende Beurteilung zum Inhalt und Schreibstil nicht möglich ist. Während Armin Sierszyns 2000 Jahre Kirchengeschichte, wie der Titel erkennen lässt, den gesamten Zeitraum der Kirchengeschichte nachzuzeichnen versucht, sind es hier nur die letzten 5 Jahrhunderte. Auch wenn das ein langer Zeitraum ist, mag sich der Leser wundern, warum die anderen 1500 Jahre nicht behandelt wurden. Dies ließe sich auf folgende Formel bringen: je kürzer der Längsschnitt, desto breiter der Querschnitt.

David W. Bebbington schreibt in The Evangelical Discovery of History über das Überwinden der vertikalen denominationellen Geschichtsschreibung durch denominationsübergreifende Querschnitte, die maßgeblich zur evangelikalen Identitätsfindung beigetragen haben. Wen interessiert, was bis zur Reformation geschah, dem sei der erste Band des bei Orbis erschienen History of the World Christian Movement Volume I empfohlen.

Größtenteils Europäer beziehungsweise in Europa lehrende Professoren und forschende Wissenschaftlicher hatten Kapitel über globales Christentum verfasst und setzten damit eine lange Tradition fort, die es eigentlich im Sinne des globalen Christentums zu überwinden gilt, also den europäisch-akademischen Blick auf die Geschichte der Kirche. Etwas verwundert hat der Verfasser dieser Rezension festgestellt, dass es nur geringe personelle Schnittmengen zwischen den Autoren und den Mitgliedern der Yale-Edinburgh-Gruppe über das Weltchristentum und die Geschichte der Mission gibt. Andrew Walls wird jeweils einmal in den Bänden I und II zitiert, während Lamin Sanneh und Brian Stanley überhaupt nicht erwähnt werden. Stanley hatte im Spätherbst des Jahres 2021 gar nichts von der englischen bei Brill erschienenen Ausgabe gehört, von der Band 1 bereits 2017 zum ersten Mal veröffentlicht wurde.

In der Missionsgeschichtsschreibung lag der Schwerpunkt bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts auf der linearen Ausbreitung der christlichen Kirchen von A nach B, die von westlichen Missionaren initiiert wurde. Neuere Studien zum Weltchristentum befassen sich dagegen mit der Verbreitung und Aneignung durch Prozesse der Übersetzung und Rückübersetzung sowie der Übertragung in multizentrischen globalen Netzwerken. Die eurozentristische Geschichtsschreibung früherer Jahrhunderte räumte der kirchlichen Mission im Süden und Osten in ihren Kirchengeschichtsbüchern wenig Raum ein. Im Zeitalter der Globalisierung, das von postkolonialer Kritik und Horizonterweiterung geprägt ist, muss auch Kirchengeschichte neue Wege gehen. Diesem Anspruch wird Geschichte des globalen Christentums gerecht.

Diejenigen Leser, für die Kirchengeschichte schon immer mehr war als die drei W (Wittenberg, Wartburg, Worms), die zwei E (Evangelisch, Europa) oder WASP (White Anglo-Saxon Protestants), werden in diesen drei Bänden Bekanntes, weniger Bekanntes und viel Neues entdecken. Als Nachschlagewerk sind diese drei Bände zu empfehlen.

 Die Rezension/Kritik stammt von: Dietmar Schulze
 Kategorie: Geschichte, Kirchengeschichte

  Verlag: W. Kohlhammer GmbH
  Jahr: 2021
  ISBN: 978-3170419704
  Seiten: 2108
 €    Preis: 189,00 Euro