Buch-Rezension: Geschichte als Brücke? - Neue Zugänge zum Alten Testament

Geschichte als Brücke?

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Die beiden Aufsätze des schmalen Bändchens sind aus Vorträgen der „Marburger Tagung für Theologiestudierende“ im November 1998 erwachsen und wollen Schneisen zur Orientierung in das Dickicht der Fragestellungen schlagen.

Manfred Dreytza, Dozent im Studienzentrum Krelingen und Leiter der Ahldener Bruderschaft, versucht als erstes zu klären, was wir überhaupt meinen, wenn wir von Geschichte sprechen. Er unterscheidet vier Arten von Geschichte. Einmal die dargestellte oder berichtete Geschichte, dann den Strom oder Lauf der Geschichte, die kritisch rekonstruierte „Netto- Geschichte“, die mit dem Anspruch auftritt, das „wirkliche“ Geschehen zu zeigen, und schließlich die Geschichtsforschung als Wissenschaft. Sein Fazit: die Geschichte ist keine Brücke, sondern ein „Raum, in dem Gottes Offenbarung durch Taten und Worte geschieht“. Dabei geht es nicht nur um die reinen Ereignisse, denn sie enthalten in sich noch keinen Sinn. „Weder der Anfang noch der Sinn, noch das Ziel der Geschichte liegen in ihr selbst.“ (S. 25). Die berichteten Ereignisse sind in Gottes Offenbarung eingebettet und so kommt uns aus dem Wort die Brücke von drüben entgegen.

Traugott Hopp, Rektor der Akademie für Weltmission in Korntal, macht im zweiten Aufsatz die interessante Beobachtung, dass man bis ins 18. Jahrhundert hinein überhaupt nicht zwischen Ereignis und Text unterschieden hat, und das hat die Exegese nicht gestört. Erst im Zeichen der Aufklärung veränderte sich dasVerstehen der Bibel und man fing an, alles mit dem Maßstab der „Geschichtlichkeit“ zu messen. Hopp zeigt, dass das als Gegenreaktion im konservativen Lager zur Entwicklung der heilsgeschichtlichen Theologie führte. Er beschreibt, wie Ereignis, Autor und Text im Inspirationsgeschehen zusammenhängen und macht deutlich, dass jede Darstellung des Ereignisses in einem Text bereits von Gott gewollte Deutung ist. Dabei lassen die biblischen Autoren keinen Zweifel daran, dass der Sachverhalt auch tatsächlich so geschehen ist, wie berichtet wird. Sein Fazit: Es geht für den Leser nicht darum, das Ereignis zu verstehen, sondern die Absicht des Autors zu erkennen, sonst geht er an dem eigentlichen Ziel des Textes vorbei (S. 45).

Zwei aufschlussreiche, lesenswerte Aufsätze.

 Die Rezension/Kritik stammt von: Karl-Heinz Vanheiden
 Kategorie: Geschichte, Kirchengeschichte

  Verlag: Brunnen Verlag GmbH
  Jahr: 2005
  ISBN: 3-7655-9104-1
  Seiten: 51
 €    Preis: 4,95 Euro