Buch-Rezension: Gaben warum nicht? - Darf es heute noch die übernatürlichen Gaben des Geistes geben?

Gaben warum nicht?

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In dieser Schrift geht es um die Frage, ob die Geistesgaben, wie sie in 1Kor 12, 8-10 aufgeführt werden, noch heute vorhanden sind oder ob sie am Ende des Urchristentums aufgehört haben. Die Intention des Buches ist gemäß der Aussage auf der Rückseite des Covers zum Nachdenken anzuregen und aufzufordern, zur biblischen Praxis zurückzukehren. Das ist ein legitimer Ansatzpunkt zum Nachdenken.

Es gibt vier große Kapitel, die einen Überblick über den Inhalt geben:

  1. Cessationismus – Wurzel, Lehre, Frage.
  2. Was sagt das Neue Testament?
  3. Gab es die Wundergaben in der Kirchengeschichte?
  4. Warum wir auf die Gaben nicht verzichten können? Sic!

Im Vorwort heißt es dann, dass es wichtig sei, ehrlich zu forschen, und dass der Verfasser sich diesem Prinzip verpflichtet fühle. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Doch seine Wissenschaftstheorie von der vorurteilsfreien Forschung ist längst überholt. Wir wissen seit langem, dass niemand voraussetzungslos an die Arbeit gehen kann, denn jeder hat seinen theologischen, soziologischen und wissenschaftlichen Hintergrund und jeder hat seine Strebungen und Ziele, die ihn leiten, auch der Verfasser.

Die Broschüre fordert zu einer kritischen Stellungnahme heraus:

1. Die Sprache
Der Leser erwartet also, dass dieses Buch in der Form einer objektiven Darstellung abgefasst ist. Doch die lässt das Werk vermissen. Die Sprache ist polemisch, unsachlich und einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung unwürdig, z.B. „Unfähig exegetisch zu argumentieren, greift man prompt zum Mittel der Polemik, deren Kraft jedoch aus der Vordefinition der Gabe als Offenbarungsträger kommt“ (FN zu II,2,1,d).

Charakteristisch ist auch folgender Satz: „Die cessationistische Lehre ist eine menschliche Lehre, die sich auf gesunden Menschenverstand beruft, wobei dieser einer gehörigen calvinistischen Gehirnwäsche unterzogen wurde.“ S. 47 Überhaupt ist der Stil des Verfassers zu beanstanden. Wertungen wie „unmissverständlich“ oder „erdrückend“ (III Fazit) oder: „Man kann da nur staunen über eine solche Behauptung“ (I,4,4) möge er besser anderen überlassen.

Manchmal hat man den Eindruck, dass dem Leser zugemutet wird zu rätseln, was ein Satz heißen soll, wie z.B. hier: „Wie wacklig seine Theorie ist, zeigt sein eigener Versuch darzulegen, warum denn ein Darwin, dem man nun wirklich den Verstand nicht absprechen kann, oder warum andere Christen angesichts der gleichen Beweise, der gleichen logisch aufgearbeiteten Information, zu ganz anderen Schlussfolgerungen gelangen.“ (I,4,1)

Niemand wird Darwin – nun wirklich – (was heißt das?), nicht den Verstand absprechen, aber ist er ein Kronzeuge „wie andere Christen“? Was ist die Bedeutung von „oder“? Hier ist die Syntax aus den Fugen geraten. All das mag noch als nebensächlich gelten, aber wenn er die in Fachkreisen selbstverständlichen Namen und Begriffe nicht kennt, kommen schon stärkere Zweifel auf: „Schallis“, S.31, „Kamissarden“, S.53, „Janseniten“, S.43 sind die Beispiele, die hier zu nennen sind.

2. Die theologische und historische Bearbeitung
Man würde eine sorgfältige Exegese von 1Kor 13,8-12 erwarten. Aber es folgt eine summarische Darstellung, jedoch keine detaillierte Analyse des „to teleion“. Wo ist die Diskussion dieses Begriffes (z.B. unter Hinweis auf Kittel)? Auch das „von Angesicht zu Angesicht“ erfährt keine genaue Diskussion, sondern dem Verfasser reicht der Hinweis auf seine Gewährsleute. Leider ergibt sich so eine Reihe von Aussagen, die nicht mehr als Behauptungen sind, deren Nachweise aber fehlen. Es reicht nicht, sich auf die Quantität von Belegen für eine bestimmte Richtung zu berufen und sich darauf zu verlassen.

Bedauerlich ist, dass die historische Untersuchung so oberflächlich ausfällt. Chrysostomos und Augustin werden nicht sorgfältig vorgestellt, auch die einschlägigen Stellen nicht untersucht. Bei Augustin ist der Abgleich zwischen der Homilie und der Civitas Dei nicht geleistet. Es fällt dem Verfasser nicht auf, dass es sich um ganz andere Zusammenhänge handelt. Schlimmer ist noch der Umgang mit Ambrosius. Denn was als Beweis für das Zungenreden angeführt wird, entpuppt sich eher als das Gegenteil. Könnte es sein, dass der Verfasser die Quellen gar nicht selbst untersucht hat? Es entspricht nicht einer ernsthaften Auseinandersetzung, wenn man nur pauschal Sekundärliteratur nennt, ohne den genauen Wortlaut zu untersuchen. Der schnelle Gang durch die Kirchengeschichte bringt auch nicht mehr als Behauptungen, eben keine Nachweise.

Zum Zungenreden wird nicht der Unterschied zwischen der Xenolalie des NT und den a-linguistischen Erscheinungsformen der modernen Zungenrede gesehen, auch nicht der Aspekt der Psychologie dieser Erscheinungen unter gestressten Managern.

Weiter fehlen die Unterscheidung zwischen weak und strong cessationism und der Hinweis auf den Paradigmenwechsel nach 2Thes 2,9. Wenn auch das Anliegen, über die Phänomene nachzudenken, berechtigt ist, erweisen sich die Ausführungen als plakativ oberflächlich und wenig überzeugend.

 Die Rezension/Kritik stammt von: Arno Hohage
 Kategorie: Biblische Lehre

  Verlag: concepcion Seidel
  Jahr: 2007
  ISBN: 3-933750-95-4
  Seiten: 70
 €    Preis: 4,95 Euro

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