Frauen in der Kirche
Autor: Andreas J. Köstenberger, Thomas R. Schreiner, Scott H. Baldwin
Um es gleich vorweg zu sagen: Dem Brunnen-Verlag ist für seine mutige Entscheidung zu danken, dieses hervorragende Buch zu einem "heißen" Thema aus dem Amerikanischen zu übersetzen und für die deutsche Situation zugänglich zu machen. Dies ist das richtige Buch zum richtigen Zeitpunkt, und zwar aus folgendem Grund: In der Frauenordinationsfrage sind auch Evangelikale gerade dabei, biblische Ordnungen dem Zeitgeist und der Mehrheitsmeinung zu opfern. Das Muster ist immer wieder dieses: Zuerst entfernt sich die öffentliche Meinung von biblischen Positionen; dann ziehen liberale Theologen nach, indem sie Sachkritik an den scheinbar nicht zeitgemäßen Schriftaussagen üben; und schließlich kommen auch die Frommen in Gleichschritt mit den anderen, indem sie die widerständigen Bibelworte umdeuten oder als zeitgebunden erklären. Das hier anzuzeigende Buch macht in detaillierter Argumentation deutlich, dass 1. Tim. 2,9-15 der Berufung von Frauen in den gemeindeleitenden Hirten- und Lehrdienst deutlich widerspricht, und dass von daher die Stellung zur Frauenordination gerade heute ein Prüfstein der Bibeltreue ist. Im ersten Kapitel untersucht S.M. Baugh eingehend die religiöse und soziale Situation von Ephesus, dem Wirkungsort des Timotheus. Dass eine besondere "feministische" Herausforderung vor Ort Anlass für 1Tim 2,9ff gewesen sein könnte, lässt sich nicht belegen. Damit ist einem wesentlichen Argument für die Relativierung dieser Bibelstelle kenntnisreich der Boden entzogen. Das zweite Kapitel (H.S. Baldwin) geht detailliert der Wortbedeutung des griechischen Tätigkeitswortes authenteo (1. Tim. 2,12) nach. Es wird deutlich, dass es in jedem Fall das "Ausüben von Autorität" bezeichnet. Dies wird vom Apostel den Frauen in der Gemeinde untersagt. Alle (evangelikalen) Umdeutungsversuche scheitern am eindeutigen Sprachgebrauch. Im dritten Kapitel untersucht A. Köstenberger im einzelnen die Satzstruktur von 1. Tim. 2,12, und darauf aufbauend legt Th. Schreiner im vierten Kapitel eine gründliche Auslegung der Verse 1. Tim. 2,9-16 vor. Mit aller Deutlichkeit wird klar, dass der Wortsinn dieser Verse darauf zielt, dass Frauen das Lehr- und Leitungsamt in der Gemeinde nicht ausüben sollen, was der Apostel mit Gottes Willen aufgrund von Schöpfungsordnung und Sündenfall (und eben nicht situationsbezogen) begründet. Schreiner setzt sich mit einem weiten Spektrum von liberaler und evangelikaler Literatur auseinander. Nicht überzeugend erscheint mir seine Auslegung der Verse 14 (die Frau sei verführbarer als der Mann) und 15 (an der gut bewältigten Mutterrolle zeige sich die Errettung). Das abschließende fünfte Kapitel von R. Yarbrough ist dagegen wieder außerordentlich aufschlussreich: Es behandelt hermeneutische Fragen zu 1. Tim. 2,12 und zeigt eingehend, an welchen Faktoren sich entscheidet, ob man zu einer zeitgemäßen "Wunschexegese" kommt oder zu einer tatsächlichen Erhellung der vom biblischen Autor beabsichtigten Textbedeutung. Diesem Buch ist eine zahlreiche Leserschaft zu wünschen. In einer Zeit, in der es Bischöfinnen, Prälatinnen, Pfarrerinnen, kirchliche und freikirchliche Pastorinnen sowie demnächst auch Predigerinnen gibt, trägt es zur biblisch begründeten eigenen Meinungsbildung bei - und eignet sich zugleich zum Weitergeben an Theologen, die nicht ganz sicher sind, ob die Bibel grünes Licht gibt, sein Mäntelchen in den Wind der Zeit zu hängen, oder nicht.
Die Rezension/Kritik stammt von: Helge Stadelmann
Kategorie: Gemeinde, Gottesdienst, Leitung
Jahr: 1999
ISBN: 3-7655-9426-1
Seiten: 272
€ Preis: 24,90 Euro