Buch-Rezension: Einleitung in das Neue Testament

Einleitung in das Neue Testament

Autor:

Viele Studenten evangelikaler Ausbildungsstätten kennen das Buch von Carson, Moo und Morris An Introduction To The New Testament, bei Zondervan erstmals 1992 erschienen. Bei seiner Erstauflage hatte es einen Umfang von 537 Seiten. Es wurde ergänzt und nun auch ins Deutsche übersetzt. Mit über 900 Seiten zweifellos ein Schwergewicht.

Carson ist Forschungsprofessor für Neues Testament an der Trinity Evangelical Divinity School in Deerfield, Moo ist Professor für Neues Testament in an der Wheaton College Graduate School. Empfohlen wird dieses Werk von Rainer Riesner, Professor für Neues Testament an der Universität Dortmund.

Beginnt die englische Erstauflage sofort mit dem synoptischen Problem, bringt diese Neuauflage zunächst ein Kapitel von ca. 60 Seiten unter der Überschrift Überlegungen zum Studium des Neuen Testaments. Hier geht es zunächst kurz um die Überlieferung des NT. Dem folgt eine sehr lesenswerte Zusammenfassung zu seiner Auslegungsgeschichte, über Methoden der historisch-kritischen Exegese bis hin zu postmodernen Interpretationsansätzen.

Dann erst folgt der Einstieg in die synoptischen Evangelien. Die Verfasser gehen differenziert mit der Zwei-Quellen-Theorie um und lehnen sie nicht durchweg ab. Sowohl hier als auch an anderen Stellen lassen sie sich Zeit, verschiedene Positionen zu Wort kommen zu lassen und wägen pro und kontra einfühlsam ab. Freilich gewinnt durch dieses differenzierte Vorgehen das Buch an Umfang. 900 Seiten und trotzdem meinen die Autoren wiederholt, sich kurz zu fassen. Die Verfasser gehen in gewohnter Reihenfolge durch die Schriften des Neuen Testamentes. Jedes Kapitel schließt mit einem umfangreichen Hinweis auf Literatur.

In einem einführenden Kapitel zu Paulus kommt z. B. auch die so genannte Neue Perspektive auf diesen Mann zur Sprache. Geschah im Judentum Erlösung durch Belohnung oder durch Erwählung? Einfühlsam hinterfragen die Autoren z.B. den Umgang von Sanders, dem Urheber der neuen Paulusperspektive, mit den Quellen. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass Paulus eine zentrale Antithese zwischen menschlichem Tun und menschlichen Glauben als Mittel und Zugang zum Heil augestellt hat. Sicher haben die Reformatoren manche Nuancen der Paulustheologie übersehen, lagen aber in zentralen Fragen richtig.

Freilich, dieses Buch kommt oft langatmig und trocken daher. Es zu lesen gleicht einem Marathon, bei dem einem schon einmal die Luft ausgehen kann. An manchen Stellen wünscht man sich ein paar gute Übersichten.

Andererseits beweist dieses Buch, dass evangelikale Theologie gewichtige Argumente vorzuweisen hat und keineswegs immer platt daherkommt. Es birgt einen riesigen Fundus an Wissen und es bietet gute Zusammenfassungen, z. B. über die Aufnahme der einzelnen neutestamentlichen Schriften in die jüngere Forschung.

Insgesamt ist dieses Werk zweifellos eine Bereichung sowohl für das Verstehen und Erforschen des Neuen Testamentes als auch für verschiedene Herangehensweisen an dasselbe.

 Die Rezension/Kritik stammt von: Thomas Riedel
 Kategorie: Kommentare, Auslegung, Lexika

  Verlag: Brunnen Verlag GmbH
  Jahr: 2010
  ISBN: 978-3-7655-9541-7
  Seiten: 928
 €    Preis: 50,00 Euro
Buch-Rezension: Einleitung in das Neue Testament

Einleitung in das Neue Testament

Autor:

Wer eine wohltuend konservative und zugleich biblisch-theologisch fundierte Einleitung zum Neuen Testament sucht, wird mit dem vorliegenden Werk eine gute Wahl treffen. Jacob Thiessen hat mit seiner aus anderen Veröffentlichungen bekannten Gründlichkeit die klassischen Einleitungsfragen zu allen nt-lichen Büchern bearbeitet. Dabei geht es um die Informationen zu Autoren, Abfassungszeit und -ort der einzelnen Bücher und Briefe. Der Autor verarbeitet die Angaben aus der Bibel selbst und ebenso Informationen aus historischen Quellen der alten Kirche. Er begründet damit durchweg klassische Positionen. Das bedeutet, dass er z.B. die historisch-kritischen Hypothesen der Pseudepigraphie mehrerer Paulusbriefe ebenso ablehnt wie Quellenrekonstruktionen, die im Wesentlichen auf Vermutungen basieren. Er argumentiert durchweg für den Textbestand, wie er seit der Reformation überliefert ist, das heißt, dass er für die Originalität der Perikope von der Ehebrecherin in Johannes 8 und ebenso für den längeren Markusschluss mit Kapitel 16 gute Argumente vorträgt.

Thiessen nimmt dabei alle kritischen Anfragen an den Bibeltext ernst. Sein Gegenüber ist in diesem Buch meistens die Einleitung von Udo Schnelle, die bei Vandenhoeck erschienen ist und als Standardwerk für das Theologiestudium gilt. Aber er hat gute Argumente für klassische Positionen, die den historisch-kritischen Thesen gegenübergestellt werden. Die Art, wie Jacob Thiessen das macht, ist angenehm zu lesen. Das macht sich auch da bemerkbar, wo man selber vielleicht die eine oder andere Einleitungsfrage in Teilen anders beantwortet hat. Beispiele für Positionen der Einleitung sind die Ablehnung einer direkten literarischen Abhängigkeit der synoptischen Evangelien im Sinne der gegenseitigen Benutzung, die Annahme eines hebräisch/aramäischen Ur-Matthäus, die Frühdatierung des Galaterbriefes vor dem Apostelkonzil mit der Zuordnung der Galater in den Süden der römischen Provinz Galatia, die Einheitlichkeit des 2. Korintherbriefs und die Datierung aller Gefangenschaftsbriefe in die römische Gefangenschaft. Andere mögliche Antworten werden immer fair diskutiert.

Über die reine Einleitung hinaus bietet Jacob Thiessen auch Informationen, die man der Bibelkunde zurechnen würde, wie Gliederungen und Merkverse, andere, die man eher in einer Theologie des NT erwarten würde. Diese Zugaben sind allerdings nicht für alle Bücher gleich umfangreich und gründlich. Mal ist eine Gliederung recht ausführlich, für ein anderes Buch recht dünn. Bei den Versangaben haben sich einige wenige Tippfehler eingeschlichen. Unangenehm ist, dass viele überflüssige Trennzeichen im Text auftauchen, die wohl aus der Übernahme aus MS-Word herrühren und beim Korrekturlesen übersehen wurden.

Die Einleitung in das Neue Testament ist eine lohnenswerte Anschaffung für Theologiestudenten und Bibelschüler, aber auch für interessierte Bibelleser, die sich gründlicher mit den Einleitungsfragen beschäftigen wollen. Nur einige Seiten mit synoptischen Textvergleichen mit griechischem Originaltext erfordern entsprechende Kenntnisse, alles andere lässt sich sehr gut auch ohne lesen und verstehen.

 Die Rezension/Kritik stammt von: Thomas Jeising
 Kategorie: Kommentare, Auslegung, Lexika

  Verlag: Evangelische Verlagsanstalt
  Jahr: 2024
  ISBN: 978-3374075089
  Seiten: 456
 €    Preis: 34,00 Euro