Buch-Rezension: Die Septuaginta und die Endgestalt des Alten Testaments - Untersuchungen zur Entstehung alttestamentlicher Texte

Die Septuaginta und die Endgestalt des Alten Testaments

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Die Autorin, Dr. theol. Kristin De Troyer, Professorin für Altes Testament, versucht zu zeigen, „wie biblische Texte immer wieder umgeschrieben wurden“ (9). Sie behauptet, dass „der kanonische biblische Text auf wiederholt bearbeitetem, umgeschriebenem Text beruht“ (16). Ihre These versucht sie an vier Texten aus LXX-Handschriften zu beweisen. Zuerst behandelt sie Ester 4,13-14, wo sie zeigt, dass die Wendung im hebräischen MT: „… dann wird den Juden Schutz und Hilfe anderswoher kommen“ sich nicht auf Gott beziehen kann, weil sich das Wort auch an den anderen Stellen, wo es vorkommt, nicht auf Gott bezieht und ansonsten im Esterbuch Gott und Gebet überhaupt nicht erwähnt werden. Im Estertext der LXX ist nun aber Gott ausdrücklich (6,13) genannt, abgesehen von den anderen apokryphen Zusätzen. Ihr Ergebnis: „Während Gott im hebräischen Buch nicht vorzukommen scheint, schuf die Übersetzung eine Geschichte, in der Gott eine entscheidende Rolle spielt“ (48). Es ist allerdings die Frage, ob die Varianten, die die LXX-Texte bieten, tatsächlich auf gewollten Veränderungen des biblischen Textes basieren, oder „auf Möglichkeiten, die der hebräische Text selbst bietet“, (42) wie die Verfasserin selbst bemerkt.

Das 2. Kapitel behandelt Josua 10,14-18. Hier meint die Autorin im Altgriechischen einen prä-masoretischen Text zu erkennen, in dem der Ort Gilgal keine Rolle spielt. Erst eine späte Revision habe Gilgal zu Josuas Hauptquartier gemacht und so V. 15 geschaffen.

Im 3. Kapitel will die Verfasserin zeigen, dass der (apokryphe) Alphatext von Ester 7,33b-38 eine Überarbeitung eines altgriechischen Estertextes ist.

Im 4. Kapitel behandelt sie den Text von 3. Esdras als Zeugen einer nicht mehr erhaltenen hebräischaramäischen Vorlage. Die Autorin meint, dass der „Prozess des Umschreibens“ sich nicht nur in Apokryphen und Pseudepigraphen, sondern auch in den kanonischen Büchern des AT wie Josua vollzogen hätte.

Ihr gut gegliedertes Taschenbuch, das von 17 Abbildungen einzelner Handschriften bzw. Textausgaben ergänzt wird, und von großer Gelehrsamkeit zeugt, vermag trotzdem nicht zu überzeugen. Kurios mutet die ständige Erwähnung des/der EditorIn oder „der/die ÜbersetzerIn“ an. Glaubt die Autorin ernsthaft, dass Frauen sich an dem von ihr postulierten Übersetzungs/Umschreibungsprozess beteiligten – dafür bleibt sie allerdings jeden Beweis schuldig –, oder ist es nur der politischen Korrektheit geschuldet? Dann wäre es albern.

 Die Rezension/Kritik stammt von: Karl-Heinz Vanheiden
 Kategorie: Bibeln, Studienbibel, Bibelstudium

  Verlag: UTB GmbH, Stuttgart
  Jahr: 2005
  ISBN: 3-8252-2599-2
  Seiten: 206
 €    Preis: 8,99 Euro