Die Revolution der Geschlechter
Autor: Alexander Strauch
Klingt der amerikanische Originaltitel "Männer und Frauen: gleich, aber unterschiedlich" noch ziemlich harmlos, so nennt die deutsche Ausgabe schon im Titel "Die Revolution der Geschlechter" das "heiße Eisen" beim Namen - ein umstrittenes Thema, das durchaus auch bibelgläubige Christen zu entzweien vermag. Was daher gleich zu Anfang positiv hervorgehoben werden soll: Strauchs Buch ist nicht nur solide biblisch begründet, sondern vermeidet auch jede unnötige Polemik. Dabei bezieht der Verfasser von Beginn an deutlich Stellung und bekennt sich als Vertreter des von ihm sog. "komplementären" Standpunkts, d.h. er vertritt die Meinung, dass Mann und Frau von Gott zwar gleich (im Sinne von gleichwertig), aber unterschiedlich (d.h. einander ergänzend) geschaffen wurden. Dies schließt nach Strauch die schöpfungsgemäße Leitungsposition des Mannes und die Unterordnung der Frau mit ein; zugleich verwahrt er sich aber deutlich gegen die Herabwürdigung der Frau durch männlichen Chauvinismus. Dabei bringt Strauch die Sache auf den Punkt, wenn er den Streit um Mann und Frau nicht als das eigentliche Problem, sondern als Symptom einer tiefer liegenden Ursache diagnostiziert: In der heutigen Gemeinde Christi greift in erschreckendem Maß ein "biblisches Analphabetentum" um sich (S. 7f). Wo jedoch eine solide Bibelkenntnis nicht mehr Grundlage des Glaubens ist, steht der einzelne Christ wie auch ganze Gemeinden in der ständigen Gefahr, jedem Wind der (Irr-)Lehre zum Opfer zu fallen. Das Buch ist in sechs Kapitel gegliedert, denen der Verfasser ein kurzes Vorwort sowie eine ausführlichere Einführung in den Hintergrund der Kontroverse voranstellt. Ein Stichwortverzeichnis und zahlreiche Anmerkungen schließen das Buch ab. Jedes Kapitel und die Einführung, ja selbst das Vorwort schließt mit Fragen zur Reflexion. Es ist also ein Arbeitsbuch, welches das aktive Mitdenken des Lesers erfordert. Dennoch ist das Buch weder trocken noch langweilig geschrieben, sondern hält stets Bezug auf die lebendige Glaubenspraxis. Die Sprache ist allgemeinverständlich gehalten, so dass auch Leser ohne größeres theologisches oder sprachliches Vorwissen der Argumentation gut folgen können. Der Autor verzichtet zwar auf die Heranziehung der Ergebnisse säkularer Wissenschaft und beschränkt sich auf die Auslegung der Bibel; doch hindert ihn dies keineswegs daran, dem Leser eine tiefgehende Auslegung zu liefern. Im Gegenteil, auf diese Weise unterstreicht er vielmehr die heute bei vielen Evangelikalen leider in Vergessenheit geratene Allgenugsamkeit der Bibel und fördert ihre Autorität. So werden nahezu alle Hauptstellen der Heiligen Schrift zum Thema gründlich untersucht und im gesamtbiblischen Zusammenhang beleuchtet. Zahlreiche Einwände der feministischen Theologie werden fair dargestellt und gründlich widerlegt. An einigen Stellen kommt Strauch nicht umhin, auch die biblischen Sprachen zu bemühen. Dies erscheint dem Rezensenten zwar in gewissem Maße problematisch, da Leser, die das Hebräische und Griechische nicht beherrschen, diese Argumente nicht selbst nachprüfen können; doch ist es wohl allemal besser, dass Strauch hier sein Licht nicht unter den Scheffel stellt, als die feministischen Verdrehungen der Bibel einfach unwidersprochen stehenzulassen. Weiter ist positiv zu vermerken, dass der Verfasser sich nicht blind auf menschliche Autoritäten beruft, sondern dass seine Argumentation christozentrisch ist: Wie Jesus Christus mit der Heiligen Schrift umgegangen ist, bestimmt Gedankengang und Begründungen des Autors. So zieht er im ersten Kapitel den Bogen von den Aussagen Christi im Neuen Testament zu den Grundlagen der Schöpfung; in Kapitel 2 weist er darauf hin, dass Christus die Leitung der Gemeinde in die Hände von Männern legte; die Lehren dieser Männer, der Apostel, bezeichnet er im dritten und vierten Kapitel im eigentlichen Sinn als Lehren Christi, um in Kapitel 5 nochmals zu betonen, dass Christus und seine Apostel klar und deutlich geredet haben: Wer wissen will, was die Schrift lehrt, braucht sie einfach nur für sich selbst sprechen lassen. Auch hier gräbt Strauch ein weiteres Goldstück biblischer Glaubensschätze aus: die Lehre von der Klarheit der Schrift, die sich selbst auslegt und nicht erst menschlicher Auslegung bedarf, um überhaupt verständlich zu werden. Zu recht weist er darauf hin: "Die grundlegende Gefahr der evangelikalen Feministinnen geht von ihren Methoden der Bibelauslegungen aus. Sie untergraben ... die Glaubwürdigkeit, Integrität und Autorität von Gottes geschriebenem Wort. Sie machen aus der Bibel ein absolut verwirrendes Buch ... Die nächste oder übernächste Generation wird den Schaden ernten, der der Glaubwürdigkeit der Bibel angetan wurde, da immer mehr unakzeptable Lehren durch diese ... Auslegungsmethoden aufgestellt werden" (S. 133). Allerdings mag dem Rezensenten die Frage erlaubt sein, ob dieser prophezeite Schaden nicht schon längst in den Gemeinden eingetreten ist. Zuletzt ist "Die Revolution der Geschlechter" auch ein Werk mit seelsorgerischer Tiefe: Zum einen ermutigt Strauch den Leser im abschließenden sechsten Kapitel, auch gegen den Druck des Zeitgeistes an den Maßstäben der Bibel festzuhalten; zum anderen erschöpft er sich nicht einfach darin, rein theoretisch zu lehren, was Männer dürfen und was Frauen nicht dürfen, sondern liefert durchweg eine praxisbezogene Sicht dessen, wie sich Männer wie Frauen aktiv in den Dienst für Gott einbringen können und sollen. Zwei kleinere "Haare in der Suppe" wären dennoch zu bemängeln: Zum einen spricht Strauch in Bezug auf Mann und Frau durchgehend von "Rolle", "Rollenverständnis", "Rollentausch" usw. Hiergegen ist durchaus Werner Neuer zuzustimmen, der in seinem Buch Mann und Frau in christlicher Sicht (Gießen; Basel: Brunnen, 5., neu bearb. Aufl. 1993, S. 22-24) darauf hinweist, dass der "Rollen"-Begriff den Tatsachen nicht gerecht wird, da Männer und Frauen ihr Geschlecht nicht (beliebig austauschbar) "spielen", sondern schöpfungsbedingt ihrem Wesen nach Mann bzw. Frau sind. Da Strauch Neuers Buch kennt (er zitiert es mehrfach), ist es um so bedauerlicher, dass er sich dennoch dieser irreführenden Begriffe bedient. Zweitens klingt der Begriff "evangelikal-feministisch", mit dem Strauch das Lager derer bezeichnet, die sich zugleich zum biblischen Glauben und zu einer feministischen Schriftauslegung bekennen, doch etwas verunglückt. Wenn auch viele "evangelikale" Feminist(inn)en dies so nicht sehen können oder wollen, so sind biblischer Glaube und Feminismus zwei einander ausschließende Größen. Das zeigt nicht zuletzt Strauch selbst im vorliegenden Werk. Um der Klarheit der Begriffe willen wäre daher in künftigen Auflagen eine andere Wortwahl wünschenswert. Im Verhältnis zum Gesamtwert seines Werkes mag man dies dem Verfasser aber nachsehen. Um es zusammenzufassen: Angesichts der immer größer werdenden lehrmäßigen Verwirrung ist dieses Buch in der Tat "ein Wort, geredet zur rechten Zeit". Gegenüber einem immer mehr um sich greifenden "biblischen Analphabetentum" bietet es durch seine klare Rückführung zur Bibel und durch die allgemeinverständliche Lehre und Anwendung sauberer Auslegungsmethoden eine wertvolle Orientierungshilfe. Es ist daher unbedingt zu empfehlen.
Die Rezension/Kritik stammt von: Joachim Schmitsdorf
Kategorie: Ehe, Familie, Beziehung, Liebe
Jahr: 2001
ISBN: 3-89397-286-2
Seiten: 160
€ Preis: 7,50 Euro