Die Katholisch-apostolischen Gemeinden in Deutschland und der "Fall Geyer"
Autor: Johannes A. Schröter
Vorliegende Hallenser Dissertation beschreibt erstmals umfassend die Frühgeschichte und Ausbreitung der Katholisch-Apostolischen Bewegung, einer ökumenischen Sondergruppe, die seit 1836 besonders in England und Deutschland erheblichen Einfluß ausübte und eine ganze Reihe von bekannten Persönlichkeiten für ihre Sache gewinnen konnte. Im Jahre 1900 hatte diese Gemeinderichtung immerhin fast 100.000 Mitglieder und war damit die fünftgrößte Konfession in Deutschland. Ihr Ursprung geht auf die Prophetiekonferenzen in Albury, England, zurück. Hauptinitiatoren waren Henry Drummond und Edward Irving, dessen Einfluß jedoch gering blieb. Hauptkennzeichen waren die Einsetzung von 12 Aposteln über die ganze Welt, die Wiederentdeckung der Geistesgaben (besonders der Prophetie und des Zungenredens), die Einheit der Kirche Christi und die Vorbereitung auf die baldige Wiederkunft Jesu (vor der Trübsalszeit). Da die Bewegung nach dem Tod des letzten Apostels 1901 keine neuen Apostel einzusetzte, schrumpfte sie im 20. Jahrhundert stark zusammen und ist heute nur noch eine Randerscheinung der Konfessionskunde. Schröters Arbeit zeichnet in erster Linie die deutsche Entwicklung nach, gibt hervorragende Informationen über die wichtigsten Anhänger (H.W.J. Thiersch, A. Roßteuscher, F.W.H. Wagener, M. von Pochhammer, L. Albrecht), die Ausbreitung in den verschiedenen Ländern, die Reisen der Apostel und die Abspaltung von Heinrich Geyer, einem der führenden "Propheten" der Bewegung. Aus dieser Abspaltung heraus entstand eine weitere Gruppe, aus der die heutige Neuapostolische Kirche hervorgegangen ist, die allerdings nur noch wenig mit der katholisch-apostolischen Bewegung gemeinsam hat. Das Buch stellt eine hervorragende Forschungsarbeit dar. Der Autor hat entlegenste Quellen entdeckt, gibt besonders in seinen Endnoten (234 Seiten!) eine Fülle von Detailinformationen über Personen, läßt auch die Reaktionen der Landeskirchen zu Wort kommen und präsentiert eine Auswahl der wichtigsten Quellen der Bewegung. Die Arbeit ist sachlich geschrieben, es fehlt jedoch eine kritische Würdigung der problematischen Seiten der Bewegung. Wer sich aber über eine der größten "Endzeitbewegungen" des 19. Jahrhunderts informieren will, der greife zu diesem Buch.
Die Rezension/Kritik stammt von: Stephan Holthaus
Kategorie: Geschichte, Kirchengeschichte