Der Brief des Paulus an die Römer, Kapitel 6-16
Autor: Eckhard J. Schnabel
Es ist ein gewichtiges Werk über den Römerbrief geworden. Schon für die ersten fünf Kapitel benötigte der Verfasser 700 Seiten (siehe Rezension). Jetzt sind noch einmal mehr als tausend Seiten dazugekommen. Gründlich erklärt Prof. Eckhard Schnabel in drei Hauptteilen die restlichen Kapitel des Römerbriefes: Die Realität der Rechtfertigung im Leben der Glaubenden, die Realität der Rechtfertigung in der Geschichte Israels und das Leben der Gerechtfertigten. Schon in Röm 6 fiel dem Rezensenten auf, dass Paulus offenbar in den ersten Versen gar nicht von Taufe spricht, wie es die meisten Übersetzer wiedergeben, sondern vom „Hineinversenktwerden in Christus“, wie Schnabel es wiedergibt. So werden schon die ersten Verse zu einem Anstoß zum Nachdenken über das von Paulus Gemeinte. Sehr klar die Aussagen über die gefallene Schöpfung und ihre künftige Befreiung in Röm 8 und die Einwände gegen die Gerechtigkeit Gottes, die Paulus in Röm 9 bespricht: „Paulus bietet keine Erklärung im Sinn einer doppelten Kausalität (Gott verhärtet Pharao, aber Pharao ist auch selbst daran schuld, wenn Gott ihn zur Rechenschaft zieht).“ Die Antwort ist vielmehr: „Der Mensch, der als ‚Gott Widersprechender‘ auftritt, hat vergessen, dass er ein Mensch ist, der mit Gott redet, und deshalb weder die Fähigkeit noch die Befugnis hat, auf Gottes Reden entgegnend zu antworten.“ (S. 328) Das wird klar, wenn es um die Barmherzigkeit Gottes geht, die andere Seite der Erwählung. Die Wendung „ganz Israel“ in Röm 11,26 diskutiert Schnabel in sieben Seiten Kleingedrucktem, um dann zu dem Schluss zu kommen: „Es gibt keinen Konsens, wie die Wendung ‚ganz Israel wird gerettet werden‘ in V. 26a auszulegen ist.“ Ganz Israel ist für Schnabel das messianische Heilsvolk, das an den Retter aus Zion glaubt. „Ganz Israel sind die Geretteten – Juden und Heiden –, die Gottes Heil erfahren haben und erfahren werden.“ (S. 508) „Die Exegese des Geheimnisses Röm 11,25cd-26a hat gezeigt, dass die Aussagen des Apostels nicht im Sinn eines jüdischen Sonderwegs zum Heil zu verstehen sind.“ (S. 531) Schnabel lehnt die Substitutionstheorie deutlich ab, weil Israel nicht „enterbt“ wurde. Interessant ist Schnabels Erklärung von den „feurigen Kohlen“ in 12,20 (S. 650ff). Was Phöbe in Röm 16,1-2 betrifft, ist er sehr vorsichtig. Sie sollte vermutlich eine wichtige Rolle bei der Organisierung der Spanienmission spielen (S. 855-866). Was aber Junia(s) in Röm 16,7 betrifft, ist Schnabel sich sicher, dass es sich bei dem Namen um die weibliche Form handelt. Möglicherweise ist Junia die Ehefrau von Andronikus (S. 872). Schnabel hält aber die Übersetzung, dass die beiden „im Kreis der Apostel in gutem Ansehen stehen“ für nicht überzeugend (S. 885f), und denkt, dass auch eine Frau Apostolin in dem Sinn gewesen sein kann, dass sie dem Auferstandenen begegnet ist, was den Rezensenten nicht überzeugt. Die umfangreiche Arbeit endet in einem mehr als 100-seitigen kleingedruckten Literatur-, Autoren- und Stichwortverzeichnis. Es lohnt sich in jedem Fall, Schnabels Argumente zu prüfen und man wird manche gute Erkenntnisse daraus gewinnen können.
Die Rezension/Kritik stammt von: Karl-Heinz Vanheiden
Kategorie: Kommentare, Auslegung, Lexika
Jahr: 2016
ISBN: 978-3-417-29735-5
Seiten: 1040
€ Preis: 59,90 Euro