Das Neue Testament und frühchristliche Schriften
Autor: Klaus Berger, Christiane Nord
Der Neutestamentler Klaus Berger hat zusammen mit der Sprachwissenschaftlerin Christiane Nord eine Übersetzung des Neuen Testaments zusammen mit frühchristlichen Schriften vorgelegt. Das umfangreiche Werk von mehr als 1400 Seiten enthält die christlichen Schriften, die etwa bis zum Jahr 200 entstanden sind. Etwas verwirrend ist die Anordnung der Schriften am mutmaßlichen Entstehungsdatum. Von daher beginnt Berger mit dem 2. Johannesbrief, von dem er der Meinung ist, er sei „das älteste Produkt der johanneischen Schule“. Auf den Kolosserbrief folgt der Barnabasbrief und kurz danach die völlig fiktive Logienquelle Q, die um 60-65 n.Chr. entstanden sein soll und die Matthäus und Lukas neben Markus noch benutzt haben sollen. Das Durcheinander von kanonischen und außerkanonischen Schriften stellt für Berger eine Rekonstruktion des Büchertischs dar „aus dem die Kirche ausgewählt hat“. Trotzdem wollte er an dem „unersetzlichen Wert des Kanon“ nicht rütteln. Der Kanon hat für ihn allerdings nichts mit inspirierten Schriften zu tun, sondern damit, dass die römische Kirche „einen recht guten Geschmack“ bewiesen habe und dass der Kanon „nichts, aber auch gar nichts über den Wert oder Unwert aller übrigen Zeugnisse“ sage. Ausführlich begründen die Autoren die Art ihrer Übersetzung und formulieren zehn Thesen und Gegenthesen zur Übersetzungsmethode. Die Übersetzung ist gut verständlich und wird ab und zu durch Kommentare ergänzt. Sie liest sich flüssig, was vor allem bei den außerkanonischen Schriften mit ihren fromm erbaulichen, teilweise aber auch fantastischen Inhalten sehr nützlich ist. Jedem Buch oder Fragment gibt Berger eine kurze kritische Einleitung voran und begründet seine zeitliche Einordnung des jeweiligen Textes. Er stellt auch arabische Agrapha (nicht in den Evangelien aufgeschriebene Worte des Herrn oder der Apostel) aus dem Koran (!) neben solche des Thomas- oder Philippusevangeliums oder des Papias, und meint somit die vollständigste und umfangreichste Sammlung von Agrapha erstellt zu haben. Trotz dieser Gleichmacherei von kanonischen und außerkanonischen Schriften hat das Werk seinen Wert darin, in die außerkanonische Literatur einzuführen. Jeder Leser kann so selbst den großen Unterschied zwischen den göttlich inspirierten und den anderen Schriften erkennen.
Die Rezension/Kritik stammt von: Karl-Heinz Vanheiden
Kategorie: Sonstiges