Das Alte Testament
Autor: Helmuth Egelkraut, W. S. LaSor, D. A. Hubbard, F. W. Bush
Das Buch liegt in meiner Hand wie ein Relikt aus alten Zeiten. Vielleicht täusche ich mich, aber mir kommt es so vor, als wären wir Theologen die letzten, die solche dicken Bücher schreiben und kaufen. 1264 Seiten, eng bedruckt, keine farbigen Bilder. Es ist eine völlig neu überarbeitete und erweiterte Auflage des bekannten gleichnamigen Werkes von LaSor, Hubbard und Bush, 1989 im Brunnen Verlag Gießen erschienen. Das Buch ist übersichtlich in 55 Kapitel unterteilt, die ersten fünf Kapitel befassen sich mit den Prolegomena zum AT, z.B. mit seiner Autorität, seiner Inspiration, dem Kanon u. a. In den Kapiteln 6 bis 26 geht der Verfasser chronologisch durch die alttestamentliche Geschichte. Die Überschriften sind teilweise nach den wichtigsten geschichtlichen Ereignissen gewählt. So heißt es z.B. nicht „1. Samuel“, sondern „Entstehung des Königtums in Israel.“ Damit bekommt der Leser sofort einen Eindruck von den wichtigsten Anliegen der einzelnen Bücher. In den weiteren Kapiteln behandelt Egelkraut die Schriften des alttestamentlichen Kanons und in den letzten Kapiteln die Schriftpropheten. Jedes Kapitel wird mit einer Reihe von Fragen zur Wiederholung abgeschlossen. Das hat für den Leser den Vorteil, dass er anhand dieser Fragen nachprüfen kann, ob er die wichtigsten Inhalte verstanden hat. Fußnoten liefern wichtige Details und dazu hat jeder Absatz eine Randnotiz, in der seine Kernaussage zusammengefasst ist. Im Anhang findet man u.a. eine Zeittafel, ein Glossar, das wichtige Fachausdrücke erklärt, ein Sachregister und ein Autorenregister. Egelkraut versteht das Alte Testament als Offenbarung. Offenbarung geschieht in Stufen: der Prophet empfängt eine Botschaft von Gott; er gibt sie weiter; sie wird in ein Gesamtbild eingeordnet, sprachlich ausformuliert, niedergeschrieben und aufbewahrt. Das macht verständlich, dass für den Verfasser das Alte Testament kein Buch ist, das fertig vom Himmel gefallen ist, sondern eine Entstehungsgeschichte hat. Egelkraut setzt sich von der Quellenscheidung z.B. im Pentateuch ab; er zeigt die Zerrissenheit dieser Methode auf. Gleichzeitig ist für ihn klar, dass der Pentateuch nicht von Anfang in der jetzigen Form vorlag. Die zehn Plagen z.B. sind für Egelkraut wirkliche Geschichte, gleichzeitig meint er, der Bericht darüber lässt „eine lange Geschichte mündlicher und schriftlicher Tradition“ vermuten. Warum diese Geschichte lang gewesen sein soll, bleibt offen. Der Verfasser bewegt sich nicht im Fahrwasser der historisch kritischen Methode, bedient aber keineswegs alle evangelikalen Erwartungen. Interessant sind zum Beispiel seine Vergleiche zwischen dem biblischen und den außerbiblischen Schöpfungsberichten. Egelkraut macht deutlich, dass man eben nicht nur die Parallelen, sondern auch die Unterschiede zwischen den Berichten bedenken muss. Was will dieses Buch eigentlich sein? Eine Einleitung ins AT? Das ist sie bestimmt. Egelkraut setzt sich mit den verschiedenen Ansätzen der Interpretation der einzelnen Bücher auseinander. Dazu kommt aber ein ordentliches Maß an Theologie und Bibelkunde. Gerade die theologische Seite ist nicht zu verachten. Der Verfasser zieht heilsgeschichtliche Parallelen bis ins Neue Testament. Er schreibt ergreifend über die Bedeutung des Namens JHWH, darüber, wie sich JHWH von den Göttern des alten Orients abhebt und seinen totalen Anspruch erhebt. Dieses Buch ist ein Werk, das auf viele Jahre Erforschung des AT zurückblickt. Wer im AT zu Hause ist, findet Bekanntes, aber auch Neues. Man kann es als Nachschlagewerk benutzen oder auch fortlaufend lesen, nur eins sollte man nicht: es im Regal unbenutzt stehen lassen.
Die Rezension/Kritik stammt von: Thomas Riedel
Kategorie: Kommentare, Auslegung, Lexika
Jahr: 2012
ISBN: 978-3-7655-9559-2
Seiten: 1264
€ Preis: 70,00 Euro