Vor 77 Jahren, im November 1937 wurde Paul Schneider in das Konzentrationslager Buchenwald eingewiesen. Paul Schneider, der in beharrlicher Treue Christus nachgefolgt war und zum „Prediger von Buchenwald“ wurde, zeigt durch seinen Lebenswandel, was es heißt, Christ zu sein, Christus nachzufolgen in einer gottlosen Umgebung. Knapp zwei Jahre später starb er als Zeuge des Glaubens an Jesus Christus, nachdem er immer wieder das Evangelium aus dem Fenster seiner Zelle gerufen hatte und dafür brutal gefoltert worden war. Zu seinem 75. Todestag erschien die erweiterte Sonderausgabe seiner Biographie.
Paul Schneider wurde 1897 als Pfarrerssohn geboren. Nach seinem Abitur und dem Kriegsdienst im ersten Weltkrieg begann er 1918 sein Theologiestudium in Gießen. Zu Beginn seines Studiums war er sehr fasziniert von der an den Universitäten vorherrschenden modernistischen Theologie. Andererseits rang er in dieser Zeit sehr mit dem Glauben und mit seiner Berufswahl. Oft war er geplagt von tiefen Zweifeln.
Im Laufe der folgenden Semester erkannte er jedoch, dass seine humanistisch positive Sicht auf den Menschen sich nicht mit der Bibel deckt. Er setzte sein Studium in Tübingen fort. Dort half ihm ein dortiger Pfarrer, seinen Glauben trotz des Theologiestudiums zu bewahren. Paul Schneider wendete sich mehr und mehr der reformierten Theologie zu. Durch das Ringen um die Wahrheit festigten sich seine Überzeugungen, und er lernte bereits damals Kategorien, die ihm bei seinen späteren Auseinandersetzungen mit den Nationalsozialisten hilfreich wurden.
Im Jahre 1926 heiratete er Margarete. Sie bekamen im Lauf ihrer Ehe fünf Söhne und eine Tochter. Er begann seinen Pfarrdienst als Nachfolger seines Vaters. Immer mehr wuchs er in seinen Hirtendienst hinein und war ganz für die ihm anvertraute Gemeinde da. Bei aller Liebe und Güte, mit der er seinen Dienst ausübte, sprach er jedoch unerschrocken aus, wenn jemand fortwährend gegen das Wort Gottes lebte. Auch achtete er auf die richtige Stellung der Sakramente im Gottesdienst. Um der Gemeinde die Grundlagen des christlichen Glaubens nahe zu bringen, unterrichtete er regelmäßig aus dem Heidelberger Katechismus, den er selbst sehr lieb gewann.
Inzwischen hatte sich vieles in der Politik verändert. Im Frühjahr 1933 übernahm die NSDAP die Macht. Paul Schneider suchte nicht den Konflikt mit den Nazis, aber er lief auch nicht weg, wenn es darum ging, Zeugnis vom Evangelium Gottes abzulegen. Er sprach auch unter Druck die Wahrheit offen aus und wehrte sich gegen jede Vermischung der christlichen Theologie mit der nationalsozialistischen Blut- und Bodenideologie. Paul wurde zu einem treuen Beter. In einer Predigt sagte er: „Das Gebet macht aus Menschen Männer, die sich beugen allein vor Gott und die Gott bekennen vor der Welt. Das Gebet ist die Kraft Gottes für den Lebensund Glaubenskampf.“
Nach einigen Konflikten sowohl mit den staatlichen Behörden als auch mit dem Presbyterium der Gemeinden wurde er in einen anderen Kirchenbezirk versetzt. Dort geriet er allerdings schon bald erneut in Auseinandersetzungen, da er auf die gesunde biblische Lehre bedacht war. Nach einigen vergeblichen Bemühungen, seelsorgerliche Gespräche zu führen, stellte er vier Mitglieder unter Kirchenzucht. Sie hatten ihren Kindern verboten, zu Paul Schneiders Konfirmandenunterricht zu gehen und brachten den Kindern stattdessen „deutschgläubige“, also dem Nationalsozialismus entsprechende Gebete bei. Das war schlussendlich der Grund für die Inhaftierung im Konzentrationslager.
Paul Schneiders Glaube wurde trotz der harten Arbeit immer tiefer und lebendiger. Er hatte in der Zeit vor seinem Abtransport Bibelverse und Kirchenlieder auswendig gelernt, mit denen er in Buchenwald unermüdlich Mithäftlinge tröstete. Selbst durch Folter konnte man ihn nicht zum Schweigen bringen. Schließlich wurde er im Sommer 1939 durch eine Giftspritze umgebracht.
Die ausführliche Biographie will Paul Schneider nicht idealisieren. Sie beabsichtigt nicht, diesen Mann zu einem „Überheiligen“ zu stilisieren. Aber gerade darum lohnt es sich, nicht zuletzt in unserer heutigen Zeit, das Leben von jemandem zur Kenntnis zu nehmen, der nicht schweigen konnte von dem, der ihn gerettet hat. Die Ausgabe besteht aus der Biographie Margarete Schneiders (Paul Schneiders Frau), die stark erweitert, ergänzt, dokumentiert und erläutert wurde. Viele weitere Quellen, Fotos und Kommentare wurden in die Kapitel eingearbeitet. Die Biographie ist sehr detailliert, dadurch leider manchmal schwierig zu lesen und zu verstehen. Trotzdem: Die Lektüre lohnt sich sehr. Auch als Geschenk eignet sich das Buch.
Aus: Bekennende Kirche, Nr. 59, S. 40. Siehe http://bekennende-kirche.de