Biblisches Wörterbuch
Autor: Ulrich Laepple, Hartmut Bärend, Wolfgang Neuser
Der SCM Verlag in seiner Untergruppe R. Brockhaus hat mit diesem Buch eine Art Lexikon für theologische Begriffe herausgebracht. In der Werbung des Verlags wird es von Dr. Diener, Präses des Gnadauer Verbandes (inzwischen Vorsitzender der Ev. Allianz in Deutschland), als ein Buch gelobt, das „mit seiner Allgemeinverständlichkeit und seinen vielen innerbiblischen Querverweisen aber nicht nur zu einem vertieften eigenen Bibelverständnis“ verhelfe, es eigne „sich auch hervorragend als Hilfsmittel zur Vorbereitung von Bibelgesprächen oder Themenabenden“. Dies mag bei einem größeren Teil der Artikel so der Fall sein, in einigen zentralen dogmatisch bedeutsamen Bereichen lassen sich jedoch leider theologisch-liberale Einflüsse erkennen, die dann zu einem blumigen und unkonkreten Ergebnis führen. Insgesamt kann der Rezensent sich somit einem positiven Votum nicht anschließen, obwohl für viele einzelne Artikel in dem Buch diese Kritik nicht gilt. Zunächst aber das Positive: sehr viele Artikel – wie z.B. die aus der Feder des Altbischofs Prof. Dr. Gerhard Maier – sind gehaltvoll und bereichernd. Maier behandelt z.B. die Thematik der Jungfrauengeburt und verteidigt hier jeden Angriff gegen dieses biblische Zeugnis gekonnt und souverän. Das gleiche gilt für die Artikel von Winrich Scheffbuch oder die des verstorbenen Fritz Grünzweig. Sie sind lesenswert und bereichern, wie auch weitere Artikel anderer Kommentatoren. Jedoch gewährleistet das Werk nicht bei jeder Thematik solch kluge Erklärungen. Dazu einige Beispiele: Zum einen horcht der Leser schon auf, dass er unter dem Buchstaben „I“ keinen Beitrag, nicht einmal einen Querverweis zu der Thematik „Inspiration“ auffinden kann. Ein Begriff, der für evangelikale Christen nicht ganz unwichtig ist, in der modernen Theologie aber gerne ignoriert wird. Stattdessen thematisiert das Wörterbuch über mehrere Seiten den Begriff „Ich“. Eine sonderliche Schwerpunktsetzung. Jedoch wird dem Leser immerhin unter dem Topos „Heilige Schrift“ etwas angeboten, was ein „biblisches“ Schriftverständnis beschreiben will. An dieser Stelle verwundert sich aber jeder aufmerksame Leser. Denn es wird kein traditionell-konservatives Schriftverständnis im Sinne der Chicago Erklärung zur Irrtumslosigkeit der Bibel vertreten, sondern eine diffuse Mischung von evangelikalen Frömmigkeitsbegriffen und bibelkritisch bis subjektiv-interpretierenden Ansätzen. In blumigen Worten wird der Mensch in den Mittelpunkt der Schriftinterpretation gesetzt. Der Leser fühlt sich durch Aussagen „Die Hl. Schrift ist die lebendige Anrede Gottes. Sie ist nicht schlechthin ‚das‘ Wort Gottes. Das Wort Gottes ist lebendig, es ist ein personaler Vorgang, ist Anrede, Herausforderung, Antwort und zwar ganz existenziell. ‚Das‘ Wort Gottes ist Jesus Christus selbst, er ist Person (Joh 1,1). Demgegenüber ist die Bibel ‚nur‘ Buchstabe“ (S. 275) sehr an die Diskussion „Jesustreue oder Bibeltreue“ erinnert. Der Beitrag führt ansatzweise eine künstliche Trennung zwischen Jesus Christus und der Bibel herbei. Damit wird letztendlich die Axt an ein herkömmliches konservatives Schriftverständnis gelegt. Ein Bekenntnis zur Irrtumslosigkeit der Bibel selbst kann der Artikelautor, ein Mönch der Jesusbruderschaft Gnadenthal, nicht ausdrücklich ablegen. Er zieht sich darauf zurück, dass Gott sich nicht selbst widerspreche (S. 276). Ob dieser richtige (!) Befund auch auf die Bibel selbst zutrifft, dem wird leider ausgewichen. Insgesamt scheint er auch eine mystische Bibelanwendung zu empfehlen. So sei es möglich „nur ein einziges Wort, einen Kernsatz, der mich trifft, zu beten, still in mir zu bewegen, ihn immer wieder vor Gott hinzuhalten und mich davon durchdringen zu lassen. So wird das Wort ein Teil von mir.“ (S. 277). Derartige duftige und schon fast esoterische Beschreibungen lassen eine fundierte Analyse vermissen. Nüchterne evangelische Theologie, die in der Auslegung der Bibel fußt, bedeutet etwas anderes. An anderer Stelle lässt die Kommentierung zu „Ehebruch/Ehescheidung“ (S. 117 ff.) die Eindeutigkeit einer Standortbestimmung vermissen. Zwar werden interessante Bemerkungen zu der Thematik im AT und NT angeführt. In der Begriffserklärung für das Heute vertritt der Beitrag dann leider eine unklare, öffnende (?) Position. Denn es wird gefolgert: „Vorschnelle Kapitulation wirkt sich genauso verhängnisvoll aus wie zu langes Festhalten an längst Zerstörtem.“ (S. 119) Negativ fallen dem Rezensenten die Bezüge zu Film- und Belletristik in manchen Artikeln auf. So werden unter dem Begriff „Dienst/Amt“ als Referenzgebiete Beispiele aus modernen Filmen wie „Herr der Ringe“ oder „Harry Potter“ angeführt (vgl. S. 113). Anhand dieser weltlichen Beispiele soll der Inhalt des Begriffs dem Leser von heute näher gebracht werden. Ähnliches ist z.B. bei „Buße/Bekehrung“ auf S. 100 zu finden. Was diese Exkurse in einem biblischen Wörterbuch zu suchen haben, erschließt sich dem Leser nicht. Sie zeugen von einer sonderlichen Vermischung geistlicher und weltlicher Prinzipien. Es wäre sinnvoller gewesen hier Beispiele aus der Bibel selbst auszuwählen, wenn es sich schon um ein „Biblisches Wörterbuch“ handeln soll.
Die Rezension/Kritik stammt von: Dr. Sebastian Merk
Kategorie: Kommentare, Auslegung, Lexika
Jahr: 2010
ISBN: 978-3417262957
Seiten: 624
€ Preis: 14,95 Euro