Buch-Rezension: Der ungezähmte Mann - Auf dem Weg zu einer neuen Männlichkeit

Der ungezähmte Mann

Autor:

John Eldredges Buch Der ungezähmte Mann (Brunnen-Verlag, Gießen, 2009, engl. Ausgabe: Wild at Heart) war und ist oben auf der Bestsellerliste evangelikaler Bücher. Das Buch wurde seit der Erstauflage 2001 über eine Million Mal verkauft. Im Jahre 2003 erreichte das Buch laut Christian Booksellers Association den dritten Rang unter den 50 Top-Büchern, und es war die Nummer Eins der Kategorie „Christian Living“ (Leben als Christ). In den meisten christlichen Buchläden wird es oftmals wärmstens empfohlen und erfreut sich landauf landab großer Beliebtheit; eine kurze Suche auf Google zeigt, dass das Buch Der ungezähmte Mann zu einer Ressource unter den meisten evangelikalen Denominationen und freien Gemeinden geworden ist. Ein Handbuch und eine Videoserie zum Buch Der ungezähmte Mann ist die Grundlage für viele Männer-Dienste geworden. Kleingruppen im ganzen Land haben sich kürzlich einen neuen Namen gegeben: Imago-Dei Fellowships (Gottes Ebenbild-Gemeinschaften).

Eldredge wuchs in einem Elternhaus auf, im dem der Vater Alkoholiker war; er fand später Arbeit bei Focus on the Family (die für das Buch Der ungezähmte Mann Werbung machen und es verkaufen), nachdem er sich bekehrt hatte. Er suchte Larry Crabb auf, einen sehr bekannten christlichen Psychologen, der ihn an einen anderen Seelsorger namens Brent Curtis verwies. Eldredge und Curtis liebten beide das Leben in der Wildnis; 1988 starb Curtis jedoch, als ein Bergpfad wegrutschte und Curtis 25 Meter mit in die Tiefe und in den Tod gerissen wurde. Nach dem Tod von Curtis studierte Eldredge unter Larry Crabb und anderen, um einen Abschluss in Seelsorge zu machen. In seinem Heim begann er, Seelsorgedienste anzubieten, er verfasste eine Reihe von Büchern, und er gründete einen Dienst, den er Ransomed Hearts (Erlöste Herzen) nannte. Dieser Dienst macht Werbung für seine Bücher und Videos und bietet Seminare und Klausuren in der Wildnis für Männer an.

Wenn Sie das wissen, lesen Sie sein Buch Der ungezähmte Mann aus diesem Blickwinkel. Die zugrundeliegende Annahme ist, dass Gott den Menschen mit einem wilden Herzen schuf, und Gott tat dies, weil Er selbst ein wildes Herz hat. Eine zentrale Botschaft Eldredges (im Klappentext seines Buches zitiert) ist, dass jeder Mann „eine Schlacht zu schlagen hat, eine schöne Frau retten und ein abenteuerliches Leben führen muss. Auf diese Weise verwirklicht er das Ebenbild Gottes.“ Eldredge sieht in dem Helden William Wallace aus dem Film Braveheart das Vorbild eines wirklichen Mannes, während er hingegen in dem späten Mr. Rogers, dem sanft sprechenden Kinderfernsehen-Moderator (Mr. Rogers‘ Neighbourhood) einen christlichen Mann sah, der Schwäche vermittelt.

Eldredge behauptet, dass Männer, die sich von einem kläglichen Haufen „wirklich netter Jungs“ in Männer verwandeln, die im Ebenbild Gottes (Imago Dei) geschaffen sind, ihre falschen Vorstellungen über Gottes Wesen aufgeben müssen, um ihre wahre, von Gott gegebene, männliche Identität ihrer wilden Herzen zu erkennen. Eldredges Botschaft ist charakterisiert von seinen Erfahrungen in der Wildnis, vermischt mit Vorstellungen aus verschiedensten Quellen, einschließlich neuheidnischer Veröffentlichungen von einer Reihe von säkularen Autoren und Filmen (vor allem Legenden der Leidenschaft, Braveheart und Gladiator). Er kombiniert all dies mit unzusammenhängenden Bibelstellen und einem evangelikalen „christlichen Jargon“.

Eldredge zitiert Jesaja 63, wo Gott in blutgetränkten Kleidern beschrieben wird, so als ob er eine Weinpresse getreten hätte. Dann schreibt er: „Lasst uns über Braveheart sprechen. Dies ist ein stürmischer, wilder und leidenschaftlicher Kerl. Mister Rogers habe ich nie so reden hören. Wenn ich es mir recht überlege, ich habe auch niemals jemanden in der Gemeinde so reden hören. Aber dies ist der Gott des Himmels und der Erde.“1

Eldredge spottet geringschätzig über den „netten Kerl,“ der einer regelmäßigen Arbeit nachgeht und erweckt den Eindruck, dass ein Mann, der sich nicht von Felsenklippen stürzt, Stromschnellen herunter jagt oder Elche erlegt, nach seinem falschen Selbst lebt und nicht nach seinem wahren und wilden Selbst. Es ist schön, dass Eldredge und seine Anhänger ihre Erfüllung darin gefunden haben, in der Wildnis zu leben, aber Eldredge leitet von seinen Erfahrungen in der freien Natur mehr ab als er sollte, wenn er über Gott sagt, dass Er eine wilde, unberechenbare, risikobereite Gottheit ist und dass der Mensch, geschaffen im Ebenbild Gottes, ebenso sein sollte.

Eldredge verlässt sich sehr stark auf Geschichten, oft von Filmszenen, um seine Botschaft zu illustrieren. Diese Methode stellt sicherlich einen Bezug zu seinen Lesern her, aber das Problem ist, wie diese Geschichten verwendet werden. Im ersten Kapitel seines Buches bezieht sich Eldredge auf den Film Legenden der Leidenschaft, um zu verdeutlichen, dass der Mann sein wahres, wildes Selbst entdecken muss.

„In dem Film spielt Brad Pitt Tristan, den ‚wilden Mann‘, dessen Unmoral, kriminelle Lebensweise und Selbstsucht zum Tode mehrerer Personen in dem Film führt, einschließlich seiner eigenen Frau als Folge seiner Tätigkeit als Alkoholschmuggler. Er ist ein gottloser Mann, dessen einzige spirituelle Aktivität darin besteht, sich mit dem Spiritismus der amerikanischen Ureinwohner einzulassen. Die beiden anderen Brüder sind Alfred… und Samuel…Beide versuchen, anständig und ehrbar zu leben. Samuel wird jedoch im 1. Weltkrieg getötet, und Alfred wird ein verantwortungsbewusster Geschäftsmann, der für den Kongress kandidiert.

Am Ende des Films hat sich Tristan in die Wildnis zurückgezogen und ließ sein Kind zurück, um das sich die überlebenden Brüder seines Vaters kümmern. Schließlich wird er von einem Grizzleybären zerfleischt und getötet, und der indianische Erzähler im Film preist dieses tragische und sinnlose Ende als einen ‚guten Tod‘ an. Tristan ließ nichts als Zerstörung zurück für alle, die ihn umgaben – aber Eldredge sieht in ihm einen heroischen Charakter und behauptet, dass die meisten Männer sich wünschen, wie Tristan zu sein.

Eldredge äußert sich folgendermaßen: ‘Ich muss noch auf einen Mann treffen, der wie Alfred oder Samuel sein will. Ich muss noch eine Frau treffen, die einen Mann wie diese beiden heiraten will.‘ Tristan, so Eldredge, ‚ist wild in seinem Herzen‘. Wenn das wahr ist, was Eldredge sagt, ist es eine sehr traurige Aussage über den geistlichen Zustand aller, die sich Christen nennen. Tristan war sicherlich wild in seinem Herzen. Aber eine richtigere Darstellung von Tristan wäre: Tristan war ein heidnischer, unzivilisierter, primitiver, selbstsüchtiger, rebellischer und barbarischer Mann. Kann es sich hierbei um ein Vorbild für den christlichen Mann handeln?“2

Bevor wir uns der These und Theologie Eldredges weiter zuwenden, ist es interessant anzumerken, dass ein primär maskulines Christsein keine neue Vorstellung ist. In der Viktorianischen Ära (1837-1901, Regierungszeit der Königin Viktoria von England) wurde die Vorstellung des „Muscular Christianity“ (Bewegung, die Männlichkeit, Bewegung, körperliche Stärke und Übungen für den christlichen Mann propagierte) postuliert, die Maskulinität unter christlichen Männern förderte (während die traditionelle Moral als feminin galt). Statt aus der Schrift abgeleitet zu sein, lag „Muscular Christianity“ Platos Vorstellung von thymos zugrunde – die Urform der tugendhaften männlichen Kraft, die mit kämpferischen und aggressiven Haltungen und Verhaltungsweisen verknüpft war. Kurz vor dem 20. Jahrhundert war insbesondere das Britische Empire stark von „Muscular Christianity“ beeinflusst, aber diese Strömung verlor sich allmählich, als ihre Leere nach dem 1. Weltkrieg offenbar wurde.

Allzu viele Englisch sprechende Christen opferten eine klare Verkündigung des Evangeliums auf dem Altar der Maskulinität und der Vorstellung, was es bedeutet, ein männlicher Mann zu sein. Noch heute zahlen wir den Preis dafür. Vor einem Jahrhundert vermischten die Anhänger des „Muscular Christianity“ das Christentum mit der Viktorianischen Kultur und der Philosophie Platons, was zu geistlichem Niedergang führte. Heute vermischt John Eldredge das Christentum mit Hollywood und dessen Kultur und okkultem New Age Gedankengut; und das Resultat ist das gleiche.“3

Sie müssen wissen, dass die wenigsten der „neuen und radikalen“ Vorstellungen wirklich neu sind. Oftmals ist eine neue Lehre lediglich eine alte Vorstellung, die nur neu verpackt und recycelt wieder in Erscheinung tritt.

Eldredges Ziele sind falsch. Wollen wir auf zwei seiner größten Fehler in seinem Buch Der ungezähmte Mann genauer eingehen: Eldredges nichtchristliche Quellen und seine neue Definition biblischer Begriffe.

1. New Age und heidnische Quellen

Vieles, was Eldredge in seinem Buch Der ungezähmte Mann schreibt, stammt aus nichtbiblischen Quellen, insbesondere von neuheidnischen Autoren der säkularen New Age Bewegung. Er zitiert diese Autoren, ohne auf ihre neuheidnischen Ansichten hinzuweisen. Aus den Büchern Eldredges kann der arglose Leser nicht erkennen, dass diese nichtchristlichen Autoren eine Weltanschauung vertreten, die dem Christentum widersprechen. Das ist, gelinde gesagt, unverantwortlich. Indem man Schriftstellen aus dem Zusammenhang reißt und ihnen säkulare, heidnische Bedeutung gibt, macht das Ganze nicht unbedingt christlich – dies ist eine Verdrehung der Schrift und lässt Menschen zurück, die ein falsches Bild von Gott und von sich selbst haben.

Eldredge hat sein Paradigma eines wilden Herzens auf den Werken von Anhängern Jungs wie Robert Bly, Sam Keen, Brennan Manning und anderen New Agern aufgebaut. Robert Bly, sehr bekannt durch seinen im Jahre 1990 veröffentlichten Bestseller Iron John (dt. Ausgabe: Eisenhans, Kindlerverlag), könnte man als einen Freud-Jungschen, neuheidnischen Autor bezeichnen; er war in der sehr populären säkularen Männerbewegung der 1980er Jahren sehr aktiv. Aus der Sicht Blys ist der moderne Mann unterdrückt worden und hat sich zu einem „netten Typ“ entwickelt – er hat die alte Macho-Version der Männlichkeit verlassen. Blys Bücher, die bevorzugt von Eldredge zitiert werden, geben Eldredges eigene Ansichten sehr gut wieder – das, was er unter einem wirklichen Mann mit einem wilden Herzen versteht.

Sam Keen ist ein Schüler der okkulten Lehren Carl Jungs, der aktiv Verbindung mit der unsichtbaren Welt aufnahm und unter die Leitung des Geistführers Philemon kam, dem er viele Einsichten verdankt. Keen, Autor des Buches Fire in the Belly (dt. Ausgabe: Feuer im Bauch. Über das Mann-Sein, Bertelsmann; dieses Buch erschien etwa zur gleichen Zeit wie das Buch Eisenhans) wird von Eldredge ebenfalls positiv zitiert. Keen drängt die Männer, leidenschaftlich zu sein, Eldredge drängt sie, wild zu sein. Neben Bly und Keen zitiert Eldredge Brennan Manning als zuverlässige Quelle. Manning ist Autor des Buches Ragamuffin Gospel (dt. Ausgabe: Größer als dein Herz. Erleben, was Gnade heißt, Brockhaus 2010), das von dem evangelikalen Verlag Multnomah Press herausgebracht wurde. Manning ist ein ehemaliger Franziskanermönch, der heute vom Spiritual Counterfeit Project (SCP) als der „neue Mönch des Protestantismus“ bezeichnet wird. SCP ist ein apologetischer Dienst, der von Tal Brooke geleitet wird, einem ehemaligen New Ager, der sich zu Jesus Christus bekehrt hat.

John Caddock erläuterte die häretischen und heidnischen Wurzeln der religiösen Überzeugungen von Brennan Manning in der Ausgabe des SCP Magazins vom Herbst 1998. Laut Caddock ist Mannings Versprechen der Intimität mit Gott eine Mischung aus östlichem Mystizismus, Psychologie, New Age Gedankengut, Befreiungstheologie, Katholizismus und Protestantismus.“4a

„Caddock beschreibt detailliert eine der Methoden Mannings, um Intimität mit Gott zu erreichen. Es handelt sich um das Stillegebet (Gebet der Sammlung/Centering Prayer), und es ist eine Methode, die Manning von den Trappistenmönchen Thomas Keating und Basil Pennington lernte. Diese Methode stützt sich auf Praktiken des Zen Buddhismus, indem man den Verstand leer macht, um Intimität mit Gott zu erreichen. Ferner vertritt Manning eine unbiblische Lehre, die er ‚falsches Selbst versus authentisches Selbst‘ nennt und die er offenkundig teilweise aus dem Buch True Self/False Self: Unmasking the Spirit Within von Basil Pennington übernommen hat. Manning zitiert auch Carl jung positiv…

John Eldredge räumt der Beschreibung des ‚falschen Selbst‘ und des ‚wahren Selbst‘ viel Platz ein. Das falsche Selbst entsteht, so Eldredge, durch die Wunden durch unsere Väter oder die Schwierigkeiten des Lebens. Laut Eldredge ist jeder Mann verwundet und hat ein ‚falsches Selbst‘ geschaffen, das sich direkt aus den Wunden, die jeder empfing, gebildet hatte. Sein Ziel besteht darin, allen Männern zu helfen, sich von diesem falschen Selbst zu befreien und das sogenannte wahre Selbst zu entdecken.“4

Im Jahre 1991 deckte Jackie Alnor auf, dass Brennan Manning mit der Verwendung von Vulgärausdrücken in seinem Buch Ragamuffin Gospel in Verruf geraten war. Sie zitiert Manning mit den Worten von Seite 127 seines Buches: „Ich trete vor den Herrn. Und er flüstert: ‚Du undankbares A…‘ (engl. turd, Vulgärwort für unliebsame Person)“ Sie zitiert auch von S. 46 seines Buches und stellte dann die rhetorische Frage: „Erbaut es den Leib Christi, wenn er einen detaillierten Bericht darüber lesen kann, wie der Autor die Masturbation erlernte?“5

Manning ist populär und respektiert in der evangelikalen Welt. Er war Sprecher auf der historischen 70. Jahreskonferenz Okaboji Lakes Bible and Missionary Conference in Iowa. Warum verlegte Multnomah nicht nur die Lehren Mannings sondern machte auch Werbung für diese Lehren, die eine Mixtur aus östlichem Mystizismus, Psychologie und New Age sind? Warum hat der Verlag World das Buch Der ungezähmte Mann herausgegeben und vermarktet? Warum geben andere Verleger ähnliche Literatur heraus? Was können wir letztlich von örtlichen Pastoren und deren Gemeindemitgliedern erwarten, wenn eine derartige Literatur überall erhältlich und größtenteils akzeptiert ist? Warum erkennen aufrechte Evangelikale, die sich als bibeltreu bezeichnen, nicht, wie unbiblisch diese Bücher wirklich sind? Denn christliche Männer und Frauen nehmen einen klaren und autoritativen Standpunkt ein, ein Maßstab, der ihre Lehre und ihr Leben leitet:

Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit damit der Mensch Gottes richtig sei, für jedes gute Werk ausgerüstet.“ 2Timotheus 3,16-17

2. Neue Definition biblischer Wahrheiten

Dass man Vorstellungen in das Christentum einführt, die nicht mit der Bibel übereinstimmen, führt letztlich dazu, dass man biblische Vorstellungen verändern und anpassen muss. Eldredge tut dies in vielen Bereichen. Um seinen Standpunkt zu verteidigen, muss Eldredge das Wesen Gottes, den Charakter Christi, den Sündenfall, das Evangelium und die zwei Naturen des Gläubigen neu definieren.

a) Das Wesen Gottes

„In den ersten Seiten seines Buches stellt Eldredge uns einen Gott vor, der die Wildheit liebt. Eldredge argumentiert, dass die wilde Art gewisser Tiere (Killerwale, weiße Haie) und die ungebändigte Natur gewisser Teile der Schöpfung (der Wald bei Nacht, das große Barriere-Riff) die wilde Art und ungebändigte Natur Gottes widerspiegeln (S. 29). Eldredge argumentiert, dass die Wildheit der Natur Gottes Weise ist, damit wir erkennen, dass Er lieber die Abenteuer, Gefahren, Risiken und Elemente der Überraschung vorzieht (S. 30).“6

Die Wildheit der Natur reflektiert sicherlich die Welt nach dem Sündenfall mehr als den ewigen Charakter Gottes. Ferner, die biblische Lehre der Ewigkeit weist nicht auf eine Wildheit im Himmel hin:

Und der Wolf wird beim Lamm weilen und der Leopard beim Böckchen lagern. Das Kalb und der Junglöwe und das Mastvieh werden zusammen sein, und ein kleiner Junge wird sie treiben.“ Jesaja 11,6

Die Gewalt und der Schmerz der Welt nach dem Sündenfall wird für immer der Vergangenheit angehören. Wie können wir also behaupten, dass Wildheit ein Teil von Gottes innerem Wesen sei?

Was Eldredge über Gott sagt, reduziert den Herrn des Himmels und der Erde auf den wilden Mann von nebenan.“7 Eldredges Sichtweise und Beschreibung Gottes als abenteuerlustige, risikofreudige Person mag emotional begeistern, aber dies ist kaum eine biblische Sichtweise. Ein Risiko birgt Versagen in sich. Dies ist so nah an der Lehre des Open Theism [Gott kennt nicht alle Ereignisse im Voraus], dem man im Evangelikalismus heute leider oftmals Gehör schenkt. Wenn Gott jedoch eine Person ist, die Risiken auf sich nimmt, dann wäre der Glaube an einen solchen Gott ein Risiko. Dank sei Gott, dass ER souverän ist und immer in Übereinstimmung mit Seinem Wort handelt und dass der rettende Glaube an Christus kein Risiko darstellt!

Diese haben wir als einen sicheren und festen Anker der Seele, der in das Innere des Vorhangs hineinreicht, wohin Jesus als Vorläufer für uns hineingegangen ist, der nach der Ordnung Melchisedeks Hoherpriester in Ewigkeit geworden ist.Hebräer 6,19

Der Glaube aber ist eine Wirklichkeit dessen, was man hofft, ein Überführtsein von Dingen, die man nicht sieht.“ Hebräer 11,1

b) Das Wesen Christi

Ruth Etheridge fasst die Sichtweise Eldredges über Christus in folgenden Worten zusammen:

„Eldredge fasst seine Sicht von Christus im Wesentlichen auf S. 203 seines Buches Der ungezähmte Mann zusammen, indem er Ihn als zutiefst ungestüm, wild und romantisch bezeichnet…Eldredge…vergleicht die Wildheit Christi mit Filmhelden wie William Wallace aus dem Film Braveheart… Ist Christus wild? Da Christus die absolute Kontrolle über alle Dinge hat (Mk. 4,39-41), kann der Ausdruck ‚wild‘ nicht auf Ihn angewendet werden. Ferner, wenn wir die unverkennbare Person Christi und Seine messianische Rolle betrachten, erkennen wir keine Wildheit, sondern reine und vollkommene Unterordnung. Jesus sagte und tat nur das, was der Vater von Ihm wollte (Joh 8,28-29; Phil 2,7-8), und er lebte sein ganzes Leben lang in Unterordnung unter das Gesetz (Mt 5,17,18)…Sicherlich machte er sich stark gegen die pharisäische Heuchelei, und Er trieb die Geldwechsler aus dem Tempel, aber sind diese Dinge wirklich ein Zeichen für Wildheit oder handelt es sich dabei um kontrollierten, leidenschaftlichen Gehorsam gegenüber dem Vater? Wie kann die menschgewordene Barmherzigkeit, Demut und absolute Macht als ‚wild‘ angesehen werden?“8

Unser Herr Jesus Christus sagte:

Nehmt auf euch mein Joch, und lernt von mir! Denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, und ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen.“ Matthäus 11,29

c) Der Sündenfall und das Evangelium

Eldredge streift die traditionelle Lehre des Sündenfalls – die sündhafte Rebellion des Menschen gegen die Autorität Gottes, die zu seinem Tode führte. Eldredge glaubt, dass der Geist durch den Sündenfall verwundet wurde. Seine Version des Sündenfalls wiederholt sich immer wieder in dem Thema der seelischen Verletzung durch irdische Väter. Eldredge geht davon aus, dass jeder Mann in irgendeiner Weise von seinem Vater verletzt wurde – er selbst wurde von seinem alkoholabhängigen Vater verletzt. Obgleich die Verletzungen durch den Vater nicht die eigene Schuld ist, bedarf es der Heilung. Folglich ist es nicht erstaunlich, dass für Eldredge die Mission Christi darin besteht, zu kommen und uns von etwas zu heilen, was nicht unsere Schuld ist. Dies verzerrt die Wahrheit über Jesu Sterben. Jesus kam, um die Menschen von ihren Sünden zu erretten – Sünden, für die sie selbst verantwortlich sind.

Doch er war durchbohrt um unserer Vergehen willen, zerschlagen um unserer Sünden willen…Jesaja 53,5

Laut Eldredge ist Christus gekommen, um die wahre Männlichkeit des Mannes wiederherzustellen – um das wahre, wilde Herz des Mannes von dem eingebildeten Angsthasen in ihm zu erlösen. Eldredge entleert die wahre Erlösung ihrer Bedeutung, damit er eine „Erlösung“ für die gefühlten Bedürfnisse anwenden kann; diese „Erlösung“ beschreibt er oft mit Zitaten neuheidnischer Autoren. Der Mensch, geschaffen im Ebenbild Gottes (imago dei), wurde geboren, um wild und frei zu sein, so Eldredge; der Sündenfall führte folglich dazu, dass der Mann domestiziert und gezähmt wurde. Dieses gezähmte Selbst beschreibt Eldredge als das „falsche Selbst“. Dieses „falsche Selbst ist eine Fassade, ein kunstvolles Feigenblatt, eine brillante Verkleidung,"9 die Männer zu Angebern macht. Für Eldredge ist das, was die Bibel „Fleisch“ nennt, ein Angeber und nicht das wahre Selbst. Das Geheimnis der Männlichkeit wiederzuerlangen besteht darin, das falsche Selbst abzulegen und die wilde und freie Identität, das Ebenbild von Gottes wilder und leidenschaftlicher Natur, wiederherzustellen.

„Er [Eldredge] entwickelt eine Theologie des ‚nicht der Teufel ließ mich so handeln‘ sondern mein angeberisch-mädchenhhaftes falsches Selbst ließ mich so handeln‘…Aber angesichts des von der Psychologie beeinflussten, von der Popkultur durchdrungenen, theologisch oberflächlichen Unreife vieler Evangelikaler ohne Standvermögen erscheint es als seltsam, die Männer daran zu erinnern, dass sie so schlecht nicht sind. Hat der Verleger nicht einen Theologen, der verpflichtet ist, diese Art der Falschheit zu überprüfen? (Dieser Verleger brachte auch Gwen Shamblin und Benny Hinn heraus und musste so „Kleinigkeiten“ wie die Trinitätslehre korrigieren) .“10

Für Eldredge ist das Kreuz nicht die Erlösung für die Sünden der Welt, sondern die Befreiung des Mannes von seinem falschen Selbst.

d) Die beiden Naturen

Eldredge sagt: „Das reale Selbst ist auf der Seite Gottes gegen das falsche Selbst. Dieses seltsame Psychogeschwätz, das offenkundig eine Neo-Jung´sche, Bly´sche Sichtweise (nach Robert Blys Eisenhans) vertritt, führt Eldredge dazu, das durcheinanderzubringen, was die klassische Theologie als zwei Naturen bezeichnet.“11

Eldredge sagt an keiner Stelle, dass wir das Fleisch in den Tod geben müssen (daher gleicht dieses Buch vielmehr einem egoistischen, ungezähmten, absoluten Widerspruch zur biblischen Lehre, den niemand akzeptieren oder einfach ignorieren kann, der die Schrift als höchsten Maßstab betrachtet). Eldredge sollte sich den Rat des Petrus zu Herzen nehmen:

Deshalb umgürtet die Lenden eurer Gesinnung, seid nüchtern und hofft völlig auf die Gnade, die euch gebracht wird in der Offenbarung Jesu Christi! Als Kinder des Gehorsams passt euch nicht den Begierden an, die früher in eurer Unwissenheit herrschten.“ 1 Petrus 1,13-14

Letztlich, abgesehen davon, dass Eldredge zu häufig Illustrationen von Filmen heranzieht, spricht er in Der ungezähmte Mann so über Männer, als ob alle das gleiche Temperament und die gleichen Interessen haben, nämlich die von Eldredge selbst. Eldredge macht seine Erfahrungen in der Wildnis zu einem Absolut und zur Norm sowie zur Wiederherstellung des Ebenbildes Gottes im Menschen. Männer, die kein besonderes Gefallen an Rebellion oder an der Jagd haben (oder an Filmen über diese Themen) können wahre Helden sein und ein ehrbares und respektables Leben führen; einige sind sogar einen ehrbaren Märtyrertod gestorben.

Ruth Etheridge erläutert:

„Wir leben in einer Zeit, in der Aufrichtigkeit mehr gilt als Wahrheit…Zweifelsohne haben viele von dem Buch Der ungezähmte Mann profitiert, aber welchen Preis haben sie dafür gezahlt? Ganz oder teilweise die Philosophie dieses Buches zu übernehmen, bedeutet wesentliche Aspekte des biblischen Christentums aufzugeben, um einer falsch verstandenen maskulinen Selbstverwirklichung willen. Man kann etwas nicht nur an dem vordergründigen Nutzen beurteilen; schließlich rühmen sich viele Sekten damit, dass sie glückliche Familien und ein erfülltes Leben bieten können, aber sie sind in falschen Lehren verwurzelt und verführen diejenigen, die bei ihnen Hilfe suchen. Wir müssen hinter die Kulissen blicken, ob ein Werk oder eine Bewegung biblisch integer ist…Alle, die glauben, dass diese Kritik nicht notwendig oder sogar falsch sei, frage ich: kann etwas wirklich hilfreich sein, wenn es nicht auf der Grundlage der Wahrheit steht?...Eine weitere, noch grundlegendere Frage muss gestellt werden. Wenn etwas von der Schrift her nicht in Ordnung ist, sollen wir Christen etwas damit zu tun haben, selbst wenn wir meinen, es würde uns erbauen? Wenn wir für unser Glück den Preis bezahlen müssen, Gottes Wort zu opfern, und wenn wir bereit sind, diesen Preis zu bezahlen, dann sind wir nicht mehr Anbeter Gottes, sondern Anbeter von uns selbst…Ich hoffe, dass wir uns als Anbeter dessen, der der Weg, die Wahrheit und das Leben ist, an die Wahrheit halten. Ganz gleich, ob um uns herum alles dem Zerfall geweiht ist, müssen wir an Ihm festhalten und beweisen, dass wir unseren Erlöser und Sein Wort mehr lieben als uns selbst. Gott hat uns in Seinem Wort alles gegeben, was wir brauchen, um Ihn zu erkennen und wenn wir uns die Zeit nehmen, Sein Wort tiefer zu erkennen, dann werden wir die Hilfe und Heilung finden, die wir brauchen. Männer werden lernen, wahre Männer zu werden, Frauen werden richtige Frauen werden, und wir werden ein Ziel haben, das uns über unsere persönlichen Gefühle der Erfüllung hinaus weist…Wir werden das Ziel anstreben, das jeder Christ vor Augen hat, die Verherrlichung unseres großen Gottes und Heilandes, Jesus Christus.“12

In unserer Kultur und in der christlichen Gemeinde gibt es zweifelsohne einen ungesunden Trend zum Feminismus, und christliche Männer sollten unbedingt christliche Männer sein. Dies erreicht man nicht, indem man sich nichtchristlichen oder unchristlichen Quellen zuwendet, sondern indem man die Schrift studiert, um ein klares Verständnis zu erlangen, was es bedeutet, ein christlicher Mann gestern, heute und in Zukunft zu sein.

Und um dieses bete ich, dass eure Liebe noch mehr und mehr überreich werde in Erkenntnis und aller Einsicht damit ihr prüft, worauf es ankommt, damit ihr lauter und unanstößig seid auf den Tag Christi, erfüllt mit der Frucht der Gerechtigkeit, die durch Jesus Christus gewirkt wird, zur Herrlichkeit und zum Lobpreis Gottes.“ Philipper 1,9-11

Mit freundlicher Genehmigung von Orrel Steinkamp.

Quelle: Orrel Steinkamp, Braveheart vs. Mister Rogers: John Eldredge’s Walk on the Wild Side. In: The Plumbline, Volume 9, No. 4, August/September 2004.

Anmerkungen

1 Douglas LeBlanc, "Wildheart." In: Christianity Today, Vol. 48, No. 8, August 2004, p. 34. (B22) Wild at Heart, p. 12.
2 Don Veinot and Ron Henzel, Midwest Christian Outreach, Inc. Journal "Wildly Unbiblical" Vol. 9, No. 2, Summer 2003, p.6.
3 Ibid.
4 Veinot & Henzel, p.7.
4a John Caddock, "The New Monk of Mystic Protestantism," Spiritual Counterfeits Journal, Spring 1998.
5 Jackie Alnor, "Multnomah Press: Covering up for False TeacherBrennanManning"p.2 http://cultlink.com/sentinel/multnomah.htm
6 Rut Etheridge III, "God in Man´s Image, A Critique of John Eldredge´s Wild at Heart" p.1
http://www.churchofthegoodshepherd.info/WAHcritique.htm
7 Etheridge, p.3.
8 Etheridge, p. 6.
9,10 Byron Borger, "John Eldredge´s Wild Heart: A Critique," p. 5of9 Coalition for Christian Outreach http://www.ccojubilee.org
11 Borger, p.8of 9.
12 Etheridge, p. 9.

 Die Rezension/Kritik stammt von: NIMM UND LIES
 Kategorie: Ehe, Familie, Beziehung, Liebe

  Verlag: Brunnen Verlag GmbH
  Jahr: 2014
  ISBN: 978-3765518409
  Seiten: 288
 €    Preis: 16,95 Euro